Arzneimittel und Therapie

Erhöhen immunmodulierende Rheuma-Therapien das Krebsrisiko?

Neue Ergebnisse geben vorläufig Entwarnung

Dass unter biologischen Immunmodulatoren vermehrt Tumorerkrankungen auftreten, ist theoretisch nicht auszuschließen. In einer schwedischen Studie konnte dieser Verdacht bei Patienten, die aufgrund einer rheumatoiden Arthritis mit TNF-α-Blockern und Biologicals der zweiten Generation therapiert wurden, nicht bestätigt werden.

Seit knapp zwei Dekaden werden biologische Immunmodulatoren (bDMARD = biological disease-modifying antirheumatic drugs) zur Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt. Darunter fallen unter anderem TNF-α-Blocker wie Infliximab, Etanercept und Adalimumab, der CD-20-Inhibitor Rituximab, der CD80/CD84-Blocker Abatacept sowie der Interleukin-6-­Inhibitor Tocilizumab. Sie blockieren das Immunsystem, unterbinden auto­aggressive Entzündungsreaktionen und können die entzündliche Gelenk­zerstörung verzögern. Aufgrund der immunologischen Wirkungen ist eine potenziell pro-kanzerogene Wirkung nicht völlig auszuschließen, wenn auch Studien zur langjährigen Therapie mit TNF-α-Blockern dies meist nicht bestätigten. Da sich die Behandlungsmodalitäten in den vergangenen Jahren verändert haben und neue Wirkstoffe hinzugekommen sind, befasste sich eine schwedische Kohortenstudie erneut mit der Frage, ob die Krebsinzidenz durch den Einsatz immunmodulierender Wirkstoffe beeinflusst wird. Zur Klärung dieser Frage wurden schwedische Registerdaten von rund 70.000 Patienten ausgewertet, die aufgrund einer rheumatoiden Arthritis medikamentös behandelt worden waren. Die Probanden waren überwiegend weiblich und im medianen Alter zwischen 58 und 64 Jahren; ausgewertet wurde der Zeitraum von 2006 bis 2015. Die Studienpopulation bestand aus mehreren Kohorten, die jeweils eine der folgenden Therapien erhalten hatten:

  • Tocilizumab (n = 1798)
  • Abatacept (n = 2021)
  • Rituximab (n = 3586)
  • TNF-α-Blocker in der Erstlinien-Therapie (n = 10.782)
  • TNF-α-Blocker in der Zweitlinien-Therapie (n = 4347)
  • konventionelle DMARD (n = 46.610)

Die einzelnen Gruppen wurden mit einer Kontrolle (n = 107.491) aus der allgemeinen Bevölkerung verglichen und anschließend die jeweiligen Krebs-Inzidenzraten ermittelt. Bis auf eine Ausnahme gab es keine Unterschiede beim Auftreten maligner Neoplasien. Die Ausnahme war die Abatacept-Gruppe, in der möglicherweise mehr squamöse Hauttumoren aufgetreten waren als in der Kontrolle. In der Abatacept-Gruppe betrug die Inzidenz für ein squamöses Karzinom der Haut 266 auf 100.000 Personenjahre bezogen oder – anders ausgedrückt – bei 17 von 2016 Patienten war ein squamöser Hauttumor aufgetreten (HR 2,15; 95% Konfidenzintervall 1,31 bis 3,52). Dies könnte den Autoren zufolge ein Zufallsbefund sein, könnte aber auch auf den bekannten Zusammenhang zwischen dem Auftreten squamöser Hauttumoren und einer Immunschwäche hinweisen. Das Fazit der Autoren: Der kurz- bis mittelfristige Einsatz von biologischen Immunmodulatoren scheint das Krebsrisiko nicht zu erhöhen. Es kann indes nicht ausgeschlossen werden, dass sich dies zu einem späteren Zeitpunkt ändert oder sich erst bei sehr langsam wachsenden Tumorentitäten zeigen wird. |

Quelle

Wadström H et al. Malignant neoplasms in patients with rheumatoid arthritis treated with tumor necrosis factor inhibitors, Tocilizumab, Abatacept, or Rituximab in clinical practice. A nationwide cohort study from Sweden. JAMA Intern Med 2017;177(11):1605-1612

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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