DAZ aktuell

Noweda-Chef schreibt Schulz-Asche

Wettbewerbsökonomisches Gutachten sorgt weiter für Diskussionen

BERLIN (ks) | Kordula Schulz-Asche, Bundestagsabgeordnete der Grünen, hat kürzlich mit ihrer speziellen Lesart eines Gutachtens-Kapitels zur Rx-Boni-Problematik eine Diskussion über „reiche“ und „arme“ Apotheken entfacht. Die Noweda, eine der Auftraggeberinnen des Gutachtens, rückte nun in einem Brief einige Aussagen zurecht.

Das Gutachten, das die Noweda und der Deutsche Apotheker Verlag als Reaktion auf das Urteil des Europä­ischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rx-Preisbindung in Auftrag gegeben haben, ist diese Woche als Buch erschienen. Es soll die „Lücke im Tatsächlichen“ schließen, die die Richter beklagt hatten. Sie hielten es für nicht ausreichend dargelegt, dass die Arzneimittelpreisbindung erforderlich ist, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung aufrecht zu erhalten. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass nur ein Rx-Versandverbot verhindern kann, dass rund 1000 Ortschaften in Deutschland mit weniger als 5000 Einwohnern ihre einzige Vor-Ort-Apotheke verlieren.

Buch-Tipp

May, Uwe / Bauer, Cosima / Dettling, Heinz-Uwe: Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel Wettbewerbsökonomische und gesundheitspolitische ­Begründetheit.

Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart, 2017.

ISBN 978-3-7692-7038-9

130 S., kartoniert, 54 Euro



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oder unter www.deutscher-apotheker-verlag.de

Schulz-Asche mit eigener Interpretation

Schulz-Asche, die wie andere Politiker ein Kapitel des Gutachtens vorab zur Verfügung hatte, legte den Fokus allerdings auf andere Daten des Szenario-Rechners: Sie findet, es gibt viel zu viele Apotheken (5927), mit einem Betriebsergebnis vor Steuern von deutlich mehr als 160.000 Euro. Diese sollten die ärmeren Apotheken mit einem Sicherstellungszuschlag unterstützen, schlug sie in ihrem Meinungsbeitrag „Rettet die kleine Apotheke“ auf ihrer Webseite vor – und stieß damit weitere Diskussionen an (siehe DAZ 2017, Nr. 32, S. 11).

Vor-Ort-Apotheken zugunsten von Großinvestoren schwächen?

Vergangene Woche reagierte Michael Kuck, Vorstandschef der Noweda, mit einem Brief an die Grünen-Politikerin. Es habe ihn überrascht, dass Schulz-Asche gar nicht die eigentlichen Daten und Fakten aus dem Gutachten kommentiere: Dass der Rx-Versandhandel aus dem europäischen Ausland die flächendeckende Arzneimittelversorgung ernsthaft bedrohe. Stattdessen befasse sie sich mit der dem Gutachten am Rande zu entnehmenden Information, wonach ein Teil der Apotheken ein Betriebsergebnis ab 144.000 bzw. 160.000 Euro erwirtschafte. „Diese Erkenntnis genügt Ihnen, um reflexartig nach ‚Umverteilung‘ zu rufen“, schreibt Kuck. „Ein ‚Sicherstellungszuschlag‘ soll her, der durch ‚Umverteilung von reichen zu ärmeren Apotheken‘ finanziert werden soll.“ Der Noweda-Chef findet dies erstaunlich: „Umverteilung und die damit verbundene Schwächung der Vor-Ort-Apotheken mit höheren Betriebsergebnissen soll sicherstellen, dass die EU-Versandkonzerne und die hinter ihnen stehenden Großinvestoren ungestört ihren Geschäften in Deutschland nachgehen können.“

Wer ist „reich“?

Kuck rückt zudem den Begriff des in Schulz-Asches Augen „reichen“ Apothekers gerade. Bei den von ihr genannten Beträgen handele sich um Bruttoeinkommen von denen noch einige Posten abzuziehen sind. Zudem sei es ein Unternehmerlohn, der „wohl nur im Rahmen einer Neiddebatte als unangemessen bezeichnet werden“ könne. Die „Vorab-Stellungnahme“ zum Gutachten könne daher „nur als Versuch gewertet werden, von dem eigentlichen Ergebnis der Studie abzulenken“.

Aus Sicht Schulz-Asches möge dieser Ablenkungsversuch auch geboten sein – denn die Grünen förderten den Arzneimittelversandhandel von jeher. Aber es sei schwer nachvollziehbar, weshalb ausgerechnet diese Partei sich derart gegen die Vor-Ort-Apotheken in Deutschland positioniere, meint Kuck. Schließlich stünden diese für frauenfreundliche, wohnortnahe Arbeitsplätze, die Belebung von Innenstädten, die Zahlung von Steuern in den Gemeinden und dezentrale mittelständische Versorgungsstrukturen. |

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