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Brückenteilzeit: Wer profitiert wirklich?

Gesetzentwurf im Abstimmungsverfahren

Die Bundesregierung will die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Dazu hat Bundes­arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) einen Gesetzentwurf zur Weiter­entwicklung des Teilzeitrechts und Einführung einer Brückenteilzeit auf den parlamentarischen Weg ­gebracht. Doch ob die neuen Regeln für eine auf maximal fünf Jahre ­befristete Reduzierung der Arbeitszeit vielen berufstätigen Frauen den Weg aus der „Teilzeitfalle“ eröffnen, ist fraglich.
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47 Prozent der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit. Und vier von fünf Teilzeitkräften sind weiblich. Gleichzeitig ist erwiesen, dass Einkommen und ­Altersbezüge von Frauen durch lange Teilzeitphasen negativ beeinflusst werden und dass oft die Rückkehr in Vollzeit nicht gelingt. Die gesetzlichen Ansprüche rund um die Teilzeit – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung – sind also für Frauen besonders relevant.

Was ist geplant?

Wer länger als sechs Monate beschäftigt ist, kann für einen Zeitraum von mindestens ­einem Jahr und maximal fünf Jahren eine beliebige Verringerung der Arbeitszeit (Brückenteilzeit) beantragen. Dies muss mindestens drei Monate vor Beginn geschehen. Ein bestimmter Grund bzw. Anlass muss dabei nicht angegeben werden! Der Arbeitgeber muss mindestens einen Monat vorher schriftlich zustimmen – es sei denn, dem ständen betriebliche Gründe entgegen. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) kann das der Fall sein, wenn die Verringerung der ­Arbeitszeit „die Organisation, den ­Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht“. Der Spielraum für unwillige Arbeitgeber ist also groß!

Mündliche Erörterung auch in Klein­betrieben

Unabhängig von der Betriebsgröße ist geplant, dass Arbeitnehmer einen Anspruch haben, ihren Wunsch auf Veränderung von Arbeitszeiten mit dem Arbeitgeber zu „erörtern“.

Und wenn Angestellte ihren Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich angezeigt haben, sind sie bei der Besetzung von freien Stellen zu bevorzugen. Voraussetzung ist, dass sie für die Tätigkeit mindestens gleich geeignet sind und weder Wünsche anderer Teilzeitbeschäftigter noch dringende betriebliche Gründe ent­gegenstehen.

Dass die Regierung die Möglichkeiten (nicht nur) von Frauen verbessern will, sich für eine zeitlich befristete Teilzeit zu entscheiden, ist also grundsätzlich zu begrüßen. Doch das geplante Gesetz, das Anfang 2019 in Kraft treten soll, dürfte in seiner jetzigen Form für viele Frauen wirkungslos verpuffen. Dafür sorgt die vorgesehene Beschränkung auf Betriebe mit einer Regelarbeitnehmerzahl von mehr als 45. Denn damit sind schon einmal rund 42 Prozent der ­Arbeitnehmerinnen „außen vor“. Aber auch diejenigen, die in einer größeren Firma beschäftigt sind, werden nicht alle profitieren. Denn Unternehmen mit bis zu 200 Arbeitnehmern müssen nicht jedem Brückenteilzeit gewähren, sondern nur einem bestimmten Anteil, der je nach konkreter Kopfzahl irgendwo zwischen 6,7 und 8,7 Prozent liegt (Faustregel: 1 von 15).

Ein Beispiel: Sind in einem Betrieb mit 46 bis 60 Mitarbeitern schon mindestens vier Kolleginnen in Brückenteilzeit, dann kann die Arbeitgeberin den nächsten Antrag ablehnen. Dabei zählen laut Experten allerdings solche Fälle nicht, in denen bereits „freiwillig“ eine befristete Teilzeit gewährt wurde.

ADEXA-Vorstand Tanja Kratt kommentiert: „Als Gewerkschaft, die überwiegend weibliche Angestellte in Klein­betrieben vertritt, hätten wir uns mutigere Schritte für familienfreundliches Arbeiten erhofft. Etwas verkürzt gesagt: So können zwar künftig männliche Arbeitnehmer, auch wenn sie keine Kinder oder pflegebedürftige Angehörige haben, in Großbetrieben vorübergehend ihre Arbeitszeit reduzieren, um einem Hobby nachzugehen. Die vielen Frauen im Dienstleistungssektor, um die es besonders gehen sollte, fallen dagegen durch das ­Raster. Diese Mängel müssen im ­Gesetzgebungsverfahren noch be­hoben werden!“ |

Sigrid Joachimsthaler

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