Gesundheitspolitik

Brisante Dokumente unter der Lupe

Weitere Zeugenaussagen im „Datenklau“-Prozess

BERLIN (ks) | Im Strafprozess um den „Datenklau“ aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde vergangenen Dienstag weiterverhandelt. Unter anderem ging es um die Frage, wie brisant Dokumente sind oder waren, die beim angeklagten Apotheke-Adhoc-Herausgeber Thomas Bellartz sichergestellt wurden. Zudem war der polizei­liche Chefermittler ein zweites Mal als Zeuge erschienen.

Der frühere ABDA-Pressesprecher Bellartz und der Systemadminis­trator Christoph H. sind angeklagt, zwischen Anfang 2009 und Ende 2012 Daten aus dem BMG ausgespäht zu haben. Bellartz soll laut Anklage in 40 Fällen für von H. aus dem BMG beschaffte Daten­pakete – Mails aus dem Apotheken-Fachreferat und von Staats­sekretären – jeweils Geldbeträge zwischen 400 und 1000 Euro gezahlt haben. Die Verteidiger der beiden Angeklagten sind überzeugt, dass sich ihre Mandanten nicht strafbar gemacht haben – schon weil H. als seinerzeit externer Systemadministrator des BMG ohne Schwierigkeiten Zugriff auf die offenbar kaum bis gar nicht gesicherten E-Mail-Postfächer hatte. Bellartz‘ Anwalt Carsten Wegner betont überdies immer wieder die Rolle seines Mandanten als Journalist. Er werde offenbar anders behandelt als andere Journalisten größerer Medien, die seiner Auffassung nach in der Causa Bellartz von den Ermittlungsbehörden ­Informationen „durchgestochen“ bekommen haben, was jedoch nicht verfolgt werde. Die bisherigen Aussagen von ABDA-Mitarbeitern sowie dem früheren ABDA-Präsidenten Heinz-Günter Wolf zeigen aus Sicht des Anwalts, dass die ABDA jedenfalls keine internen Informationen über H. und Bellartz erhalten habe.

Nicht für die Öffentlichkeit bestimmt

Bei der ersten Zeugenvernehmung am 24. April ging es allerdings um zehn Dokumente, die die Polizei im Herbst 2012 bei Bellartz sichergestellt hatte. Ein früher im BMG beschäftigter Ministerial­direktor sollte vor Gericht erklären, von welcher Relevanz diese sind. Der Jurist war zum Zeitpunkt der Ermittlungen im Jahr 2012 als Stabsleiter unter anderem verantwortlich für den Bereich Recht und in dieser Funktion bereits um eine Beurteilung gebeten worden. Der Zeuge betonte, dass er die Dokumente inhaltlich nicht bewerten könne. Eine politische Einordnung sei ihm aber durchaus möglich. „Keins der Papiere war für die Öffentlichkeit bestimmt. Sie dienten der internen Willensbildung. Wenn es rausgeht, ist es blöd“, fasste er seine Einschätzung zusammen. Dabei waren die Dokumente durchaus unterschiedlicher Art. So ging es etwa um einen internen Schriftverkehr zwischen BMG und Bundesjustizministerium zum Thema Pick up oder die Bewertung von Verbandspositionen, die nach Auffassung des Zeugen keinesfalls nach außen dringen sollten. „Dann ist die Hölle los“, sagte er. Andere Dokumente hatten einen weiteren Adressatenkreis, etwa alle Abgeordneten einer Fraktion.

Als zweiter Zeuge war erneut der Kriminaloberkommissar geladen, dessen Befragung schon am Verhandlungstag zuvor begonnen hatte. Der Verteidigung war dabei sauer aufgestoßen, dass der leitende Ermittler aus E-Mails zitierte, die sich nicht in den Gerichtsakten befanden. Wegner hatte eine Aktenvollständigkeitserklärung von der Staatsanwaltschaft verlangt und der Vorsitzende Richter den Polizeibeamten aufgefordert, zum Termin in der vergangenen Woche alle noch vorhandenen Mails zur Verfügung zu stellen. Der Zeuge brachte diesmal einen Datenträger mit, der Staatsanwalt gab eine Erklärung ab, dass alle verfahrensbezogenen Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft von der Polizei bekommen habe, an das Gericht weitergeleitet worden seien.

Der Ermittler wurde dann zu verschiedenen Punkten befragt. Etwa zur ersten Vernehmung von H. Aber auch zu der von H.’s Ex-Frau und deren neuen Lebenspartner Dirk S., der dem BMG den anonymen Hinweis auf den „Datenklau“ gegeben hatte. Diese beiden haben auch im Gerichtsverfahren bereits als Zeugen ausgesagt. In der Befragung des Polizisten ging es um die Herkunft des bei H. sichergestellten Bargeldes, um Bankkonten und Einzahlungszeitpunkte – und um die Motivation, die Ermittlungen gegen H. ins Rollen zu bringen.

Geld für den anonymen Tipp?

Im Zusammenhang mit Letzterem zeigte sich, dass das BMG dem Tippgeber Geld für seine Hinweise in Aussicht gestellt hat. Zuvor hatte der Zeuge Dirk S., dessen Identität die Polizei mittlerweile festgestellt hatte, den leitenden Ermittler um Vertraulichkeit und Geld ge­beten. Das BMG wollte daraufhin von dem Polizisten wissen, ob die Qualität der Hinweise eine Summe von 8000 oder 9000 Euro recht­fertige. Der Polizeibeamte wurde zu seinem Missfallen zu einem Mittler in dieser Angelegenheit. „Ich wollte mich da möglichst raus­halten, stand aber zwischen Baum und Borke – und das nicht das ­erste Mal in diesem Verfahren“, sagte der Zeuge. Er riet dem BMG, die Belohnung nur nach Abschluss des Strafverfahrens zu zahlen. Möglicherweise muss der Polizist ein weiteres Mal vor Gericht erscheinen. Der Prozess wird am 4. Mai fortgesetzt. |

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