Aus den Ländern

Doping im Leistungssport

Hamburger DPhG-Weihnachtsvorlesung

HAMBURG (tmb) | Am 5. Dezember stellte der Krefelder Apotheker Dr. Simon Krivec in der Weihnachtsvorlesung der DPhG-Landesgruppe Hamburg erschreckende Ergebnisse seiner Recherchen über das Doping im Leistungssport vor. Genau ein Jahr zuvor hatte er seine Dissertation dazu in Hamburg fertiggestellt. Über seine Arbeit wurde mittlerweile in vielen Zeitschriften und in der ARD-„Sportschau“ berichtet.
Foto: DAZ/tmb
Dr. Simon Krivec

Krivec untersuchte das Doping mit anabol wirksamen androgenen Steroiden im Leistungssport, insbesondere in der Leichtathletik, im Zeitraum von 1960 bis 1988. Denn 1960 war mit Metandienon (Dianabol®,Metanabol®) erstmals ein solches Steroid verfügbar geworden, aber erst nach der Olympiade von 1988 war durch den Skandal um den Sprinter Ben Johnson ein öffentliches Bewusstsein für Doping­probleme entstanden.

Steroide auf Rezept

Krivec, der gute Kontakte zu Sportlern pflegt, befragte 129 Personen, die im Untersuchungszeitraum Spitzensportler waren, und sicherte ihnen Anonymität zu. 51 Prozent von ihnen bestätigten, mit anabolen Steroiden gedopt zu haben. Dabei hatten sie die zugelassenen Dosierungen oft um ein Viel­faches überschritten. Viele Anwender hatten mehrere Steroide benutzt, um eine Gewöhnung zu vermeiden. Meistens hatten sie die Produkte von Ärzten erhalten oder auf Kassenrezepten verordnet bekommen.

Problematisches Dopingkontrollsystem

Obwohl die Überwachung heute in­tensiver sei, gebe es noch immer Hinweise auf einen hohen Anteil dopender Leistungssportler. Allerdings kriti­sierte Krivec auch das Kontrollsystem. Da die Kontrolleure ihre Testverfahren nicht offenlegen, können beschuldigte Sportler sich nicht wirkungsvoll verteidigen. Krivec forderte, dass Kontrolllabore unabhängig arbeiten und ebenso wie Apotheken an Ringversuchen teilnehmen sollten. Außerdem können bei Tests auch falsch positive Ergebnisse ermittelt werden.

Bei der bereits praktizierten Kontrolldichte und der Zahl der identifizierten dopenden Sportler erwartet Krivec, dass zusätzliche Kontrollen zu viel mehr falsch positiven Ergebnissen führen. Die öffentlichkeitswirksame Erhöhung der Kontrolldichte sei daher aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinnvoll. Vielmehr beklagte Krivec, dass Sportler gedrängt werden, sich einem solchen Kontrollsystem zu unterwerfen, gegen das sie bei einer ­ungerechtfertigten Beschuldigung kaum vorgehen können.

Literaturtipp

Simon Krivec: Die Anwendung von anabolen-androgenen Steroiden im Leistungssport der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1960 bis 1988 unter besonderer Berücksichtigung der Leichtathletik. Dissertation Universität Hamburg 2017, Logos-Verlag Berlin, 385 S., 69,– Euro

ISBN 978-3-8325-4439-3

Aufgabe für Schwerpunkt-Apotheken

Stattdessen forderte Krivec mehr Aufklärungsarbeit gegen Doping, die bei der Jugendarbeit in Sportvereinen beginnen müsse. Dies sei auch für Apotheken eine sinnvolle Aufgabe, die zugleich eine sehr gute Kundenbindung verspreche. Er regte aus eigener Erfahrung an, Apotheken könnten sich als Schwerpunkt-Apotheken für Sportler profilieren. Diese müssen fundiert informieren können, welche Arzneimittel – auch Präparate der Selbstmedikation – zu positiven Dopingtests führen können. Dafür müssen sie die Angaben in der Arzneimitteldatenbank der NADA (www.nadamed.de) mit pharmazeutischem Sachverstand interpretieren. |

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