Arzneimittel und Therapie

Norepinephrin-Engpass mit tödlichen Folgen

In den USA stieg das Sterberisiko von Patienten mit septischem Schock

Norepinephrin ist bei hypotonen Patienten mit septischem Schock das Mittel der 1. Wahl. Ist dieses lebensnotwendige Medikament nicht verfügbar, muss auf Alternativen zurückgegriffen werden, was drama­tische Konsequenzen für die Therapiesicherheit haben kann.

Liefer- und Versorgungsengpässe von Arzneimitteln sind ein wichtiges Thema, das sowohl die Politik als auch die Fachwelt immer wieder umtreibt. Solche Engpässe haben vielfältige Ursachen. Oft sind Produktionsprobleme, Wirkstoffknappheit oder ein erhöhter Bedarf verantwortlich. Wenn mehrere wirkstoffgleiche Präparate betroffen sind oder es keine Alternativen gibt, kann aus einem Liefer- schnell ein Versorgungsengpass werden.

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Norepinephrin ist bei septischem Schock Vasopressor der 1. Wahl.

Ausfall bei drei Herstellern

So kam es Anfang 2011 in den USA wegen gleichzeitiger Lieferprobleme dreier Hersteller zu einem Versorgungsengpass mit Norepinephrin, der bis zum Februar 2012 anhielt. In einer kürzlich publizierten Studie wurde der Frage nachgegangen, wie sich dieser Engpass auf die Mortalität von Patienten mit septischem Schock ausgewirkt hat.

Da Norepinephrin als Mittel der 1. Wahl bei septischem Schock gilt, gingen die Autoren davon aus, dass die Mortalität unter den betroffenen Patienten in Krankenhäusern, die vom Engpass betroffen waren, in der entsprechenden Zeit erhöht sein würde. Sie analysierten quartalsweise die Daten von Krankenhäusern in den Jahren von 2008 bis 2013.

Kliniken, deren Norepinephrin-Gebrauch bei septischem Schock im Vergleich zur Zeit vor und nach dem Engpass um mindestens 20% abnahm, wurden als „Engpass-Krankenhäuser“ definiert. Diese Kriterien erfüllten 26 der 150 betrachteten Krankenhäuser. In 102 Häusern wurde Norepinephrin dagegen mit konstanter Häufigkeit angewendet. Die Mortalitätsraten wurden innerhalb der Engpass-Krankenhäuser und mit den Kliniken mit konstantem Gebrauch verglichen.

Sterberisiko erhöht

Während über den gesamten Beobachtungszeitraum von fünf Jahren gesehen die Mortalitätsrate von 34,9% auf 31,9% fiel, stieg die absolute Mortalitätsrate in den Engpassquartalen in den betroffenen Krankenhäusern um 3,7% (von 9283/25874 Patienten auf 777/1961 Patienten). Dies entspricht einer Erhöhung des relativen Sterbe­risikos um 15% (angepasste Odds Ratio [OR] 1,15). Der Vergleich mit den Kliniken mit konstantem Norepinephrin-Gebrauch brachte ähnliche Ergebnisse (OR 1,17).

Zudem untersuchten die Forscher, welche anderen Vasopressoren während des Engpasses vermehrt eingesetzt wurden. Der größte Anstieg war für Phenylephrin zu beobachten, dessen Einsatz in Engpass-Krankenhäusern um fast 20% stieg. Geringere Anstiege waren für Dopamin, Vasopressin und Epinephrin zu verzeichnen.

Viele offene Fragen

Diese Studie liefert interessante Erkenntnisse, wirft aber auch viele Fragen auf. So bleibt offen, wie viele Kliniken es schafften, ihren Norepinephrin-Gebrauch konstant zu halten, während andere stark vom Engpass betroffen waren. Wurde bei anderen Indikationen weniger Norepinephrin eingesetzt oder die Dosis verringert? Die Auswirkungen eines solchen Vorgehens auf andere Patientengruppen wurden leider nicht untersucht. Auch für die erhöhte Mortalität gibt es verschiedene mögliche Ursachen. Vielleicht sind die alternativen Wirkstoffe tatsächlich schlechter für die Behandlung des septischen Schocks geeignet als die Erstlinien-Therapie, eventuell ist die Dosierung der Alternativpräparate den behandelnden Ärzten auch weniger vertraut. Fehlte es in den Engpass-Krankenhäusern vielleicht auch an Krankenhausapothekern, die besonders auf die effektive Verteilung der knappen Arzneimittel achteten? Weitere Untersuchungen könnten Hinweise darauf geben, wie sich Versorgungsengpässe besser handhaben lassen. |

Quelle

Vail E., Association Between US Norepinephrine Shortageand Mortality Among Patients With Septic Shock, JAMA, 17. April 2017

Apothekerin Sarah Katzemich

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