Gesundheitspolitik

Neuer Ärger mit der EU-Kommission

STUTTGART (hfd) | Die EU-Kommission plant, dass zukünftig bei den freien Berufen Änderungen der nationalen Berufsregulierung überprüft werden sollen.

Um den europäischen Binnenmarkt zu harmonisieren und bürokratische Hürden abzubauen, nimmt sich die EU-Kommission zunehmend der Regularien für die Berufsausübung an. Am 10. Januar stellte sie das sogenannte Dienstleistungspaket vor, welches auch die Regeln für den Berufs­zugang von Ingenieuren, Handwerkern oder IT-Experten vereinfachen soll. Für freie Berufe sollen Änderungen der nationalen Berufsregulierung zukünftig der Kommission angezeigt werden – diese sollen so auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft werden.

In einer Presseerklärung versuchte die Kommission, Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Es geht nicht darum, den Mitgliedstaaten zu sagen, wie sie ihre Berufe reglementieren sollen“, erklärte Richard Kühnel, Vertreter der EU-Kommission in Deutschland. „Wir wollen vielmehr deutschen und anderen europäischen Unternehmen und Freiberuflern die Chance bieten, Dienstleistungen für einen potenziellen Kundenkreis von 500 Millionen Menschen EU-weit anzubieten.“

Montgomery: Patientensicherheit gefährdet

Aus der Ärzteschaft folgte schnell erhebliche Kritik. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Europäische Kommission patientenschützende Regeln der Mitgliedstaaten aufgrund von ökonomischen Er­wägungen einer erneuten Verhältnismäßigkeitsprüfung unterziehen will“, erklärte Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), in einer Stellungnahme. Ein solches Vorgehen könne wichtige Maßnahmen zum Schutz der Patienten erheblich verzögern: Auch kleine Änderungen in Weiterbildungsordnungen müssten zukünftig der EU-Kommission gegenüber verteidigt ­werden. „Wenn die Europäische Kommission dies in Kauf nimmt, ordnet sie die Patientensicherheit den Marktinteressen unter“, bemängelte Montgomery.

Grenzüberschreitende Tätigkeiten kein Problem

Die EU-Kommission suggeriert nach Ansicht des BÄK-Präsidenten, dass bestehende Berufsnormen grenzüberschreitende Tätigkeit verhindern. „Dabei ist das ­Gegenteil der Fall, wie die hohe Zahl von Ärztinnen und Ärzten beweist, die bereits heute in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten“, erklärte Montgomery – und sprach von einer „überflüssigen Gesetzgebung“. Die Kommission versuche „abermals“, die gesundheitspolitischen Kompetenzen der Mitgliedstaaten zu beschneiden, erklärte er. Dies habe im Juni 2016 auch der Bundestag in seinem Beschluss zur Binnenmarktstrategie festgestellt: Die mitgliedsstaatliche Regelungskompetenz für Berufsregelungen dürfe „nicht in­frage gestellt werden“, hatten die Parlamentarier beschlossen.

Die Bundeszahnärztekammer sah in einer Presseerklärung sogar den „Patientenschutz in Gefahr“. Die EU-Kommission stelle nationale Regeln für die Berufsausübung „unter Generalverdacht, ‚Wirtschaftsbremser‘ zu sein“, erklärte Kammerpräsident Peter ­Engel. Er forderte das Europäische Parlament wie auch die Mitgliedsstaaten dazu auf, „hier dringend Korrekturen vorzunehmen“.

ABDA: Apothekenrecht „direkt betroffen“

Auf Nachfrage von DAZ.online kritisierte nun auch die ABDA das Dienstleistungspaket stark. „Das Apothekenrecht ist direkt von der Richtlinie zur Verhältnismäßigkeitsprüfung betroffen“, erklärte ein Sprecher. Bei den übrigen Maßnahmen seien Gesundheitsdienstleistungen zwar nicht umfasst, indirekte Auswirkungen ­seien aber „wahrscheinlich“.

Daher rechnet die ABDA mit größeren Auswirkungen für Apotheker in Deutschland. „Eine erste überschlägige Einschätzung lässt insgesamt erhebliche negative ­Einflüsse auf den geltenden Regulierungsrahmen freiberuflicher Dienstleistungen befürchten“, erklärte der Pressesprecher. Die ABDA werde sich daher gemeinsam mit dem Zusammenschluss der Apotheker in der Europäischen Union (ZAEU), den anderen Heilberufen und dem Bundesverband der Freien Berufe „intensiv in den nun folgenden Beratungsprozess einbringen. |

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