Kongresse

Aus der Forschung zum Patienten

Fortschritte bei den Immuntherapien auf der DGHO-Jahrestagung 2018

pj | Rund 5800 Experten informierten sich bei der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) im Austria Center Wien fünf Tage lang über therapeutische Neuerungen und diskutierten über medizinische, versorgungspolitische, ökonomische und ethische Fragestellungen. Über 800 wissenschaftliche Beiträge zeigten die Bandbreite des Faches und unterstrichen die Bedeutung der Jahrestagung als wichtiges Forum für Ärzte, Wissenschaftler und Pflegekräfte.

Eines der Schwerpunktthemen und Highlights waren neue Möglichkeiten der allogenen Blutstammzelltransplantation und neue Strategien zur Behandlung der damit verbundenen Graft-versus-Host-Disease, zelltherapeutische Ansätze und das T-Zell-­Engineering. Bei Letzterem werden T-Zellen der Patienten gentechnisch verändert, damit sie Strukturen auf Tumorzellen erkennen und diese immunologisch eliminieren. Mit der Ende August auch in Europa erfolgten Zulassung der Therapie mit chimären Antigen-Rezeptor-T-Zellen (CAR-T-Zellen) steht in der Therapie der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) oder des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms ein völlig neues, in ersten Studien teilweise sehr effektives Prinzip für die Behandlung von Patienten mit malignen hämatologischen Erkrankungen zur Verfügung. Dies schlägt sich in Ansprechraten von 60 bis 90% bei der akuten lymphatischen Leukämie und 30 bis 50% bei Non-Hodgkin-Lymphomen in fortgeschrittenen Krankheitsstadien nieder. Das ist bei diesen bisher schwer zu behandelnden Patienten weit mehr als mit anderen Therapien, betonte die Kongresspräsidentin Prof. Dr. Hildegard Greinix, Graz. Zu den Immuntherapien zählen neben gentechnisch veränderten T-Zellen auch Checkpoint-In­hibitoren, mit denen überraschende therapeutische Erfolge erzielt wurden. So etwa bei einer Subpopulation von Patienten mit fortgeschrittenem Melanom. Die Immunonkologie, mit der eine neue therapeutische Ära eingeläutet wurde, zeigt, wie die Grundlagenforschung – in diesem Fall Interaktionen zwischen Immunsystem und malignen Zellen – im klinischen Alltag angekommen ist.

Krebstherapie in Zeiten der Präzisionsmedizin

Die Fortschritte der letzten Jahre be­ruhen vornehmlich auf immunologischen Erkenntnissen und dem Auffinden von Treibermutationen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei Wirkstoffen zur Therapie des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC). Die Kenntnis um Treibermutationen führt dazu, dass eine Krebsart nicht mehr organbezogen – z. B. Lungenkarzinom – sondern in immer kleineren Subgruppen betrachtet wird; die Erkrankungen einzelnen Subgruppen werden somit zur orphan disease. Eine Konsequenz daraus ist die Schwierigkeit, Patienten zu rekrutieren, um ein homogenes Studienkollektiv zu erhalten. Studien werden nur noch an bestimmten Zentren und unter Vernetzung der klinischen Forschung durchführbar sein, so Prof. Dr. Andreas Petzer, Linz.

Eine stärkere Verquickung von klinischer Forschung und Versorgungsforschung forderte Prof. Dr. Michael Hallek, Köln. „Eine wissensgenerierende Versorgung ermöglicht es, innovative Arzneimittel früh in die Versorgung zu bringen und gleichzeitig auf Basis aktueller Daten schnell zu reagieren, wenn sich eine Therapie z. B. in spezifischen klinischen Konstellationen oder bei bestimmten Subgruppen als besonders günstig oder ungünstig erweist.“ Voraussetzungen hierfür sind umfassende Patientenregister, die zeitnah ausgewertet werden sowie eine standardisierte Digitalisierung der Versorgungsdaten.

Versorgung in Zeiten des demografischen Wandels

Neben Noxen beeinflusst auch die Veränderung der Altersstruktur Häufigkeit und Verteilung von Krebserkrankungen. Hochrechnungen auf der Basis eines Gutachtens der DGHO zufolge ist mit einer deutlichen Zunahme von Neuerkrankungen, insbesondere von altersabhängigen Tumoren wie etwa dem Prostatakarzinom zu rechnen. Des Weiteren wird die Zahl der Krebspatienten mit Komorbiditäten ansteigen. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, ist eine Planungsgrundlage erforderlich, um den regionalen Versorgungsbedarf in den nächsten Jahren genauer abschätzen zu können, be­tonte Prof. Dr. Carsten Bokemeyer, Hamburg. Das aktualisierte Gutachten zeigt, dass die Bedeutung von Krebserkrankungen auf absehbare Zeit weiter zunehmen wird. Damit verbunden sind Auswirkungen auf die Versorgung wie steigende Kosten und eine entsprechende Strukturierung der Gesundheitssysteme. |

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