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Keine Rechnung offen
Phagro-Geschäftsführerin sagt erneut im Datenklau-Prozess aus
Bellartz‘ Verteidiger hatte Sickendiek vorgeworfen, bei ihrer ersten Aussage gelogen zu haben und sich bei seinem Mandanten sowie Apotheke-Adhoc-Chefredakteur Alexander Müller für deren kritische Berichterstattung zum Großhandel rächen zu wollen. Doch die Zeugin bestritt bei ihrem zweiten Auftritt vor dem Berliner Landgericht, eine offene Rechnung mit Bellartz zu haben. Ohnehin sei sie nicht nachtragend – und Bellartz „als Person nicht wichtig genug“. Auch mit Blick auf Müller sagte sie, sie habe keinen Anlass, jemand anzuschwärzen.
Klären ließ sich die Verwirrung um einen Termin im August 2010 im BMG, zu dem es widersprüchliche Zeugenaussagen seitens Frau Sickendiek und einem BMG-Mitarbeiter gab: Dieses war zunächst für den 3. August geplant, wurde später jedoch auf den Folgetag verschoben – was sich anhand einer Reisekostenabrechnung nun nachvollziehen ließ.
Was die in der ersten Befragung unerwartet von Bellartz‘ Anwalt angesprochenen Kartellverfahren gegen Phagro-Mitglieder betrifft, erklärte Sickendiek, sie habe nicht gedacht, dass sie über ihr bekannte Presseberichte aussagen müsste. Sie hatte nur ein Verfahren in den 1980er Jahren erwähnt, nicht aber weitere nach der Jahrtausendwende. „Aus eigener Wahrnehmung“ könne sie zu diesen Verfahren nichts sagen, sagte Sickendiek. Sie habe über diese nur aus der Presse erfahren. Beruflich habe sie mit den Ermittlungen der Wettbewerbsbehörden nichts zu tun gehabt.
Der Verteidiger von Bellartz befragte die Zeugin zudem zu einem Ordner, der beim Phagro kürzlich wieder aufgefunden wurde. In diesem soll sich auch ein unautorisierter Entwurf der Apothekenbetriebsordnung befinden. Etwas Dramatik kam im Gerichtssaal auf, als das Gericht bekanntgab, einen Polizisten zum Phagro geschickt zu haben, um den Ordner in Gewahrsam zu nehmen.
Der zweite Zeuge, der IT-Referatsleiter im BMG, sagte zu den Telefonaten mit dem neuen Lebenspartner von H.‘s Ex-Frau aus. Dieser hatte das Ministerium seinerzeit anonym informiert, „dass jemand Daten von uns abfließen lässt“, so der Zeuge – und zwar für jeweils einige hundert Euro. Seine Erinnerungen an die Telefonate im Jahr 2012 waren allerdings schwach. So sagte er, der Informant habe nicht genannt, an wen die Daten geflossen seien. Später las der Vorsitzende Richter dem Zeugen aus dessen polizeilicher Vernehmung vor, dass schon im ersten Telefonat die Weitergabe an Bellartz und die ABDA genannt worden sei. „Wenn ich das damals gesagt habe, wird das stimmen“, erklärte der Zeuge.
Am 23. März wird der Prozess fortgesetzt. Der Vorsitzende Richter kündigte an, dass es ein Rechtsgespräch geben wird. Das Verfahren könnte sich noch bis in den Juli ziehen. |
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