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Wahlprüfsteine (II): Die Altersarmut bekämpfen

Parteipositionen zur Bundestagswahl

Bereits zum vierten Mal hat ADEXA die Programme aller Parteien mit realistischer Chance auf einen Platz im Bundestag ausgewertet und Fragen unter dem Blickwinkel von Arbeitnehmern gestellt. Lesen Sie im zweiten Teil, welche Pläne Poli­tiker haben, um die zunehmende Altersarmut einzudämmen.
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Seit den 1990er-Jahren gehören Mini-Jobs, lange Phasen der Erwerbslosigkeit und niedrige Löhne für Angestellte immer häufiger zum beruflichen Alltag. Laut einer von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie wird das Risiko bis 2036 auf 20 Prozent steigen, in 2015 waren es noch 16 Prozent. Am stärksten sind ­alleinstehende Frauen, Menschen ohne Berufsausbildung und Langzeitarbeitslose betroffen. Für die Parteien ist es an der Zeit, zu reagieren.

CDU/CSU: Drei Säulen der Rentenversicherung ausbauen

„Die Union hat die richtigen Rahmenbedingungen für eine sehr gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung gesetzt. Auch deshalb gab es in Deutschland zum 1. Juli 2016 die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren“, heißt es im entsprechenden Wahlprüfstein.

CDU und CSU sehen die Lösung auf Herausforderungen des demografischen Wandels im System aus drei Säulen: der gesetzlichen Rentenver­sicherung, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Sie versprechen ein „Rentenrecht, das Generationen­gerechtigkeit sichert und Leistungen sowie Lasten fair und nachvollziehbar verteilt“, berufen sich aber auf „ziel­genaue Maßnahmen für einzelne Gruppen anstatt auf das Gießkannen-Prinzip“. Ansonsten stellen beide Par­teien klar, dass derzeit rund drei Prozent der Menschen über 65 Jahre auf staatliche Hilfe angewiesen seien und Grundsicherung im Alter beziehen. „Altersarmut ist heute kein Massenphänomen“, so ihre Schluss­folgerung.

Die ADEXA-Fragen und die Antworten der Parteien sowie Wahlprogramme finden Sie auf www.adexa-online.de in der Rubrik „Aktuelles“ unter „Themen“ im Menüpunkt „Wahl­bausteine zur Bundestagswahl 2017“.

SPD: Mehr Produktivität, mehr Rente

Sozialdemokraten sehen größeren Handlungsbedarf: „Aus jeder Erwerbstätigkeit muss auch eine Absicherung für das Alter erwachsen. Außerdem braucht es gezielte Verbesserungen für diejenigen, die am Ende eines langen Arbeitslebens keine auskömmliche Rente haben.“ Das heißt unter anderem, ein gesetzlich festgelegtes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent und einen Beitragssatz von 22 Prozent zu garantieren.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die SPD auf mehr Erwerbsbeteiligung durch Qualifizierung, kinderfreund­liche Infrastrukturen und familienfreundliche Lebensarbeitszeitmodelle. Gleichzeitig sollen beschleunigte Digitalisierungsprozesse und die „systematische Einwanderungspolitik“ gegen den Arbeitskräftemangel zu mehr Produktivität führen. Und für bessere Löhne könnte eine Stärkung der Tarifbindung sorgen.

FDP: Flexibilität bei der privaten Altersvorsorge steigern

Beim Thema soziale Absicherung hat die FDP ebenfalls große Pläne: „Wir Freie Demokraten wollen die Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip organisieren. So kann sich jeder flexibel die Altersvorsorge zusammenstellen, die zu seinem Lebensweg passt.“

In diesem Zusammenhang sollen betriebliche und private Angebote attraktiver, aber auch besser vergleichbar werden. Neuerungen der amtierenden Bundesregierung seien „zu kurz gesprungen“, indem man sich auf tarifgebundene Unternehmen beschränke. „Die Vorteile der Reform, etwa die liberalisierten Anlagevorschriften und die Zuschüsse für Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen, sollen auf alle Beschäftigten aller Unternehmen ausgeweitet werden“, heißt es im Wahlprüfstein. Und weiter: „Die Auszahlung von Vorsorgeverträgen darf in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht beitragspflichtig sein, weil dies eine unfaire Doppel­belastung darstellt.“

FDP-Sozialrechtsexperten fordern ­außerdem, Einkünfte aus privater und betrieb­licher Altersvorsorge nur teilweise auf die Grundsicherung im Alter anzurechnen.

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Die Linke: Mindestlöhne anheben, Mindestrenten einführen

Im Unterschied zu den meisten Parteien setzt die Linke beim Thema Altersarmut früher an: „Zunächst wollen wir den gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde anheben.“

Außerdem sollte das „klassische Normalarbeitsverhältnis wieder zum Regelfall werden“. Die Linke setzt sich für die Abschaffung sachgrundloser Befristungen, kurzfristig für die Begrenzung der Leiharbeit und mittelfristig für deren Abschaffung ein. ­Zudem soll jede Form der abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig werden.

Die Partei macht sich dafür stark, das Rentenniveau auf 53 Prozent anzuheben. Eine Beitragspflicht für jede Form der Erwerbstätigkeit kommt hinzu. Geplant ist auch, Kindererziehungs­zeiten, Pflege und Zeiten der Erwerbslosigkeit in der Rente besser ab­zusichern.

Und nicht zuletzt schlägt die Linke im Programm eine steuerfinanzierte Mindestrente vor, sollten Bürgerinnen oder Bürger weniger als 1050 Euro netto zur Verfügung haben.

Bündnis 90/Die Grünen: Garantierenten gegen die Altersarmut

„Um die Rente wieder sicher und verlässlich, nachhaltig und generationengerecht zu machen, setzen wir uns dafür ein, das Drei-Säulen-System der Alterssicherung auf eine solide Basis zu stellen“, schreiben die Grünen. ­Dazu gehört, das aktuelle Niveau zu stabilisieren, aber auch Rentenhöhe und Beiträge in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Weiter heißt es: „Mit der Garantierente wollen wir für alle Menschen, die den größten Teil ihres Lebens rentenversichert waren, gearbeitet, Kinder erzogen oder andere Menschen gepflegt haben, ein Mindestniveau in der Rentenversicherung einführen.“

An der Rente mit 67 hält die Partei fest, will es Arbeitnehmern über Teilrenten ab 60 jedoch leichter machen, selbst darüber zu entscheiden, wann sie ihren Ruhestand antreten. Wünschenswert seien einfachere Hinzu­verdienstregeln, um Teilrente und Erwerbseinkommen leichter zu kom­binieren.

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Neben der gesetzlichen Rente liegen Pläne zur Stärkung der privaten und betrieblichen Altersvorsorge vor. Dazu gehören Fonds in öffentlicher Verwaltung mit höherer Rendite bei niedrigen Verwaltungsgebühren.

Damit nicht genug: „Für Frauen muss es einfacher werden, sich durch Erwerbsarbeit selbst besser abzusichern“, konstatieren die Grünen. Sie denken über bessere Angebote zur Kinderbetreuung, über eine Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, ein Rückkehrrecht in Vollzeitstellen, eine echte Pflegezeit, eine faire Ab­bildung von Pflegezeiten und über gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit nach.

AfD: Hinzuverdienst im Alter ohne Abschläge

Auch die Alternative für Deutschland befasst sich intensiv mit dem Thema. Sie hält „mindestens vorübergehend eine stärkere Mitfinanzierung aus Steuermitteln“ für erforderlich. Langfristig müssten aber Betriebsrenten und rein private Altersvorsorgemodelle gesetzgeberisch gestärkt werden.

Die AfD nennt Steuerfreistellung der Ansparbeiträge verbunden mit einer nachgelagerten Ertragsbesteuerung als Möglichkeit. „Für eine wirkungsvolle Ausgestaltung solcher Systeme ist die Zinspolitik der EZB tödlich. Auch deshalb muss Deutschland aus der Eurozone austreten, sofern nicht unverzüglich Änderungen in die Tat umgesetzt werden.“

Außerdem können sich Politiker der AfD vorstellen, die Arbeitsleistung und andere anrechenbare Zeiten, z. B. Erziehungszeiten, mit einem Aufschlag bei der Grundsicherung im Alter zu berücksichtigen. Bei einer Lebensarbeitszeit von bis zu 45 Jahren soll künftig der Rentenanspruch abschlagsfrei gegeben sein.

Keine Wahlempfehlung

Mit den Beiträgen zur Bundestagswahl analysiert ADEXA Programme unter dem Blickwinkel von Angestellten. Eine Wahlempfehlung gibt die Apothekengewerkschaft nicht ab. |

Michael van den Heuvel

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