Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Alle Tage ist kein Sonntag

Von Redewendungen und Sprichwörtern

Prof. Dr. Andreas Kaapke 

Sprichwörter und Redewendungen mit dem Begriff Tag sind allseits bekannt und mit allen denkbaren Ausprägungen versehen: neutral, positiv, aber auch negativ. Unterscheiden sich zwei Dinge, Personen oder Sachverhalte, sind sie verschieden wie Tag und Nacht. Wird jemand mündig oder voll­jährig, sagt man auch etwas altertümlich, dass er zu seinen Tagen kommt. Die weibliche Monatsblutung wird auch mit „ihre Tage ­haben“ apostrophiert. Tagediebe stehlen Gott den Tag, bringen also nichts zuwege. Und unter Tage arbeiten, bedeutet sich dem Sonnenlicht zu entziehen, insbesondere natürlich im Bergbau. Wer plappert, redet in den Tag hinein, und es gibt auch die Redewendung, dass einer viel redet, wenn der Tag lang ist. Das erste ist eher negativ gemeint, das zweite würdigt gegebenenfalls auch Menschen, die viel reden müssen, Lehrer, Pfarrer, Arzt oder auch Apotheker.

Wird etwas an den Tag gelegt, so wird etwas zunächst Undurchschaubares verdeutlicht. In manchen Landstrichen sagt man dazu auch: Jetzt wird’s Tag. Und um etwas zu durchleuchten, wird es bei Tage besehen. Diese Redewendung wird auch genutzt, wenn man eine zuvor festgelegte Sicht nochmals revidiert, denn bei Tage besehen … Am jüngsten Tag deutet genauso wie das jüngste Gericht an, dass es nun – neutral formuliert – zu einer Bestandaufnahme, negativ zu einer Verurteilung kommt. Alle Tage ist kein Sonntag zeigt auf, dass nicht an jedem Tag mit einem Honigschlecken zu rechnen ist. Bei Gesundung oder wenn Neues erlernt wird, spricht man davon, dass es von Tag zu Tag besser geht. Und wenn die Erfahrung andere Attribute überwiegt, wird schon mal von „auf meine alten Tage …“ formuliert. Der Tag soll nicht vor dem Abend gelobt werden bezieht sich auch auf durchaus längere Zeiteinheiten und meint eigentlich, dass eine Sache erst am Ende bewertet werden sollte, da ja noch manches schiefgehen kann. So ist es demnach häufig auch noch nicht aller Tage Abend.

Ist jemand neu im Amt, wartet man oftmals die ersten 100 Tage ab, und bei besonders wichtigen Ereignissen wird der Tag im Kalender rot angestrichen. Mit Langmut begegnet man dem lieben langen Tag und es kommt nicht von ungefähr, dass als gängiger Gruß in Deutschland ein guter Tag gewünscht wird. Will man auf sich aufmerksam machen, die Bekanntheit steigern oder gar ein Image ­sichern bzw. verbessern, veranstaltet man einen Tag der offenen Tür, und Dinge, die anzugehen sind, stehen schon mal auf der Tagesordnung.

Wer Handel oder Ähnliches betreibt, weiß, dass nicht alle Tage Sonntag ist. Dies gilt auch für Apotheken, denn außerhalb von Nacht- und Notdienst ist an allen anderen Tage außer an Sonntagen geöffnet. Allein daraus resultiert schon die Rechtfertigung für diese Redewendung. Ist die Frequenz in der Apotheke gering, läuft auch sie Gefahr, dem lieben Gott den Tag zu stehlen. Das Apothekenpersonal redet viel, wenn der Tag lang ist, aber nicht negativ gemeint, oftmals mit Unnützem assoziiert, sondern das Erforderliche, denn nur dann wird aus einer soliden eine wirklich gute Leistung. Und manchmal würde man sich wünschen, dass mehr gesagt würde, denken wir nur an die unsäglichen Tests von Stiftung Warentest und anderen, bei denen immer wieder moniert wird, dass eben gerade nicht genug beraten wurde.

Was Apotheken machen, bleibt weiten Teilen der Bevölkerung unbekannt, bei Tage besehen müsste deshalb die Wertschätzung noch höher sein. Nun ist die Wertschätzung durchaus respektabel, sodass vielfach auf erweiterte Hinweise verzichtet wird. Dies würde aber der Reputation der Apotheken guttun, denn gerade viele im Verborgenen geleistete Aufgaben machen die Apotheke für die Gesellschaft unverzichtbar, an jedem Tag!

Was die Durchsetzung so mancher Verbesserungen für die Apotheken betrifft, hat man den Eindruck, dass die Politik diese nicht auf der Tagesordnung hat. Schade! Vielfach hört man aus dem Mund der Standesorganisationen, dass noch nicht aller Tage Abend sei, ich befürchte eher, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte. Vielleicht braucht man für Krankenkassen und Politik noch viel mehr Tage der offenen Türe in Apotheken, sodass erlernt und erfahren wird, was auf den ersten Blick vorschnell banal anmutet. Am jüngsten Tag wird sich dann entscheiden, ob dieser für Krankenkassen, Politik oder doch mal wieder für die Apotheken ansteht. Auch für die anderen – so Politik und Kassen – gilt indes, dass nicht alle Tage Sonntag ist. Guten Tag! |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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