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Arzneimittel und Therapie
Ein klinisch wenig hilfreiches Manöver
Ein Gastkommentar von Prof. Dr. Andreas Wiedemann
Es ist ein sich häufig wiederholender Mechanismus: Kurz vor Patentablauf wird eine Variante der Originalsubstanz zugelassen, um vorübergehend einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. So erinnern sich ältere Urologen noch an die Geschichte von Fesoterodin (Toviaz®), einem Metaboliten von Tolterodin (Detrusitol®), der vor einigen Jahren unter diesen Umständen auf den Markt gelangte. Aktuell scheint sich diese Historie zu wiederholen. Desfesoterodin (Tovedeso®), ein Metabolit des Fesoterodins, wurde von Ratiopharm auf den Markt gebracht. Der Hersteller umgeht damit zunächst vorübergehend die Einordnung in die Festbetragsregelung und unterbietet den Preis von Fesoterodin, das momentan nicht an der Festbetragsregelung teilnimmt und deswegen mit hohen Eigenanteilen des Patienten verbunden ist. Zu vermuten ist, dass mit diesem Manöver Fesoterodin zum Festbetrag-ähnlichen Preis auf den Markt kommen soll. Dies könnte – so vermutlich das Kalkül – die Marktchancen der Substanz verbessern.
Ob jedoch Desfesoterodin pharmakologische Vorteile für den von einer überaktiven Blase betroffenen Patienten bietet, darf bezweifelt werden: Wie bei Fesoterodin handelt es sich um eine ZNS-gängige, lipophile, über Cytochrome abzubauende Substanz, die zu kognitiven Störungen bis hin zu Delirien bei vulnerablen Patienten führen kann. Sowohl bei Fesoterodin als auch bei Desfesoterodin muss in einer Art „Schachbrettdiagramm“ die Dosierung an die Nieren- und Leberfunktion sowie die Komedikation mit Cytochrominduktoren und -inhibitoren angepasst werden.
Als Ausweg aus diesem Dilemma bietet sich seit Jahrzehnten Trospiumchlorid an, eine hydrophile und damit nicht ZNS-gängige Substanz ohne Cytochrom-Interaktionen. Besonders die teilbare 45-mg-Tablette bietet eine für jeden Patienten adjustierbare, variable Dosierung. Auch die Einhaltung des sicher sinnvollen gerontopharmakologischen Grundsatzes „start low, go slow“ ist möglich.
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