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- AZ 15/2018
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Gesundheitspolitik
BPI darf AOK kritisieren
Äußerungen zu Impfstoffvereinbarung vor Gericht
Vor wenigen Wochen sorgte die neue Impfstoff-Vereinbarung im Nordosten für Empörung in der Pharmabranche: Erstmals hatten sich die AOK Nordost und die Apothekerverbände der Region auf einen Festpreis für Vierfach-Grippe-impfstoffe geeinigt: 10,95 Euro soll es für die Apotheke geben, wenn der Arzt generisch verordnet. Sie ist also gefordert, den Impfstoff noch günstiger einzukaufen, soll etwas bei ihr hängen bleiben. Eine Tochterfirma des Berliner Apotheker-Vereins schloss mit Mylan einen Rahmenvertrag, der Apothekern einen Einkauf zu guten Konditionen ermöglicht. Andere Hersteller tetravalenter Impfstoffe könnten dem Vertrag ebenfalls beitreten – doch zu diesem Preis wollen sie das nicht.
Diese Situation führte dazu, dass der BPI die Vereinbarung zwischen AOK und Apothekerverbänden in einer Pressemitteilung scharf angriff: Mit ihr werde bestehendes Recht umgangen, das „Ausschreibungsmodell“ der Kasse widerspreche „klar den gesetzgeberischen Zielen einer stabilen Impfstoffversorgung und einer hohen Impfquote“. „Das ist falsch und fahrlässig“, hatte der stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführer Norbert Gerbsch erklärt.
All dies lief der AOK Nordost zuwider. Nicht nur, dass plötzlich eine Vereinbarung kritisiert wurde, die es in dieser Art schon seit 2011 gibt und aus Sicht der Vertragspartner „reibungslos läuft“. Der BPI hatte auch Begriffe wie „Ausschreibung“ und „Rabattvertrag“ in die Pressemitteilung gemischt, die formaljuristisch nicht zutreffend waren. Die Kasse mahnte den Verband daher ab. Als dieser keine Unterlassungserklärung abgeben wollte, beantragte die AOK eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Berlin. Vergangene Woche gab das Gericht seine Entscheidung bekannt: Es hat den Antrag der AOK abgewiesen. Nach Informationen der AZ sah das Gericht die Aussagen des BPI vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt – die Grenze der nicht mehr zulässigen Schmähkritik hielt es für nicht überschritten. Auch die terminologischen Unschärfen hielt das Gericht für letztlich nicht erheblich.
Der BPI kann nun weiter mahnen. Er ist weiterhin überzeugt, dass Vereinbarungen wie die der AOK Nordost nicht auskömmlich sind und warnt: „Hersteller, die zu diesem Preis nicht anbieten, werden dementsprechend ihre Impfstoffvorhaltung reduzieren.“ Zwar können Ärzte auch teurere Impfstoffe namentlich auf Kassenkosten verordnen. Doch hier muss zunächst eine Genehmigung der Kasse eingeholt werden. Gerbsch hält Festpreise zudem schlicht für nicht nötig. Das Sozialgesetzbuch V sorge mit anderen Instrumenten bereits für ausreichend Einsparungen – insbesondere über den mittleren europäischen Abgabepreis, der zu Abschlägen auf den Abgabepreis führt. Dieses Modell funktioniere, sagte Gerbsch gegenüber der AZ. |
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