Arzneimittel und Therapie

Absetzen von Imatinib und Co. scheint möglich

Das Dogma einer lebenslangen CML-Therapie wankt

Was vor Jahren als undenkbar erschien – das Absetzen eines wirksamen Medikaments gegen die chronisch myeloische Leukämie (CML) –, könnte für bestimmte Patienten bald Realität werden. Bei den jüngsten großen hämatologischen Kongressen wurden vielversprechende Ergebnisse einiger „Absetzstudien“ vorgestellt.

Ein Meilenstein in der Therapie der CML war die Einführung von Imatinib (Glivec®), die zu einem steilen Anstieg der Überlebensraten führte. Mit Nilotinib (Tasigna®), Dasatinib (Sprycel®), Bosutinib (Bosulif®) und Ponatinib (Iclusig®) folgten weitere Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs), sodass auch bei einem Auftreten von Resistenzen mögliche therapeutische Optionen vorliegen. Allerdings muss die Medikation lebenslang eingenommen werden – oder doch nicht?

Ein Jahr ohne: jeder Zweite noch in Remission

Diese Frage rückt seit der Veröffentlichung mehrerer Studien beim ASCO-Jahreskongress (ASCO = American Society of Clinical Oncology) und beim EHA-Jahreskongress (EHA = European Hematology Association) in den Vordergrund. In diesen Studien hatten Patienten nach längerer Einnahme eines TKI und Erreichen einer tiefen molekularen Remission die Medikation abgesetzt. Die Ergebnisse waren vielversprechend: In der ENESTfreedom-Studie mit 215 Patienten, die dreieinhalb Jahre einen TKI erhalten hatten, war mehr als die Hälfte der Patienten nach knapp einem Jahr ohne Therapie noch immer in der Remission. In der EURO-SKI-Studie mit 750 CML-Patienten, die mindestens drei Jahre lang mit einem TKI behandelt worden waren und eine tiefe Remission erreicht hatten, waren nach sechs Monaten noch 62% ohne molekulares Rezidiv, nach zwölf Monaten waren es 56%, nach zwei Jahren 52% und nach drei Jahren 49%.

80% Remission nach Wiederaufnahme

Mehr als 80% der Betroffenen, die ein Rezidiv erlitten hatten, erreichten nach der Wiederaufnahme der TKI-Behandlung wieder eine molekulare Remission. Bei einem knappen Drittel der Patienten zeigte sich nach dem Absetzen ein sogenanntes „TKI-Entzugssyndrom“, bei dem muskuloskelettale, selbstlimitierende Schmerzen auftraten.

Gesucht sind nun Kriterien und Empfehlungen für das Absetzen einer Therapie mit TK-Inhibitoren, bzw. wann eine Wiederaufnahme der Behandlung zu erfolgen hat. |

Quelle

Hochhaus A et al. Treatment-free remission (TFR) in patients (pts) with chronic myeloid leukemia in chronic phase (CML-CP) treated with frontline nilotinib: Results from the ENESTFreedom study. J Clin Oncol 34, 2016 (suppl; abstr 7001)

Richter J et al. EHA 2016, Abstract #S145

Saglio G et al. EHA 2016, Abstract #LB618

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.