Gesundheitspolitik

Kommentar: Die Mär mit der Spieß-Länge

Dr. Benjamin Wessinger

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) und die Apotheken-Berichterstatterin seiner Fraktion, Sabine Dittmar, wollen unbedingt den Rx-Versand behalten. Um die unfairen Wettbewerbsvorteile der ausländischen Arzneiversender einzufangen, sollen aber Rx-Boni sozialrechtlich verboten werden. So würde wieder für „gleichlange Spieße“ gesorgt, versprechen die beiden.

Bei Apothekern dürfte diese Metapher eher Besorgnis aus­lösen. Hatte doch die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt – ebenfalls SPD – bei der Einführung des Versandhandels mit Arzneimitteln genau dies versprochen: Gleich lange Spieße für alle Beteiligten. Allein, dieses Versprechen blieb uneingelöst, zu viele Vorteile hatten sich die Versender in der Folge – teilweise durch Bruch deutschen Rechts – verschaffen können.

Und auch jetzt ist Skepsis an­gebracht. Warum soll die Beschränkung von Boni auf Werbegaben im Wert von maximal einem Euro (dabei handelt es sich beim Dittmar/Franke-Vorschlag nämlich) auf zwei Jahre befristet werden? Sollen danach auch wieder „echte“ Nachlässe in Form der jetzt praktizierten Gutschriften möglich sein?

Und was passiert, wenn die EU-Versender unter Berufung auf den EuGH ihre Boni weiter anbieten? Die Krankenkassen haben gerade erst verkündet, nicht gegen Boni vorzugehen, die dem – übrigens ebenfalls im Sozialrecht verankerten – Rahmenvertrag widersprechen. Der EuGH habe ja entschieden, dass für ausländische Apotheken Rx-Boni zulässig seien.

Vor diesem Hintergrund muss der Hinweis auf „gleichlange Spieße“ für die Apotheker wie der reine Hohn klingen.

Dr. Benjamin Wessinger


Lesen Sie dazu auch den Artikel "SPD will Boni-Verbot statt Rx-Versandverbot" in dieser AZ.


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