Prisma

Uhrwerk im Muskel

Warum schwankt die Lipid-Zusammensetzung über den Tag?

dm | Seit Bekanntgabe der diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger ist die „innere Uhr“ in aller Munde. Doch gibt es nicht die eine innere Uhr des Körpers. Weitere untergeordnete „Uhren“ sind Gegenstand aktueller Forschung. So wird ein Zusammenhang zwischen dem ­zirkadianen Rhythmus der Lipid-Zusammensetzung der Skelett-Muskulatur und der Entstehung von Typ-2-Diabetes vermutet.

In Säugetieren unterliegen die zirkadianen Rhythmen einzelner Organe einem übergeordneten „Pacemaker“ im suprachiasmatischen Kern des Hypothalamus. Auch die Zusammensetzung der Lipide in der Skelett-Muskulatur schwankt im Laufe eines Tages. Ob dahinter ein immanenter zirkadianer Rhythmus oder äußere Einflüsse stecken, wurde in einer aktuellen Studie untersucht: Um den zirkadianen Rhythmus der Skelett-Muskulatur von zehn Probanden miteinander vergleichen zu können, wurde zunächst der äußere Rhythmus der Probanden einander angeglichen – zum Beispiel Mahlzeiten und Lichtexposition. Zur Analyse der Lipid-Zusammensetzung wurde dann alle vier Stunden eine ­Gewebe-Probe aus dem Oberschenkel-Muskel entnommen. Die Korrelation der Lipid-Zusammensetzung mit der Tageszeit schien eindeutig. Jedoch schwankte die Lipid-Zusammensetzung zwischen den Probanden, sodass ein zusätzliches In-vitro-Experiment die Korrelation belegen sollte: Wurden die menschlichen Muskelzellen mit dem Signalmolekül Forskolin synchronisiert, fand man eine periodische Schwankung der zellulären Lipid-­Zusammensetzung. Wurden relevante Gene und somit der Taktgeber ausgeschaltet, verschwanden auch die periodischen Lipid-Schwankungen größtenteils. Welche Bedeutung dieser Mechanismus hat, bleibt offen. Im Stoffwechsel spielt die Skelett-Muskulatur eine große Rolle. Sie nimmt in der postprandialen Phase am meisten Glucose auf. „Studien zufolge besteht eine Verbindung zwischen zirkadianen Uhren, Insulin-Resistenz und der Entstehung von Diabetes“, erklärt die Co-Leiterin der Studie. Lipide beeinflussen die Zusammensetzung von Zellmembranen und somit auch, wie gut Moleküle in eine Zelle eindringen und wieder hinaus gelangen. Ob die Insulin-Resistenz von Muskelzellen so beeinflusst ­werden könnte, soll in einer weiteren Studie geprüft werden. |

Quelle

Loizides-Mangold U et al. Lipidomics reveals ­diurnal lipid oscillations in human skeletal muscle persisting in cellular myotubes cultured in vitro. PNAS 2017; doi: 10.1073/pnas.1705821114

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