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Kohlpharma versus Correctiv
Lieferengpässe in Rumänien – ist der Parallelhandel schuld? Kohlpharma wehrt sich
Vergangene Woche berichtete das RTL Nachtjournal spezial in einem Fernsehbeitrag über einen Vater in Rumänien, der das für seinen Sohn wichtige Epilepsie-Arzneimittel Trileptal nicht bekommt. Der Beitrag entstand durch gemeinsame Recherche mit Correctiv, das seinerseits den Artikel „Die Medikamente der Anderen“ veröffentlichte. Laut IMS Health, so Correctiv, lande die Hälfte aller exportierten Arzneimittel in Europa in Deutschland. In Rumänien soll es inzwischen eine lange Liste nicht lieferbarer Arzneimittel geben – für jedes zweite Präparat darauf soll ein Reimporteur eine Importzulassung besitzen. Die Botschaft der Berichte lautet also: In Staaten wie Rumänien fehlen lebenswichtige Medikamente, weil sie von Ländern wie Deutschland günstig aufgekauft werden. Und das werde auch noch durch den Gesetzgeber gefördert, denn Apotheken sind hierzulande gehalten, wirtschaftliche Importe abzugeben.
Kritik an der Importförderung gibt es schon lange. Nicht nur von Apothekern, sondern auch von Krankenkassen. Insbesondere Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, macht die Quote regelmäßig zum Thema. Auch im Zusammenhang mit Arzneimittelfälschungen wird regelmäßig Kritik laut. Kohlpharma wehrt sich beharrlich gegen diese Vorwürfe sowie Versuche, die Importförderung zu kippen. Und tatsächlich hält der Gesetzgeber bislang an ihr fest, mögen einzelne Abgeordnete auch Zweifel äußern. Daran hat sich auch nichts geändert, seit es hierzulande günstige Arzneimittel gibt, die in andere Länder exportiert werden.
Kohlpharmas Gegenschlag
Im Beitrag des RTL Nachtjournals und von Correctiv kommt Kohlpharma nicht gut weg. Doch das Unternehmen aus dem Saarland konterte mit einer siebenseitigen Pressemitteilung. Der Tenor: Die Berichte seien unseriös sowie tendenziös, sie basierten auf falschen Behauptungen und seien zudem interessengeleitet konstruiert. Falsch sei bereits der Ausgangspunkt: Die im Beitrag genannten Präparate – darunter Trileptal – seien laut schriftlicher Bestätigung eines marktführenden rumänischen Großhändlers in den letzten Monaten voll lieferfähig gewesen. „Dem Hauptvorwurf des Beitrages, dass der Arzneimittelimport somit unmittelbar zu Knappheiten in Rumänien führt, ist damit jedwede Basis entzogen“. Sodann nimmt Kohlpharma zu weiteren Punkten der Berichte Stellung und sucht sie zu entkräften. Unter anderem geht es dabei auch um angebliche Lobby-Verstrickungen von FDP-Politikern.
Correctiv ließ die Vorwürfe der schlechten Recherche allerdings genauso wenig auf sich sitzen und konterte seinerseits mit einer Stellungnahme. Darin erklärt das Recherchebüro, die Behauptungen von Kohlpharma seien bis auf ein Detail – der Kohlpharma-Geschäftsführer Jörg Geller ist anders als von Correctiv zunächst geschrieben erst seit 2010 im Amt – nicht zutreffend bzw. nicht stichhaltig. So lägen dem rumänischen Gesundheitsministerium Meldungen über Lieferprobleme vor. Weitere der nach Ansicht von Correctiv „irreführenden Behauptungen“ von Kohlpharma liefen ins Leere, da einige der unterstellten Aussagen gar nicht aufgestellt worden seien.
Kohlpharma wäre nicht Kohlpharma, wenn es nicht auch darauf eine Reaktion gegeben hätte. In einem offenen Brief nehmen die Merziger nochmal Punkt für Punkt Stellung. Von Halbwahrheiten ist die Rede. Eine heimlich gefilmte einzelne und anonyme Apotheke als Beleg für einen Engpass will das Unternehmen nicht gelten lassen. Zumal das Gespräch mit der Apothekerin auch für Muttersprachler nicht verständlich gewesen sei, so Kohlpharma. „Aus dem Vorgang in einer einzigen Apotheke eine Aussage über die Gesamtsituation in Rumänien zu extrapolieren, ist – gelinde gesagt – gewagt“. Kohlpharma erklärt zu diesem wie zu weiteren Punkten, dass hier Aussage gegen Aussage stehe. Überdies: Nicht Importe seien hier das Problem. Vielmehr habe Novartis angekündigt, den Verkauf von Trileptal in Rumänien einzustellen. Nicht zuletzt wirft Kohlpharma Correctiv vor, Irrtümer zu unterschlagen: Die monierte 5-Prozent-Klausel für Importe in Deutschland sei kein Gesetz und Christopher Hermanns Meinung nicht repräsentativ.
Der leidenschaftliche Schlagabtausch zeigt vor allem eines: Das Thema Arzneimittel-Importe ist und bleibt ein Dauerbrenner, das sicherlich auch in der kommenden Legislaturperiode wieder hochkochen wird. |
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