Prisma

Testosteron beeinflusst Denkmodus

Schnell und spontan ist oft falsch

cae | Ein höherer Testosteronspiegel begünstigt bei Männern das emotional-instinktive Denken zulasten des bewusst-logischen Denkens. Dies ergab eine Placebo-kontrollierte Studie.
Foto: nanantachoke – Fotolia.com
Zu viel Testosteron im Blut kann den gesunden Menschenverstand beeinträch­tigen und z. B. zu wirtschaftlichen Katastrophen führen.

Psychologen unterscheiden zwei verschiedene Denkmodi, mit denen Menschen die Fragen lösen, die ihnen die Umwelt stellt. Im emotional-instinktiven Modus kommen die Antworten und Entscheidungen schnell und spontan, im bewusst-logischen Modus hingegen langsam und bedächtig nach einer Zeit des Überlegens. Je nach der Situation kann der eine oder der andere Modus hilfreicher sein, das zeigen Redensarten wie „der erste Gedanke ist immer der beste“ oder „don’t think twice“. In hochzivilisierten Gesellschaften ist aber in den meisten Fällen der bewusst-logische Modus nützlicher. Das zeigt sich z. B. bei den Fragen, die der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Shane Frederick für seinen „cognitive reflection test“ (CRT) entworfen hat; bei ihnen ist die spontane Antwort immer falsch. Dass gerade die Wirtschaft an diesem Thema interessiert ist, verwundert nicht, denn irrationale Entscheidungen können sich in der Wirtschaft besonders verhängnisvoll auswirken.

Nun haben Wirtschaftswissenschaftler 243 junge Männer getestet, denen am Morgen in einem doppelblinden Design 10 g Gel zur topischen Applikation verabreicht worden war, das entweder 100 mg Testosteron (also 1%) oder keinen Wirkstoff (Placebo) enthielt. Fünf Stunden später mussten die Probanden einige Aufgaben erledigen, bevor der CRT begann. Vor der Applikation bis zum Ende des Tests wurden insgesamt sechs Speichelproben genommen, um den Testosteron- und verschiedene andere Hormonspiegel zu messen. Weibliche Personen waren dabei nicht anwesend, um deren Einfluss auf den Testosteronspiegel auszuschließen. Es zeigte sich, dass die Testosteronspiegel in beiden Gruppen während des CRT konstant waren und nicht vom Erfolg oder Misserfolg bei den vorherigen Aufgaben abhingen.

Und nun zum Ergebnis: Die Testosteron-manipulierten Probanden schnitten bei den drei Fragen des CRT jeweils etwa 20 Prozentpunkte schlechter ab als die Placebogruppe. Auch eine Auswertung unter Berücksichtigung von Faktoren wie Lebensalter, individuelle mathematische Begabung, Erwartungshaltung und 14 anderen Hormonen änderte nichts an dem signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen. Ergänzt sei, dass der Testosteronspiegel sich auf die Fähigkeit, Rechenaufgaben zu lösen, nicht auswirkt. |

Quelle

Nave G et al. Single dose testosterone administration impairs cognitive reflection in men. Psychol Sci, Jan 2018; Epub www.researchgate.net/publication/316001989, 11.4.2017

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