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Grenzenlos erreichbar?
Nummer vom Privathandy ist tabu
Muss ein Arbeitnehmer zur Absicherung eines Notfalldienstes außerhalb einer Rufbereitschaft seine private Mobilfunknummer herausgeben? Nein, hat jetzt das Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) geurteilt.
Konkret ging es um einen kommunalen Arbeitgeber, den Landkreis Greiz, der sein Rufbereitschaftssystem umgestellt hatte. Um die betreffenden Mitarbeiter im Notfall auch außerhalb ihres Bereitschaftsdienstes erreichen zu können, sollten diese die Nummern ihrer Privathandys mitteilen. Bis dahin war es üblich, dass lediglich die privaten Festnetznummern angegeben wurden. Als sich die Arbeitnehmer weigerten, ihre mobilen Nummern herauszugeben, wurden sie vom Arbeitgeber abgemahnt. Dagegen hatten sie sich beim Arbeitsgericht Gera mit Erfolg zur Wehr gesetzt; der Landkreis legte jedoch Berufung ein. Nun hat das LAG das Urteil der Vorinstanz bestätigt, dass die Abmahnungen aus den Personalakten zu entfernen sind.
Urteilsbegründung
Ein möglicher Anspruch des Arbeitgebers sei durch das Thüringer Landesdatenschutzgesetz begrenzt, so die Begründung des LAG. Die Herausgabe der privaten Handynummer sei ein besonders tiefer Eingriff in die persönliche Sphäre des Mitarbeiters. Dem stehe kein überwiegendes, berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gegenüber, das diesen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung rechtfertigt. Der Landkreis habe die Systemänderung selbst herbeigeführt und könne sich anders gegen Notfälle absichern.
Für die betroffenen Arbeitnehmer entstünde, so das LAG, aufgrund der ständigen Erreichbarkeit ein Rechtfertigungsdruck, dem sie sich nicht mehr entziehen und so nicht zur Ruhe kommen könnten. Auf die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich kontaktiert und im Notfall herangezogen zu werden, komme es dabei nicht an, so die Erfurter Richter.
Keine Revision möglich
Das Thüringer LAG hat gegen sein Urteil keine Revision zugelassen, weil die zugrunde liegende Rechtsfrage – sprich die Abwägung von informationeller Selbstbestimmung und einem entgegenstehenden, berechtigten Interesse – bereits geklärt sei.
„Grenzen sind sinnvoll und nötig“
ADEXA-Vorstand Tanja Kratt begrüßt das Erfurter Urteil: „Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit drohen immer mehr zu verschwimmen. Da ist es gut, wenn die Arbeitsgerichte aufzeigen, wo aus daten- und arbeitsschutzrechtlichen Gründen Schluss sein muss mit der uneingeschränkten Erreichbarkeit. Und Arbeitnehmer sollten aus Eigeninteresse aufpassen, dass sie nicht gesundheitlich und seelisch Schaden nehmen, und rechtzeitig klar Nein sagen, wenn sie überall – beispielsweise auch im Urlaub – per privatem Handy kontaktierbar sein sollen.“ |
Quelle
Thüringer Landesarbeitsgericht, Urteil vom 16.05.2018, Az.: 6 Sa 442 / 17 und 6 Sa 444 /17; Vorinstanz: Arbeitsgericht Gera, Az.: 5 Ca 163 /17 und 5 Ca 125/17
Medieninformation 3/18 des Thüringer Landesarbeitsgerichtes, www.Haufe.de
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