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Management
Die Freundlichkeit in Person
Im Team Standards für den Umgang mit Kunden erarbeiten
Gehen Sie auf Reisen auch gerne mal in eine Apotheke und beobachten das Geschehen um sich herum, während Sie Bonbons aussuchen? Wie agieren die Kolleginnen*, kann ich mir etwas abschauen oder bekomme ich eher einen negativen Eindruck? Hier öffnet sich eine ganze Welt von Möglichkeiten und Anregungen. Natürlich sind wir höflich und freundlich unseren Kunden gegenüber, das ist klar. Es gibt aber Abstufungen.
Da ist die Kollegin, die den Kopf voll hat mit den Arbeiten abseits vom HV, sie will „nur mal eben schnell“ zwei Kunden „abfertigen“, bevor sie sich wieder ihren so empfundenen „eigentlichen Aufgaben“ zuwendet. Das mag bei der Chefin die Buchführung und bei der PTA die Rezeptur sein, jeder in der Apotheke hat eine innere Liste von Unerledigtem. Dann wird hastig gearbeitet und nur das Allernötigste gesprochen – kein Lächeln, keine Offenheit für Fragen, keine Tipps. „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“.
Mir geht es hier nicht um Beratung, das klappt meist gut, sondern um die Kleinigkeiten wie sich bedanken, einen Hersteller ohne Zuzahlung raussuchen, den Kunden („Was macht die da eigentlich die ganze Zeit?“) am Geschehen teilhaben lassen und vieles mehr. Das sind für manche von uns Selbstverständlichkeiten, aber längst nicht für alle. Genau hier kommt der Gedanke der „Standardisierung“ ins Spiel. Ergibt es Sinn, sich zusammenzusetzen und eine Liste aufzustellen, was grundsätzlich gesagt und getan werden sollte über die Basisfreundlichkeit hinaus? Geht es überhaupt um Freundlichkeit oder sollte man es eher umfassenden Service nennen oder Dienst am Kunden? Freundlichkeit ist eher ein Gefühl, es gibt die professionelle Freundlichkeit und die, die sich aus einer positiven eigenen warmen und liebevollen Stimmung speist und nach außen leuchtet. Erstere können wir alle abrufen, Letztere ist nicht immer da, aber man kann daran arbeiten.
Freundlichkeit ist mehr wert, als sie kostet.
Fred Ammon
Die Autoren und Kollegen Michaela Beer und Roland Rutschke sprechen von „eingefahrenen Kommunikationsmustern“, die dazu führen, dass es uns im Team gar nicht mehr bewusst ist, wie wir die Kunden ansprechen.
Ist das ein Thema für uns?
Inwieweit arbeiten Sie in der Apotheke zusammen und geben sich gegenseitig Anregungen, Feedback und diskutieren über Verbesserungen? Arbeitet jede Kollegin für sich oder gibt es Austausch? Zwei Möglichkeiten: Jede versucht servicefreundlich zu sein, wie es ihr gegeben ist, oder alle legen zusammen und setzen bestimmte Standards, denen jede folgt.
Sammeln und Teilen
Entscheidet sich das Team für eine Standardisierung, sammelt jeder Ideen und schreibt diese auf, daraus wird ein Katalog erstellt. Die einzelnen Stationen sind Begrüßung, Verabschiedung, alles dazwischen, die Einrichtung, insbesondere das Licht und Stolperfallen in Form von Aufstellern und dergleichen. Hinzu kommen Dinge wie eine leserliche Beschriftung der Rezepturen, Lieferservice und anderes, was nicht direkt im HV geschieht. Von der Apothekenleitung über die PKAs bis zur Reinigungskraft dürfen sich alle beteiligen, jede Spürnase aus ihrer Perspektive.
Wie weit ins Detail gehen? Solange trotz tausendfacher Ermahnung immer noch ein „Das muss ich Ihnen bestellen, ist erst morgen da!“ zu hören ist, erscheinen Formulierungsvorschläge sinnvoll. Dann drücken sich zwar fast alle gleich aus, aber wenigstens auf eine angenehme Weise. Allerbeste Tipps für das Generieren und Ausarbeiten von Ideen bietet der Unternehmensberater Kevin Duncan in seinem Methodenratgeber „Das Buch der Ideen“.
Ein paar einfache Anregungen
Bringen Sie einen gebrechlichen Kunden unterstützend bis zur Tür, anstatt ihn sich alleine an Schütte und Aufsteller entlang hangeln zu lassen und derweil den nächsten Kunden anzunehmen. Bieten Sie Zeitungen, Broschüren, DVDs aktiv an, statt sie nur in irgendeinem Winkel herumliegen zu lassen. Das geht entweder pauschal oder auf die Krankheit des Kunden bezogen. Dieser ist durchaus beeindruckt, wenn Sie ihn darauf aufmerksam machen, dass gerade jetzt in der Kundenzeitschrift ein Beitrag zu seiner Krankheit zu lesen ist. Halten Sie kleine, selbst erstellte oder kopierte Tipps, aber auch Industriebroschüren zu verschiedenen Themen, z. B. Läuse oder Arthrose, bereit.
Erkundigen Sie sich nach einer Beratung, welche Fragen nun noch offen sind, und regen Sie an, bei später auftauchenden Unklarheiten telefonisch Auskunft zu geben. Sehr weitgehend ist das Angebot, von sich aus nach einem Tag beim Kunden anzurufen und zu fragen, wie er mit der Einnahme zurechtkommt. Das sollte Spezialfällen vorbehalten bleiben: besonders komplizierte Handhabung des Arzneimittels, motorisches Handicap des Patienten und dergleichen.
Steht Ihre Telefonnummer auf dem Bon? Gibt es dort auch ein „Danke für Ihren Besuch!“ oder „Kiek mol wedder in!“?
Wenn Sie pflanzliche Arzneimittel verkaufen, machen Sie auf die Erstattungsmöglichkeit durch einige Krankenkassen aufmerksam, der Kunde braucht hierfür ein grünes Rezept und meist ist die Rückzahlung auf 100 Euro pro Jahr beschränkt. Zu denen können wir unseren Kunden aber immerhin verhelfen.
Einige Firmen senden reichlich Proben. Lassen Sie diese nicht in irgendeiner Ecke verfallen, sondern geben Sie sie als „kleine Aufmerksamkeit“ mit. (Über den zielsicheren Einsatz von Proben informiert Sie der Beitrag „Zugaben und Proben – Sinnvoll oder überflüssig“ in AZ 2017, Nr. 48, S. 6). Auch in die Schickertüten gehört ein kleines Muster, zur Not ein Traubenzucker als Gruß und – natürlich – Ihre Visitenkarte mit dem Angebot: „Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an …“ Gar nicht so selten ist es übrigens, dass die Kunden mit dem leeren Tütchen kommen und nun ein Original des Musters kaufen wollen.
Als Kunde ist mir unechte Freundlichkeit lieber als echte Unfreundlichkeit.
Edith Nebel
Ein Rezept ist falsch ausgestellt? Rufen Sie beim Arzt an oder schicken Sie den Kunden wieder in die Praxis? Einigen Sie sich im Team auf eine einheitliche Vorgehensweise. Normalerweise ist Differenzierung nötig: Ein Rezept, das aus Versehen in der Praxis dem falschen Patienten in die Hand gedrückt wurde, sollte von ihm umgetauscht werden. Handelt es sich dagegen nur um die Packungsgröße oder erzählt der Kunde erst bei uns, dass er umgezogen ist, reicht in der ersten Runde eine telefonische Rücksprache mit dem Arzt. Das Ganze hängt natürlich auch davon ab, ob sich die Arztpraxis um die Ecke befindet oder 20 km entfernt ist.
Tue Gutes und rede darüber
Benennen Sie Ihre Gefälligkeiten, damit Ihr Gegenüber auch merkt, wie Sie sich ins Zeug legen: „Ich suche Ihnen einen Hersteller raus, bei dem Sie nichts zuzahlen müssen!“ oder „Ich schau noch mal eben, ob sich Ihr neues Medikament mit den anderen Mitteln verträgt, die hier bei Ihnen gespeichert sind“.
Wenn wir herausfinden, woran einzelnen Kunden besonders gelegen ist, gehen wir möglichst darauf ein. Das kann eine spezielle Kundenzeitung sein, die wir zurücklegen oder bei Gelegenheit dem Stammkunden in den Briefkasten werfen, z. B. wenn der Bote etwas im Nachbarhaus abzuliefern hat. Oder wenn uns bekannt ist, dass jemand immer wieder Schwierigkeiten mit gesicherten Verschlüssen, harten Blistern oder anderen Verpackungen hat, helfen wir von uns aus, ohne dass der Kunde immer wieder darum bitten muss – das ist für uns eine Kleinigkeit, für unser Gegenüber eine sehr nette Geste. Um Wünsche von den Augen abzulesen brauchen wir Offenheit, Aufmerksamkeit, Respekt und die Gabe, gut zuzuhören.
Schauen Sie nicht stumm oder gar ungeduldig zu, wenn Ihr Kunde extra Kleingeld für Sie heraussucht, sondern bemerken Sie: „Danke, das ist nett, das Sie sich die Mühe mit dem Kleingeld machen, ich kann es gut gebrauchen!“ Zu unterlassen ist auch der Blick auf das eigene Smartphone, während der Kunde seines befragt, seinen Einkaufszettel studiert oder sich die Nase putzt.
Anreize für die Umgewöhnung
Wir nehmen uns normalerweise viel vor, setzen aber wenig um. Bleiben Sie dran und bestärken Sie sich gegenseitig. Wenn jeder im Team einverstanden ist, wird für „Versprecher“ wie „Das muss ich ihnen bestellen …“ ein kleiner Obolus bezahlt und alle gehen dann zusammen vom Ersparten essen. Machen Sie sich gegenseitig auf ge- und missglückte Formulierungen aufmerksam, wecken Sie die Jägerin in sich und nehmen es als sportliche Herausforderung. Dabei sollten Sie ungünstiges Verhalten der Kolleginnen am besten zeitnah ansprechen, damit noch gegenwärtig ist, welche Situation Sie meinen. Ist die Chefin selten im HV, wird sie vermutlich länger brauchen, um sich umzustellen, und darf dann mehr einzahlen.
Denken Sie sich ein paar Modelle für die Erleichterung der Umsetzung aus, es ist schade, wenn Sie sich so viel Gutes ausdenken, hier viel Elan hineinsetzen und dann das Ganze wieder vergessen. |
* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.
Literatur
M. Beer, R. Rutschke
Kommunikation - Erfolgsfaktor in der Apotheke.
Springer Verlag,
ISBN 978-3-6421-7159-8
K. Duncan
Das Buch der Ideen – 50 Wege, um Ideen effizient zu produzieren.
Midas Verlag,
ISBN: 978-3-9071-0062-2
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