Arzneimittel und Therapie

Volles Haar, dafür impotent?

Nach Absetzen von Finasterid leiden 1,4% der Männer noch lange unter erektiler Dysfunktion

jb/rr | Dass sexuelle Funktionsstörungen auch nach Absetzen von 5α-Reduktasehemmern bestehen bleiben können, ist bekannt. Jetzt wurden Zahlen veröffentlicht, wie oft das tatsächlich der Fall ist.

Präparate mit 5α-Reduktasehemmern wie Finasterid werden gegen Haarausfall oder benigne Prostatahyperplasie eingesetzt. Patienten müssen darüber informiert werden, dass es auch nach dem Absetzen der Behandlung zu andauernden Schwierigkeiten bei der Erektion, zur Abnahme des sexuellen Verlangens sowie zu Ejakulationsschwierigkeiten kommen kann. Die Gebrauchsinformation von Propecia®, einem Finasterid-Präparat zur Behandlung der androgenetischen Alopezie, enthält diesen Hinweis, aber keine Angaben zur Häufigkeit. Auch unter Therapie mit Dutasterid (Avodart®) in der Indikation Prostatavergrößerung sind sexuelle Nebenwirkungen häufig und können auch nach Absetzen der Behandlung andauern. Wie oft das passiert, dazu gibt es keine Angaben.

Studie mit fast 12.000 Männern

Ein Forscherteam wollte wissen, wie oft die Probleme auftreten, und ob und wie stark die Dauer der Einnahme das Risiko beeinflusst. Dazu haben sie die Daten von 11.909 Männern ausgewertet, die mit 5α-Reduktase­hemmern behandelt worden waren. 167 von ihnen litten auch 90 Tage nach Absetzen noch an einer erektilen Dysfunktion. Das entspricht einer Rate von 1,4%. Im Durchschnitt hielten die Probleme 1348 Tage an, also mehr als dreieinhalb Jahre. Ausschlaggebend scheint vor allem die Anwendungsdauer zu sein: Bei Männern, die Finasterid länger als 205 Tage einnahmen, war das Risiko, an dauerhaften Erektionsstörungen zu leiden, 4,9-mal höher als bei Männern, die die Arzneimittel über einen kürzeren Zeitraum anwendeten. Anwender und Ärzte sollten das bei der Therapieentscheidung berücksichtigen. Die Dosierung spielt als Risikofaktor vermutlich nur eine untergeordnete Rolle. Die 5α-Dihydro­testosteron-Synthese ist bereits bei einer Dosis von 1 mg Finasterid fast maximal blockiert. |

Quelle

Kiguradze T et al. PeerJ 2017;5:e3020; https://doi.org/10.7717/peerj.3020

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