Die Seite 3

Gefroren oder geschmort

Peter Ditzel, Herausgeber der DAZ

Im tiefen Winter und im Hochsommer ist das so eine Sache mit dem Versenden von Arzneimitteln. Die Versender können nicht garantieren, dass die vom Arzneibuch vorgeschriebenen Temperaturen, denen Arzneimittel ausgesetzt werden dürfen, eingehalten werden. Das Päckchen verlässt die Versandapotheke, wird dem Transportunternehmen (DHL, UPS, Hermes und wie sie alle heißen) übergeben – und dann verbringt es in diesen Tagen einige Zeit in heißen Lieferautos und warmen Lagerhallen und darf vor sich hinschmoren. Und im Winter werden Arzneimittel bei Temperaturen weit unter Null schon mal tiefgekühlt, wie eine Untersuchung zeigt.

Zu hohe oder zu niedrige Temperaturen sind für viele Arzneimittel nicht zuträglich. Ihre Qualität und damit ihre Wirksamkeit leiden. Nicht umsonst hat das Arzneibuch Temperaturbereiche definiert, denen Arzneimittel maximal ausgesetzt werden dürfen. Für die meisten Arzneimittel, die bei Raumtemperatur zu lagern sind, liegt die Obergrenze bei 25 °C. Bei hochsommerlichen Temperaturen wird diese in ungekühlten Lieferautos weit überschritten.

Die EU hat schon 2013 Leitlinien für eine gute Vertriebspraxis für Humanarzneimittel erlassen, die Vorgaben für den Transport von Arzneimitteln macht. Der pharmazeutische Großhandel musste seine Lieferfahrzeuge für teures Geld umrüsten oder neue Fahrzeuge anschaffen, die die vorgeschriebenen Temperaturbereiche einhalten. Arzneiversender und ihre Transportunternehmen waren mit dieser Richtlinie nicht explizit angesprochen. Da fragt man sich, warum eigentlich nicht? Gilt zweierlei Maß für den Transport?

Die Apothekerkammer Nordrhein forderte auf dem Deutschen Apothekertag 2015, Versandapotheken und ihren beauftragten Transportunternehmen aus Gründen des Verbraucherschutzes die Einhaltung der EU-Richtlinien verpflichtend vorzuschreiben. Die Begründung war u. a.: Eine für die Arzneimittelstabilität geforderte Lagerung unter 25 °C von nicht kühlpflichtigen Arzneimitteln wird von Versandapotheken und den Transportunternehmen in der heutigen Versandstruktur nicht gewährleistet. Der Deutsche Apothekertag lehnte den Antrag ab – u. a. mit dem Argument, dass bessere Transportbedingungen den Versand besser machen und seine Akzeptanz erhöhen könnten. Da musste man sich fragen, wie ernst es einem Apothekertag mit der Arzneimittelsicherheit ist. Oder glaubte man damals, den Versandhandel dadurch eindämmen zu können? Der Antrag sollte in diesem Jahr neu gestellt werden!

Wenn jetzt die Temperaturstudie eines Europäischen Instituts für Pharmalogistik zeigt, dass auch temperatursensible Arzneimittel von den Versendern nur in normalen Versandkartons geliefert werden, die vor zu hohen oder zu niedrigen Temperaturen nicht schützen, dann ist die Forderung nach Einhaltung der Temperaturklassen überfällig.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg, wonach Verbrauchern auch bei ihren per Versand bezogenen Arzneimitteln ein Widerrufsrecht zusteht, d. h., sie dürfen die bestellten Arzneimittel zurückschicken. Für die Versender bedeutet dies dann allerdings: Vernichtung der zurückgesandten Arzneimittel. Denn eine ordnungsgemäße Lagerung kann für diese Ware nicht mehr garantiert werden. Doch wer kontrolliert, ob die Vernichtung stattgefunden hat? Da könnte dann Securpharm helfen.


Peter Ditzel


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