Management

Mischkalkulation

Schlüsselbegriffe der Apothekenführung

Hier geht es um die Rendite im Nicht-Rx-Bereich, liebe Apothekerinnen und Apotheker, und es lohnt sich, da genauer hinzuschauen. Mischkalkulation gibt es dort, wo Sie die Preise fest­legen, also wo kalkuliert wird. Das ist im Rx-Bereich nicht der Fall, und daher hat Rx nichts mit Mischkalkulation zu tun.
Foto: privat
Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim.

Bei jeder Mischkalkulation braucht es Ausgleichsnehmer und Ausgleichsgeber. Der Ausgleichsnehmer ist der Artikel, der preislich herabgesetzt wird, und die Ausgleichsgeber sorgen für die zusätzlichen Deckungsbeiträge. Im Zusammenhang mit dem ominösen „Honorargutachten“ wurde behauptet, es gebe zwischen Rx- und OTC-Bereich eine Mischkalkulation. Das trifft im engeren betriebswirtschaftlichen Sinne nicht zu: Der Rx-Bereich wird nicht vom Apothekenleiter kalkuliert – wie oben bereits festgestellt. Außerdem ist er niemals Ausgleichsgeber für den angeblich bewusst niedrig kalkulierten OTC-Bereich.

Nein – jede Warengruppe muss für sich eine vernünftige Rendite bzw. einen vernünftigen Deckungsbeitrag erwirtschaften. Daher findet Mischkalkulation immer innerhalb der Warengruppen statt. Das Prinzip der Mischkalkulation ist einfach: Es werden einige wenige Artikel preislich stark herabgesetzt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu beweisen und damit ein ­Signal für die Preiswürdigkeit der ganzen Warengruppe zu geben. Dafür werden andere Artikel der Warengruppe preislich leicht heraufgesetzt, um die „verschenkten“ Deckungsbeiträge wieder zu kompensieren. Diese Artikel werden entsprechend „Kompensations­artikel“ genannt.

Schwieriger hingegen ist die richtige Umsetzung. Dabei interessieren die drei folgenden Fragen.

Erstens: Welche Artikel eignen sich sinnvollerweise als Ausgleichsnehmer und sollten im Preis herabgesetzt werden?

Hierfür kommen Artikel infrage, welche im Preisbewusstsein der Verbraucher verankert sind und ­eine möglichst hohe Preis-Absatz-Elastizität besitzen, also bei herabgesetzten Preisen überdurchschnittlich häufig gekauft werden. Dieses sind Indikator- oder Schlüsselartikel. Mit ihnen demonstrieren Sie die Preiswürdigkeit Ihres Angebots gegenüber der Konkurrenz. Hierbei handelt es sich immer nur um einige wenige Artikel der Warengruppe. Diese Preise sollten ­signifikant herabgesetzt werden.

Und es gibt noch eine andere Gruppe von Artikeln, welche gut als Ausgleichsnehmer geeignet sind. Das sind Artikel mit einer ausgeprägten Komplementaritäts-Eigenschaft, die sogenannten Zugartikel. Beim Kauf dieser Artikel kann der Kunde angeregt werden, auch weitere Artikel der Warengruppe oder einer anderen Warengruppe zu kaufen, welche in einem Komplementaritäts-Verhältnis zu diesen Zugartikeln stehen.

Herabgesetzte Indikatorartikel sorgen für Mehrumsatz durch eine Zunahme der Kauffrequenz. Günstige Zugartikel erhöhen den Umsatz durch weitere zusätzliche Käufe.

Zweitens: Welche Artikel können Kompensationsartikel sein und im Preis heraufgesetzt werden?

Die verlorenen Deckungsbeiträge durch signifikante Preissenkungen können durch Absatzsteigerungen – also vermehrte Käufe – nicht kompensiert werden. Dies ist auch nicht erforderlich. In jeder Warengruppe gibt es Artikel, welche eine geringe Preis-Absatz-Elastizität besitzen und bei denen Preiskenntnis und Preisbewusstsein der Konsumenten nicht oder kaum ausgeprägt sind. Häufig handelt es sich hier um Produkte des persönlichen Bedarfs bzw. um apothekenexklusive Waren. Diese können durchaus im Preis heraufgesetzt werden. Daher sollten Ihre Kunden eine größere Auswahl solcher Produkte in den Warengruppen vorfinden, damit die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht wird.

Drittens und letztens: Gibt es Regeln für die Preisgestaltung?

Ja, mit der richtigen Preisgestaltung können zusätzliche Deckungsbeiträge erzielt werden. Bei der Preisgestaltung müssen Preisschwellen und die psychologische Preisstellung beachtet werden. Preisschwellen begrenzen Preis­bereiche, in denen das Preisgünstigkeits-Urteil der Konsumenten gleich ist. Wenn jedoch ein Preisbereich verlassen wird, dann kann sich das Preisurteil spontan drastisch verändern. Das können einfache Eurosprünge sein oder aber Preise im Zehnerbereich. Um den Deckungsbeitrag zu erhöhen, empfiehlt es sich, die Preisschwellen nach oben auszunutzen.

Des Weiteren werden gerade Preise psychologisch als teuer erkannt, ungerade Preise als preiswert. Bekanntlich werden die Eurobeträge vor dem Komma für das Preiswürdigkeits-Urteil herangezogen, auch wenn der Rest auf Neunundneunzig endet. Allerdings: Produkte mit einem hohen ethischen Anspruch – also apothekentypische Artikel – sollten mit „ehrlichen“ Preisen ausgezeichnet werden, und das sind in den Augen der Verbraucher gerade Preise.

Nun meine Bitte an Sie: Überprüfen Sie Ihre Mischkalkulation. Es kommt auf die richtigen Ausgleichsnehmer und Ausgleichsgeber an. Die falsche Produktauswahl kann den ganzen Effekt zunichtemachen. Und schließlich: Achten Sie auch auf die Preisstellung. Ihre Mühe wird sich lohnen! |

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