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Arzneimittel und Therapie
Evolocumab übertrumpft Statin-Effekt
Das kardiovaskuläre Risiko lässt sich durch neuen Cholesterol-Senker weiter reduzieren
Mit PCSK9 (Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) wurde vor einigen Jahren ein neues Target identifiziert, das zur Senkung von LDL-Cholesterol-Werten genutzt werden könnte. PCSK9 ist eine Serin-Protease, die an den Komplex aus LDL-Rezeptor und LDL-Cholesterol in den Hepatozyten bindet und zum Abbau von LDL-Rezeptoren führt. Damit stehen diese nicht mehr für den Abtransport von LDL-Cholesterol aus dem Blut zur Verfügung, der LDL-Cholesterol-Spiegel steigt. Durch Hemmung von PCSK9 wird der Abbau der LDL-Rezeptoren verhindert. Die LDL-Rezeptoren können verstärkt LDL aus dem Blut in die Zellen transportieren.
Mit Evolocumab (Repatha®) wurde der erste monoklonale Antikörper entwickelt, der durch PCSK9-Hemmung den LDL-Cholesterol-Wert um rund 60% senken kann. Kurz darauf folgte die Markteinführung des verwandten Wirkstoffs Alirocumab (Praluent®). Weitere PCSK9-Inhibitoren sind in der Entwicklung. Evolocumab wird in einer Dosis von 140 mg alle zwei Wochen oder 420 mg einmal monatlich subkutan verabreicht. In Deutschland ist es zugelassen bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht-familiär) oder gemischter Dyslipidämie zusätzlich zu diätetischer Therapie unter folgenden Voraussetzungen:
- in Kombination mit einem Statin (oder einem Statin mit anderen lipidsenkenden Therapien) bei Patienten, die mit der maximalen Statin-Dosis die LDL-Zielwerte nicht erreichen, sowie
- allein oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten mit Statin-Intoleranz oder für die ein Statin kontraindiziert ist;
- bei Erwachsenen und Jugendlichen über zwölf Jahren mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie ist es in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien zugelassen.
Eingeschränkt erstattungsfähig
Das IQWiG hat auf Basis der bisher durchgeführten klinischen Studien und angesichts der hohen Therapiekosten (10.000 bis 12.000 Euro jährlich verglichen mit 80 bis 3000 Euro bei herkömmlicher lipidsenkender Therapie) die Erstattung von Evolocumab nur für folgende Hochrisikopatienten zugelassen:
- Patienten mit familiärer, homozygoter Hypercholesterinämie, bei denen medikamentöse und diätetische Optionen zur Lipidsenkung ausgeschöpft worden sind,
- Patienten mit heterozygoter Hypercholesterinämie, bei denen trotz maximaler diätetischer und medikamentöser lipidsenkender Therapie über zwölf Monate hinweg der LDL-Wert nicht ausreichend gesenkt werden kann und daher eine LDL-Apherese in Betracht gezogen werden muss.
Als Hauptgründe für die eingeschränkte Erstattungsfähigkeit nannte das IQWiG die kurze Dauer der bisher durchgeführten Studien sowie die Tatsache, dass die Wirkung von Evolocumab auf kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität noch nicht nachgewiesen werden konnte.
Die FOURIER-Studie
Mit der FOURIER-Studie (Further Cardiovascular Outcomes Research with PCSK9 Inhibition in Subjects with Elevated Risk) legte der Hersteller Amgen nun Daten vor, die die Wirkung von Evolocumab auf kardiovaskuläre Ereignisse zusätzlich zur bereits nachgewiesenen LDL-Senkung belegen soll.
Die randomisierte, doppelblinde und Placebo-kontrollierte Studie wurde mit 27.564 Hochrisiko-Patienten an 1242 Kliniken in 49 Ländern durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 40 und 85 Jahren mit Arteriosklerose und kardiovaskulärer Grunderkrankung und einem LDL-Cholesterol-Wert von über 70 mg/dl, die bereits eine Statin-Therapie erhielten. Sie erhielten entweder Evolocumab (140 mg alle zwei Wochen oder 420 mg monatlich) oder Placebo. Als primärer Endpunkt wurde ein Composite aus Herz-Kreislauf-Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall, Hospitalisierung aufgrund von Angina pectoris oder koronare Revaskulisierung definiert. Die gemittelte Follow-up-Zeit betrug 2,2 Jahre.
Nach 48 Wochen konnte der LDL-Cholesterol-Wert (trotz vorheriger Statin-Therapie!) durch Evolocumab um weitere 59% gesenkt werden. In der Evolocumab-Gruppe traten bei 1344 (9,8%) der Probanden kardiovaskuläre Ereignisse (primärer Endpunkt) auf, in der Placebo-Gruppe bei 1563 (11,3%). Evolocumab konnte so das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse um 15% senken. Beim sekundären Endpunkt, der nur Herz-Kreislauf-Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall umfasste, war das Ergebnis ähnlich: 816 (5,9%) in der Evolocumab-Gruppe versus 1013 (7,4%) in der Placebo-Gruppe. Das bedeutet eine relative Senkung des Risikos um rund 20%.
Hinsichtlich der Nebenwirkungen gab es keine nennenswerte Differenz zwischen den beiden Gruppen. Nur Hautreaktionen an der Einstichstelle waren in der Verum-Gruppe häufiger als in der Placebo-Gruppe (2,1 versus 1,6%).
Insgesamt zeigte sich, dass Evolocumab neben einer effektiven Senkung des LDL-Spiegels um knapp 60% auch das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse signifikant reduzieren kann. Patienten mit Arteriosklerose und kardiovaskulären Erkrankungen dürften also unter der Therapie mit Evolocumab profitieren. Nun wird man sehen, wie das IQWiG die Studie bewerten wird. |
Quelle
Sabatine MS et al. Evolocumab and Clinical Outcomes in Patients with Cardiovascular Disease. NEJM 2017;376:1713-1722, doi: 10.1056/NEJMoa1615664
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