DAZ aktuell

Industriefreundliche Selbstzensur?

Einstellung der PZ-Serie zur Evidenz-basierten Selbstmedikation sorgt für Irritationen

STUTTGART (du) | Wie ist die Evidenz bei OTC-Arzneimitteln? Diese Frage wollte die Pharmazeutische Zeitung (PZ) im Rahmen einer Serie strukturiert angehen, ist Ende 2015 damit gestartet und hat sie nach sechs Folgen im Mai 2016 wieder eingestellt. Fast ein Jahr später erhebt der Verein der demokratischen Pharmazeutinnen und Pharmazeuten in einem offenen Brief schwere Vorwürfe: der Druck seitens der Anzeigenkunden sei so groß gewesen, dass sich die PZ zu einer indus­triefreundlichen Selbstzensur entschlossen habe.

In dem auf den 3. März 2017 datierten Schreiben hat sich der VdPP als Mit­initiator des Antrags zur Aufarbeitung der Evidenz beim Apothekertag 2014 an den ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt und den Geschäftsführenden Vorstand der ABDA gewandt und die Einstellung der Serie scharf kritisiert. Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, dass diese Entscheidung auf massiven Druck der pharmazeutischen Indus­trie hin zustande gekommen sei. Untermauert wird dieser Vorwurf durch Zitate aus einem Antwortschreiben der PZ-Chefredaktion. Wörtlich heißt es: „Zeitschriften wie die PZ sind nach unseren Erfahrungen mit der Serie wegen eines nicht auflösbaren Interessenkonfliktes ungeeignet, OTC-Arzneimittel zu bewerten. OTC-Anzeigen sind eine wesent­liche Einnahmequelle der PZ (…) Es gibt schon einzelne Hersteller, die schnell dabei sind, mit der Stornierung von Anzeigen zu drohen.“ Den vollständigen Wortlaut des Schreibens wollte der VdPP gegenüber der DAZ nicht öffentlich machen, so dass weitere, eventuell im Schreiben genannte Gründe für die Einstellung der Serie nicht nachvollzogen werden können. Der VdPP fordert die ABDA als Herausgeberin der PZ in dem Schreiben auf, das Standesorgan der Apothekerschaft in die Lage zu versetzen, wissenschaftlich unabhängig und neutral berichten zu können. Konkret soll die ABDA alternative Finanzierungsmöglichkeiten der PZ prüfen. Für die ABDA stellt sich die Situation ­anders dar.

ABDA lobt Transparenz

Durch einen Sprecher lässt sie gegenüber der DAZ erklären, dass sie als Herausgeber der Pharmazeutischen Zeitung größtes Interesse daran habe, dass die PZ ihre redaktionellen Entscheidungen unabhängig treffen und ihre journalistische Arbeit frei von äußerer Einflussnahme leisten könne. Deshalb gelte auch für die ABDA selbst die Regel, grundsätzlich nicht in die Autonomie der Redaktion eingreifen zu dürfen. Input des Herausgebers gebe es ausschließlich für den als Mitteilungs­organ der Berufsorganisationen gekennzeichneten Teil des Blattes. Dies gelte umso mehr im Kontext der Entscheidung der PZ, eine Artikelserie zur evidenzbasierten Selbstmedikation zunächst zu planen und durchzuführen, sie später aber auch aus einer Reihe verschiedener Gründe wieder zu beenden. Hervorgehoben werden von der ABDA in diesem Zusammenhang auch methodische Erwägungen. Unabhängig davon, dass die Redaktion diese Entscheidung in eigener Verantwortung getroffen hat, hält der geschäftsführende ABDA-Vorstand ihr Vorgehen gleichwohl für angemessen. Auf den Vorwurf der industriellen Einflussnahme eingehend, lässt die ABDA erklären, dass das Gros der Fachmedien heute damit konfrontiert sei, dass einzelne Anzeigenkunden dem Reiz erliegen, Schaltungen mit Erwartungen an redaktionelle Aussagen verknüpfen zu wollen. Die PZ habe aber erstens keine redaktionellen Aussagen im Interesse von Anzeigenkunden verändert und werde dies sicherlich auch in Zukunft nicht tun. Sie habe zweitens einen möglichen Versuch der Einflussnahme öffentlich gemacht und damit ein Maß an Transparenz geschaffen, das längst nicht alle Redaktionen an den Tag legen.

In eigener Sache

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Anzeigenkunden für ihre Produkte ein entsprechend freundliches redaktionelles Umfeld wünschen und über kritische Berichterstattung nicht unbedingt erfreut sind. Die ­Redaktion der Deutschen Apotheker Zeitung (DAZ) legt jedoch größten Wert auf ihre redaktionelle Unabhängigkeit und eine strikte Trennung von Anzeigen und Redaktion. Bezahlte Redaktion gibt es nicht, bezahlte Inhalte sind als Anzeigen gekennzeichnet, allein verantwortlich ist der Anzeigenkunde. So wie der Anzeigenkunde keinen Einfluss auf redaktionelle Inhalte hat, so hat die Redaktion umgekehrt keinen Einfluss auf Inhalt und Gestaltung von Anzeigen. Auch das verstehen wir unter strikter Trennung von Anzeigen und Redaktion.

Auseinandersetzungen mit Anzeigenkunden und Herstellern zu unserer Berichterstattung tragen wir offen und für unsere Leser nachvollziehbar in unserer Zeitschrift aus. Zwar lebt auch die DAZ von Anzeigen, aber im Unterschied zu vielen anderen pharmazeutischen und medizinischen Publikationen ist die DAZ eine von kritischen Lesern abonnierte Fachzeitschrift, die zu Recht transparente und unabhängige Informationen erwarten dürfen und die mit ihrem Abonnement die finanzielle Unabhängigkeit der Redaktion sichern. |

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