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Schwerpunkt Filialapotheken
Ein eigener Tarif?
Das wünschen sich Filialleiter von Adexa
Die Möglichkeit, Filialen zu gründen, und damit verbunden auch die Verpflichtung, Filialleiter einzusetzen, gibt es seit Anfang 2004. Seit diesem Zeitpunkt wenden sich Filialapothekenleiter mit ihren Fragen und Problemen, die sich übrigens im Laufe der Zeit nicht wesentlich verändert haben, an die gewerkschaftliche Rechtsberatung.
Allerdings rückt die Berufsgruppe der Filialapothekenleiter immer stärker in den Fokus der pharmazeutischen Fachöffentlichkeit. Dies sieht man unter anderem an der Serie „Filiale im Fokus“ in der Apotheker Zeitung 2017/ 2018 und am Filialleitertag auf der diesjährigen Interpharm. Entsprechend werden auch die Anfragen in der Adexa-Rechtsabteilung immer zahlreicher. Kein Wunder, ist doch die Zahl der Filialapotheken in den letzten zehn Jahren von 1796 (2006) auf 4416 (2016) gestiegen.
Einsatz im Bereitschaftsdienst
Viele Filialleiter sind unsicher, was ihren Einsatz und vor allem die Einsatzhäufigkeit im Bereitschaftsdienst betrifft. Nach außen sind sie die Leitung der Filialapotheke und dafür verantwortlich, dass die Filiale auch während des Notdienstes ordnungsgemäß besetzt ist. Gleichzeitig haben die wenigsten Filialapotheker das vertraglich eingeräumte Recht, Personal einzustellen. Wenn daher nicht genügend vertretungsberechtigtes und damit auch notdienstberechtigtes Personal (§ 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 5 und 6 ApBetrO) in der Apotheke oder dem Filialverbund angestellt ist, hat es die Filialleitung schwer, die Apotheke ordnungsgemäß zu leiten, sofern sie nicht bereit ist, alle übrigen Notdienste selber zu leisten. Eine tarifrechtliche Verpflichtung hierzu besteht nicht: Gemäß Bundesrahmentarifvertrag kann von dem einzelnen Diensttuenden höchstens die Hälfte der von der Apotheke zu leistenden Dienste verlangt werden (§ 5 Nr. 4 BRTV/RTV Nordrhein).
Wer sich also als Filialleitung darauf einlässt, mehr als die Hälfte der Dienste zu leisten, sollte dafür eine angemessene Vergütung mit der Leitung der Hauptapotheke aushandeln. Dabei ist zu beachten, dass sich selbstverständlich auch die tarifliche Regelung, wonach mit einem Gehalt, das um 13 Prozent über dem Tarifgehalt liegt, die zu leistenden Dienste bereits abgegolten sind, nur auf maximal die Hälfte der Dienste bezieht. Es muss also darauf geachtet werden, dass bei Gesamtbetrachtung der geleisteten Stunden (also auch der Notdienststunden) insgesamt die tarifliche Vergütung nicht unterschritten wird.
Welche Vergütung ist angemessen?
Im Zusammenhang mit der Vergütung stellen Filialleiter auch ganz grundsätzlich die Frage, wie viel ihnen hier zusteht bzw. welche Forderung angemessen ist.
In Gesprächen mit Filialleitern und mit Mitgliedern der Adexa-Arbeitsgruppe „Filialapotheker“ wurde immer wieder die Forderung an die Adexa-Tarifkommission herangetragen, eine eigene Vergütungsgruppe im Gehaltstarifvertrag für Filialapotheker zu schaffen. Diese tarifliche Eingruppierung soll Gegenstand der nächsten Tarifverhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden werden.
Zu einigen bereits online geäußerten, kritischen Kommentaren von Inhaberseite zu einem Filialleitertarif sei hier angemerkt: Diese Eingruppierung soll natürlich nicht dazu dienen, alle Filialapotheker „über einen Kamm zu scheren“. Das ist auch bei den anderen Berufsgruppen im Gehaltstarif nicht der Fall. (Und tatsächlich fordert Adexa ja auch schon seit geraumer Zeit bei den anderen Berufsgruppen, besondere Qualifikationen tariflich zu vergüten.)
Ein Tarifgehalt – sei es für Filialleiter, angestellte Apotheker oder andere Apothekenberufe – ist immer als Mindeststandard zu sehen, der beiden Seiten eine Orientierung gibt und im schlimmsten Fall Dumpinglöhne verhindern soll. Er lässt darüber hinaus für beide Seiten die Möglichkeit offen, im Arbeitsvertrag flexible Vereinbarungen zu treffen, die den Filialleiter aber nicht schlechter stellen als das, was die Tarifpartner vereinbart haben.
Fakt ist: Viele junge Approbierte können vor dem Start ihrer ersten Filialleitung nur schwer beurteilen, was genau auf sie zukommt. Ohne einen Filialleitertarif sind sie in einer schwachen Verhandlungsposition, die in der Konsequenz keinen gelungenen Einstieg in diese verantwortungsvolle Aufgabe bieten dürfte. Deshalb wäre es gerade auch für sie sinnvoll und hilfreich, wenn sie sich auf ein Regelwerk verlassen könnten, das von den Tarifpartnern ausgearbeitet wurde.
Auswirkungen der Personalknappheit
Bei Gehaltsverhandlungen kann die derzeit herrschende Personalknappheit beim pharmazeutischen Personal ein Verhandlungsvorteil für Filialleiter sein. Ein Nachteil ist sie für diese aber oft im Hinblick auf die Arbeitsbelastung. Auch für Filialapotheker gilt ja das Arbeitszeitgesetz, wonach eine tägliche Arbeitszeit von höchstens acht bzw. in Ausnahmefällen von zehn Stunden eingehalten werden muss. Von vielen Filialleitern wird – wie von anderen Approbierten übrigens auch – erwartet, dass sie ihre Mittagspause in der Apotheke verbringen. Nach dem Arbeitszeitgesetz muss allerdings nach sechs Stunden ununterbrochener Arbeit eine Pause von 30 Minuten gewährt werden. Pause bedeutet dabei, dass ein Mitarbeiter machen kann, was er oder sie möchte. Sofern eine Verpflichtung zum Verbleib in der Apotheke besteht, ist rechtlich keine ordnungsgemäße Pause gewährt.
Um der Situation und den besonderen Anforderungen an die Apotheken gerecht zu werden, haben die Tarifvertragsparteien ADA und Adexa eine Regelung in den Bundesrahmentarifvertrag aufgenommen, wonach dies ausnahmsweise zulässig sein kann (§ 3 Abs. 2 BRTV). In jedem Fall muss diese Pause dann aber auch vergütet werden, also als Arbeitszeit angerechnet.
Für einige Filialapotheker kann die Arbeitsbelastung dadurch sehr hoch, vielleicht sogar zu hoch werden. Dies gilt gerade dann, wenn sich noch ein Bereitschaftsdienst anschließt. Auch hier sollte man über tarifvertragliche Höchstgrenzen oder entsprechend vergütete Freistellung für die Ruhezeiten nachdenken. |
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