Prisma

Der Fluch der bösen Tat

Gewalt an Schwangeren hinterlässt Spuren an den Enkeln

cae | Pränataler Stress verursacht epigenetische Veränderungen, die die Betroffenen an ihre eigenen Kinder vererben. Dieses schon häufig beschriebene Phänomen wurde jetzt in einer Studie über Gewalt­erfahrungen von Schwangeren und deren epigenetische Auswirkungen auf die Töchter und Enkel bestätigt.
Foto: diego cervo – stock.adobe.com
Schwere Misshandlungen einer Schwangeren wirken sich auf das Erbgut ihrer Töchter und Enkel aus.

Eine Drei-Generationen-Studie in einer Ortschaft des brasilianischen Bundesstaats Rio de Janeiro verglich bei 121 Kindern und Jugendlichen (8 bis 18 Jahre alt) sowie ihren Großmüttern die Methylierungsmuster an fünf CpG-Orten der DNA. Bei CpG handelt es sich um Dinucleotide mit je einer Base Cytosin und Guanin (p bedeutet die verbindende Phosphorsäure). Das in sogenannten CpG-Inseln gehäuft auftretende CpG-Motiv unterscheidet sich von anderen Zwei-Basen-Sequenzmotiven dadurch, dass es relativ einfach methyliert und demethyliert wird. Dabei hat ein geringerer Methylierungsgrad eine stärkere Expression der benachbarten Gene zur Folge. Die Methylierung dient also der Genregulation, und weil sie nicht im Genom festgelegt ist, wird sie als epigenetisch bezeichnet. Ziel der aktuellen Studie war es, herauszufinden, ob sich die Gewalterfahrungen der Schwangeren an deren Enkeln (Tochterkindern) epigenetisch ausgewirkt haben. Dies war eindeutig der Fall, wie die genetischen Untersuchungen der Speichelproben aller Studienteilnehmer ergaben.

51 der 121 Großmütter (42%) hatten als Schwangere vonseiten ihrer Intimpartner oder in ihrer häuslichen Umgebung und Nachbarschaft schwere Misshandlungen erlitten. Die dadurch ausgelösten Stressreaktionen beeinflussten die ungeborenen Töchter derart, dass bei den Kindern, die diese Töchter später geboren hatten, eine geringere Methylierung der CpG-Orte in der Nachbarschaft von fünf bestimmten Genen auftrat. Relevant sind hier vor allem drei Gene, weil deren Überexpression gesundheitliche Schäden zur Folge haben kann:

  • BARX1 → Beeinträchtigung der normalen Entwicklung des Embryos;
  • CFTR → Depressionen und verschiedene organische Schäden;
  • CORIN → Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Über psychische Auswirkungen epi­genetischer Veränderungen (wie hier beim CFTR) ist bisher wenig bekannt, weil die meisten Erkenntnisse zur Epigenetik auf Tierversuchen beruhen, in denen die Auswirkungen auf Körperfunktionen anhand einschlägiger Parameter gemessen wurden. Die Autoren vermuten, dass viele Psychopathien epigenetisch bedingt sind. |

Quelle

Serpeloni F et al. Grandmaternal stress during pregnancy and DNA methylation of the third generation: an epigenome-wide association study. Transl Psychiatry 2017:7;e1202

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