Foto: grafikplusfoto – stock.adobe.com

Berufspolitik

Weitgehend ergebnislos

Die Anträge vom Apothekertag 2017

Die ABDA berichtet alljährlich im Frühsommer, wie sie mit den Anträgen des Deutschen Apothekertages vom Vorjahr umgegangen ist und was dabei erreicht wurde. In diesem Jahr ergeben sich kaum greifbare Ergebnisse. Über viele Anträge wurde nur diskutiert, doch sogar die dabei gewonnenen Erkenntnisse bleiben vielfach offen. Hier werden die Antworten der ABDA dargestellt und zusätzlich einige Hintergründe analysiert und bewertet. | Von Thomas Müller-Bohn

Der alljährlich von der ABDA erstellte Bericht zu den Apothekertagsanträgen des Vorjahres dient ABDA-intern als Arbeitsgrundlage, auch für weitere Entscheidungen zu einigen Anträgen. Da die ABDA diese Ergebnisse nicht der Berufsöffentlichkeit präsentiert, berichtet die DAZ regel­mäßig über die Vorlage, die die ABDA für die Mitglieder­versammlung erstellt. Die Mitgliederversammlung findet in diesem Jahr am 28. Juni statt.

Vorgetragen oder nur diskutiert?

Da die ABDA selbst keine zusammenfassende Bewertung der Erfolge oder Misserfolge vornimmt, hat der Autor vor zwei Jahren ein Klassifikationsschema für den Bearbeitungsstand der Anträge entwickelt. In diesem Jahr fällt es allerdings schwer, dieses Schema wieder anzuwenden. Denn von wenigen Ausnahmen abgesehen, wird diesmal nur vermeldet, welche Gespräche über die Inhalte geführt wurden. Das würde vier Kategorien ergeben, deren Zuschnitt an der Grenze zur Satire liegt: das Thema wurde gemeinsam mit anderen Organisationen bearbeitet, wurde bei einer zuständigen Institution vorgetragen, soll bei Gelegenheit vorgetragen werden oder wurde intern diskutiert.

Ob eine solche Gliederung zielführend ist, erscheint fraglich. Denn die Antragsteller dürften primär an Resultaten interessiert sein. Doch nur zu wenigen Anträgen berichtet die ABDA über Ergebnisse und erst recht nicht über Erfolge. Dabei ist zu bedenken, dass es hier nicht um eine Bewertung durch externe Kritiker geht, sondern nur um den Bearbeitungsstand, wie ihn die ABDA selbst einschätzt.

Mehr Personal

Bemerkenswert erscheint, dass die greifbarsten Ergebnisse in der Ausdehnung der Arbeit und der dazugehörigen Personalaufstockung bestehen. Die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker arbeitet ihre Aufgaben ab. Außerdem wurde in der Vertretung in Brüssel eine halbe Assistenzkraft eingestellt.

Ansätze für Ergebnisse

Als weitere Ergebnisse berichtet die ABDA: Das Rx-Versandverbot wird im Koalitionsvertrag erwähnt. Zur Einbindung der Apotheker in den Medikationsplan verweist die ABDA auf das (auch schon vor dem Apothekertag 2017) laufende PRIMA-Projekt. Außerdem habe die ABDA ein Stufenkonzept für die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) erstellt und dem Bundesgesundheitsministerium vorgestellt. Ausgehend von einem Workshop des Ministeriums würden Best-Practice-Modelle zur AMTS bei geriatrischen Patienten erarbeitet, die im Oktober präsentiert werden sollen. Zur elektronischen Retax-Bearbeitung werde ein Anforderungskatalog erstellt und zu Informationen über Arzneimittel, die schon längere Zeit außer Handel sind, seien Fragen erörtert worden. Die Bearbeitung dauere an. Anders ausgedrückt: Die ABDA hat sich mit diesen Anträgen beschäftigt, aber es gibt dadurch keine inhaltlichen Veränderungen für die Arbeit in den Apotheken.

Politische Weiterentwicklungen

Bei anderen Anträgen hat sich zwar ein wenig getan und auch die ABDA hat sich darum bemüht. Doch welchen Beitrag die ABDA dazu geleistet hat und inwieweit dies durch die Anträge angestoßen wurde, ist nicht erkennbar. So seien die Verhandlungen zur EU-Richtlinie für berufsrechtliche Regelungen intensiv begleitet worden. Die ABDA habe sich auch in den laufenden Gerichtsverfahren eingesetzt, die zu einer Neuvorlage der Arzneimittelpreisbindung für ausländische Versender beim EuGH führen könnten. Außerdem betätige sich die ABDA im Rahmen des Bundesverbandes der Freien Berufe. Mit der Kassenärztlichen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung sei eine Absichtserklärung zur elektronischen Gesundheitsakte vereinbart worden. Zur elektronischen Patientenakte und zum elektronischen Patientenfach solle die gematik die nötige Spezifikation bis Ende 2018 liefern. Damit wird eine gesetzliche Frist eingehalten. In dem Antrag ging es allerdings darum, das Projekt durch eine politische Intervention zu inten­sivieren oder sogar zu beschleunigen.

Elektronische Kommunikation

Über den Antrag zum elektronischen Arzt-Apotheker-Kommunikationsdienst berichtet die ABDA, dieser Dienst werde ab dem ersten Quartal 2019 durch die Telematikinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Der Deutsche Apothekerverband habe dazu die Fachanforderungen eingebracht. Die ABDA berichtet hingegen nicht, wie die Apotheken darauf vorbereitet werden. Die Apotheken schließen sich zwar an ihr gemein­sames Netz an, um am SecurPharm-System teilnehmen zu können. Doch das ist nicht die Telematikinfrastruktur, die die Ärzte derzeit massiv ausbauen. Es ist also nicht erkennbar, wie die Apotheken ausgestattet werden, um 2019 an der Telematikinfrastruktur teilzunehmen und mit Ärzten zu kommunizieren. Doch diese Kommunikation war das Ziel des Antrags.

Nebulöse Antworten

Als weitere Kategorie könnten die nebulösen Antworten eingeführt werden. So berichtet die ABDA, zur Digitalisierung seien Maßnahmen aufgenommen worden, die die flächendeckende Versorgung durch ein Zuweisungsverbot und einen obligatorischen persönlichen Patientenkontakt sichern sollen. Sie berichtet jedoch nicht, welche Maßnahmen dies sind. Durch die jüngsten Entwicklungen beim Deutschen Ärztetag dürfte sich dies ohnehin teilweise überholt haben. In die Kategorie der nebulösen Antworten fällt auch die ABDA-Datenbank-App. Darüber wurde entsprechend dem Auftrag des Apothekertages in einem Ausschuss beraten. Die Mitgliederversammlung solle nun über die Empfehlungen des Ausschusses beschließen, aber es bleibt offen, was der Ausschuss empfiehlt.

Zu anderen Anträgen fällt die Meinungsbildung offenbar sehr schwer. So sei der Ad-hoc-Antrag zur Rezeptur noch in der Beratung, über deren Inhalte allerdings nichts berichtet wird. Zur Verfügbarkeitsabfrage im Notdienst sei eine Vorprüfung durchgeführt worden. Demnach müsste die Software erst entwickelt werden. Daraufhin stehe die abschließende Meinungsbildung aus. Beim Antrag zur wissens­gestützten Entscheidungsfindung stellt die ABDA immerhin in Aussicht, dass die Meinungsbildung im Herbst 2018 er­folgen soll. Doch bleibt die Frage, warum dies nicht vor dem Deutschen Apothekertag 2018 geschieht, der dann ergänzende Anträge stellen könnte.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Aufgegebene Anträge

Zum Bericht der ABDA gehört stets auch, welche Anträge nicht weiter verfolgt werden. Diesmal soll der Antrag, dass Parenteralia, die keine Zytostatika sind, an eine andere Apotheke abgegeben werden dürfen, aufgeschoben werden, bis dadurch die Diskussion um ein Rx-Versandverbot nicht mehr gefährdet wird. Doch bei dem Antrag geht es auch darum, ein Rx-Versandverbot so zu gestalten, dass die Versorgung mit diesen Arzneimitteln gesichert ist. Die ABDA geht in ihrer Stellungnahme sogar auf verschiedene Formulierungsvarianten für den früheren Entwurf des Rx-Versandverbots von Minister Gröhe ein. Außerdem wäre zu ergänzen, dass die Fragestellung auf den zusätzlichen Anforderungen an die Parenteralia-Herstellung aus der Novelle der Apothekenbetriebsordnung von 2012 beruht. Letztlich gilt es „nur“, eine damals entstandene Gesetzeslücke endlich zu schließen.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Außerdem hat die ABDA im Einvernehmen mit dem Antragsteller beschlossen, den Antrag zu Impfungen in Apotheken derzeit „nicht zu lobbyieren“. Immerhin soll die Impfaufklärung unterstützt werden. Die Hauptversammlung hatte den Antrag in einen Ausschuss verwiesen, sodass die Gründe für die Entscheidung nun interessant wären. Doch sie werden nicht genannt. Es darf spekuliert werden, dass es um das Verhältnis zu den Ärzten geht. Ob vertrauensbildende Gespräche mit Ärzten eine Alternative wären, wird nicht thematisiert.

Der Antrag zur Speicherung von Gesundheitsdaten für die pharmazeutische Beratung soll gar nicht weiter verfolgt werden. Die Mitgliederversammlung solle dies beschließen, weil erhebliche Zweifel an der Realisierbarkeit bestünden. Dabei erwähnt die ABDA jedoch nicht, dass beispielsweise in den Niederlanden viel umfangreiche Speicherungen stattfinden und dort auch das EU-Datenschutzrecht gilt. Allerdings sind diese Speicherungen dort gesetzlich vorgeschrieben. Ob dieser Weg in Deutschland beschritten werden könnte oder sollte, war offenbar kein Thema für die ABDA.

Anträge im organisatorischen Nirgendwo

Darüber hinaus verbleiben 16 weitere Anträge vom Deutschen Apothekertag 2017. Zu diesen berichtet die ABDA, sie seien bei irgendwelchen Institutionen vorgetragen worden, dies werde bei einer sich bietenden Gelegenheit geschehen oder sie seien intern diskutiert worden. Dabei geht es beispielsweise um Lieferengpässe, die Versorgung mit Schmerzpumpen, praxistaugliche Packungsgrößen für Parenteralia, mehr Studienplätze, die Antibiotikaproduk­tion in Europa, honorierte Dienstleistungen und die Abschaffung der Importquote. Dazu gibt es keine inhaltliche Entwicklung zu berichten. Zu den vorgetragenen Anträgen meldet die ABDA nichts über die Reaktionen der Institutionen. In anderen Fällen wartet sie auf eine Gelegenheit, meistens auf ein diesbezügliches Gesetzgebungsverfahren. Doch wie soll ein solches Verfahren jemals in Gang kommen, wenn der Gesetzgeber noch nicht einmal vom Anliegen der Apotheker erfährt? Zur berufspolitischen Kern­frage der Weiterentwicklung der wohnortnahen Versorgung berichtet die ABDA über intensive Diskussionen und ein Werkstattgespräch der Bundesapothekerkammer. „Optionen für die Versorgung“ seien „gesichtet und bewertet“ worden. Doch bleibt offen, welche Optionen mit welchen Ergebnissen betrachtet wurden.

Motivationsfrage

Neun Monate nach dem Apothekertag können solche Antworten keine hilfreiche Motivation für Kammern und Verbände sein, Anträge zum nächsten Deutschen Apothekertag einzureichen. Auch in manchen früheren Jahren gab es wenige Erfolgsmeldungen, aber mehr inhaltliche Erklärungen. Damit stellt sich die Frage, ob sich die Themen so wenig entwickelt haben oder ob die ABDA dies nicht berichtet. Das Beispiel des Werkstattgesprächs zur wohnortnahen Versorgung lässt vermuten, dass die ABDA immer mehr darauf setzt, den Stand der internen Diskussion möglichst wenig zu verbreiten. Doch dann stellt sich die Frage, wie die Berufsöffentlichkeit sich an dieser Diskussion beteiligen soll. Oder mit Blick auf die Anträge: Wie viele Anträge sind zum nächsten Deutschen Apothekertag zu erwarten? Vielleicht sollte sich ein Antrag damit befassen, wie die ABDA mit diesen Anträgen umgeht. |

Autor

Dr. Thomas Müller-Bohn
Apotheker und Dipl.-Kaufmann, auswärtiges Mitglied der Redaktion der Deutschen Apotheker Zeitung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.