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Armutsfalle Teilzeitarbeit

Solidarrenten sollen das Problem verringern

Vor wenigen Tagen hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Studie „Renten auf einen Blick 2017“ veröffentlicht. Deutschlands Bürgerinnen und Bürger stehen im Alter vergleichsweise schlecht da, so ihr Fazit. Wird eine neue Bundesregierung Lösungen finden?

Der OECD-Studie zufolge haben Geringverdiener in Deutschland ein deutlich höheres Risiko, im Alter mit leeren Taschen dazustehen, als in anderen Mitgliedsländern der OECD. Angestellte, die jetzt ihr Erwerbsleben beginnen und über Jahre hinweg die Hälfte des durchschnittlichen Ein­kommens verdienen, erhalten im Alter gerade einmal netto 55 Prozent ihres Nettolohns von der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Schnitt aller OECD-Staaten liegt bei 73 Prozent. Deutlich darunter liegen Mexiko (30%) oder Polen (40%). In Großbritannien oder in den Niederlanden sind es 100 Prozent.

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SPD legt Konzept der Solidarrente vor

Monika Queisser, Expertin für Sozialpolitik bei der OECD, führt diese Unterschiede darauf zurück, dass es in Deutschland keine staatliche Aufstockung gibt. „Die enge Verbindung von Einkommen und Rentenansprüchen sowie das Fehlen von Grund- und Mindestrenten bedeuten, dass Niedrigverdiener und solche mit geringen Beitragszeiten von Altersarmut bedroht sind“, konstatiert Queisser. Bislang scheiterten die Bemühungen früherer Bundesregierungen, eine ­Solidarrente auf den Weg zu bringen.

Für den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz ist die Solidarrente eine Kernposition bei den Verhandlungen mit der Union. Sein Konzept sieht vor, dass alle Arbeitnehmer, die mindestens 35 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, nicht weniger als 850 Euro im Monat auf ihrem Konto finden. Anders als bei der Grundsicherung will Schulz bei der Solidarrente auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten. Auch das Einkommen des Partners soll bis rund 1600 Euro nicht angerechnet werden.

Arbeitsteilung in Familien: Teilzeitfalle für Frauen

Die Maßnahmen würden nach ihrer Einführung rasch greifen, das grundlegende Problem aber nicht lösen. Queisser meint die übliche Arbeits­teilung in Familien: Männer verdienen Geld im klassischen Sinne. Frauen übernehmen die Erziehung der Kinder und später die Pflege von Eltern oder Schwiegereltern, arbeiten aber in geringerem Umfang in entlohnten Arbeitsverhältnissen. „Es ist absolut unverständlich, dass Frauen immer die Arbeitszeit reduzieren und dann diese unbezahlte Arbeit machen“, ergänzt Queisser.

Ehegattensplitting fragwürdig

Im Umkehrschluss entscheiden sich Frauen mit guter Ausbildung häufig gegen Kinder. „Ein Studium reduziert die Wahrscheinlichkeit von Nachwuchs um 25 Prozent“, berichtete Alexander Hagelüken in einem Kommentar der Süddeutschen Zeitung. Die Aufgabenverteilung scheitert aber nicht nur an der Unterstützung von Männern und der fehlenden Flexibilität von Arbeitgebern. Negative staatliche Anreize kommen mit hinzu. Durch veraltete Anreizsysteme wie das Ehegatten­splitting werden Familienmodelle mit „Frau am Herd“ gefördert. „Der deutsche Staat nimmt einer Mutter, die wieder arbeiten geht, so viel vom Lohn ab wie fast kein anderes Industrieland“, so Hagelüken.

Auf die neue Bundesregierung kommen etliche Herausforderungen zu. |

Quellen

OECD. Pensions reforms have slowed in OECD countries but need to continue; http://t1p.de/tx70

www.oecd.org/germany/PAG2017-DEU.pdf

Statista. Durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern in Deutschland von 1991 bis 2016; http://t1p.de/oh4z

Hagelüken A. Die „Frau-bleibt-zu-Hause-Ehe“, staatlich gefördert; http://t1p.de/nitq

Michael van den Heuvel

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