DAZ aktuell

Weg frei für höheres Rezeptur-Honorar

Das AMVSG kann diese Woche abschließend im Bundestag beraten werden

BERLIN (ks) | Die verbesserte Vergütung der Apotheken für Rezepturen und die BtM-Abgabe sowie das Ende der Zyto-Verträge auf Apotheken­ebene rücken näher. Diese Woche Donnerstag soll das GKV-Arznei­mittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) abschließend im Bundestag beraten werden. Manch einer sah das Gesetzesvorhaben angesichts der letzten strittigen Punkte bereits wanken – doch Anfang der Woche einigten sich die Regierungskoalitionen doch noch in den letzten Streitfragen.
Foto: Philipp Külker
Michael Hennrich (CDU) ist überzeugt: Auch mit dem Kompromiss wird das AMVSG die Versorgungsqualität verbessern.

Schon seit Längerem unumstritten sind die Vergütungsanpassungen für die Apotheken. Sie erhalten künftig pro Rezeptur zusätzlich eine Fixpauschale in Höhe von 8,35 Euro. Von diesem Betrag muss allerdings noch der Kassenabschlag (1,77 Euro) abgezogen werden. Auch die Arbeitspreise werden jeweils um einen Euro erhöht. Außerdem steigt die Pauschale für dokumentationspflichtige Arzneimittel von derzeit 0,26 Euro auf 2,91 Euro.

Hersteller warnen vor weiteren Versorgungsengpässen

Eine kleine Überraschung ist dagegen, dass zwei Punkte, die vergangenes Jahr im Pharmadialog verabredet wurden, nun unter den Tisch fallen sollen: Weder wird es die Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge geben noch die sogenannte „Umsatzschwelle“ für neue Arzneimittel im ersten Marktjahr.

Für die Hersteller eine zweischneidige Entscheidung. Sie hatten lange dafür gekämpft, dass die zwischen ihnen und dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge nicht mehr öffentlich gelistet werden. Die inzwischen im EU-Vergleich manchmal niedrigen deutschen Preise sollten sich nicht auf die Preisbildung anderer Länder auswirken. Die günstigen Preise sorgten zudem dafür, dass diese Arzneimittel häufiger ins Ausland abflössen und dann in Deutschland fehlten. Entsprechend reagierte der Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa) wenig erfreut: Versorgungsengpässe würden weiter toleriert, beklagt Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Die klare Regelung für Versorgungs­sicherheit durch Vertraulichkeit sei „im Gesetzgebungsverfahren zerrieben“ worden. Erfreut sein dürften die Hersteller hingegen über den Verzicht auf die Umsatzschwelle.

Weniger Ausschreibungen

Den Apothekern wird von den jüngsten Entscheidungen aber am besten gefallen, dass Impfstoff-Ausschreibungen nun doch abgeschafft werden sollen. Kürzlich hieß es noch, man wolle dem vor allem aus dem Unionlager kommenden Wunsch nicht nachkommen – nun sieht die Welt schon wieder anders aus. Die Grippeimpfstoff-Ausschreibungen sollen bald genauso der Vergangenheit angehören wie die an Apotheken gerichteten Zyto-Ausschreibungen.

Hennrich: Eine pragmatische Lösung

Michael Hennrich, Berichterstatter für die Unionsfraktion im Gesetzgebungsverfahren, äußerte sich gegenüber DAZ.online zufrieden: „Wir haben eine pragmatische Lösung gefunden und uns auf einen klugen, vernünf­tigen Kompromiss geeinigt. Mir ist besonders wichtig, dass wir mit dem AMVSG die Versorgungsqualität im Arzneimittelbereich verbessern.“ Mit dem Herausfallen der Preisvertraulichkeit aus dem Gesetz könne er leben. „Es ist im 21. Jahrhundert nur schwer vorstellbar, dass man Transparenz einschränkt, anstatt sie zu erhöhen“, so Hennrich.

Preismoratorium, Rabattvertragsfrist, Arzt-Info-System usw.

Das AMVSG enthält überdies eine Reihe weiterer Änderungen und Nachjustierungen im AMNOG-Verfahren, die koalitionsintern ebenso wenig umstritten waren wie die für Apotheker wichtigen Neuerungen. So wird das Preismoratorium für Arzneimittel, die keiner anderen Preisregulierung ­unterliegen, bis zum Ende des Jahres 2022 ausgedehnt – dabei wird erstmals eine jährliche Preisanpassung ermöglicht, die sich an der Inflationsrate orientiert.

Ferner wird eine Frist von sechs Monaten zur Umsetzung von Rabatt­verträgen eingeführt. Sie soll pharmazeutischen Unternehmern mehr Planungssicherheit geben.

Bei der Bildung von Festbetragsgruppen und der Bewertung des Zusatznutzens von Antibiotika soll künftig die Resistenzsituation berücksichtigt werden.

Außerdem soll es ein neues Arzt-Informationssystem geben, das Ärzten in ihrer Software besser und schneller sichtbar macht, welchen Zusatznutzen neue Arzneimittel haben.

Mit der jetzt gefundenen Einigung steht dem Abschluss des Gesetz­gebungsverfahrens nichts mehr im Wege. Am Mittwoch – nach DAZ-Redaktionsschluss – stand die endgültige Beratung des Gesetzes samt letzter Änderungsanträge im Gesundheitsausschuss des Bundestages an. Tags drauf, am 9. März, die Verabschiedung im Bundestag. Dann muss das AMVSG noch ein letztes Mal durch den Bundesrat, der allerdings nicht zustimmungspflichtig ist. Ein Inkrafttreten im April ist damit denkbar. |

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