Arzneimittel und Therapie

Eltern werden ist nicht schwer ...

... die richtige Verhaltensweise in der Schwangerschaft dagegen sehr!

Was darf ich essen? Welche Nährstoffe brauche ich zusätzlich? Fragen wie diese plagen viele werdende Mütter. Orientierung bieten die aktuellen Handlungsempfehlungen für Ernährung und Lebensstil vor und in der Schwangerschaft.

Im Hinblick auf die Gesundheit von werdenden Müttern und ihren Kindern kommt der Ernährung und dem Lebensstil eine zentrale Bedeutung zu. Entscheidende Weichen für die spätere gesundheitliche Entwicklung des Kindes werden in den ersten 1000 Tagen nach der Empfängnis und auch schon vor der Schwangerschaft gestellt. Die Empfehlungen und gut gemeinten Ratschläge, die Schwangere und junge Eltern in dieser Hinsicht von verschiedensten Stellen erhalten, sind häufig uneinheitlich und verunsichernd. Vor diesem Hintergrund gibt das im Bundeszentrum für Ernährung angesiedelte Netzwerk „Gesund ins Leben“ seit 2010 unter Beteiligung der relevanten Fachgesellschaften wissenschaftlich fundierte, praxisnahe und bundesweit einheitliche Empfehlungen heraus. Aktuell wurde die 2012 erstmals erschienene Handlungsempfehlung zur Ernährung in der Schwangerschaft in einer überarbeiteten Version publiziert, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung trägt.

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Nicht nur während der Schwangerschaft sondern bereits vor der Empfängnis können Frauen einiges für die Gesundheit des Nachwuchses tun.

Frühzeitig vorsorgen

Eine wichtige Neuerung betrifft die präkonzeptionelle Phase: Hier wird verdeutlicht, dass bereits vor der Empfängnis viel für die spätere Gesundheit von Mutter und Kind getan werden kann. So kann mit der Einnahme von Folsäure begonnen werden und gegebenenfalls eine Rauchentwöhnung stattfinden. Eine Überprüfung des Impfstatus ist ebenfalls angebracht. Bestehende Impflücken sollten möglichst vor Beginn der Schwangerschaft geschlossen werden. Die Impfung mit Totimpfstoffen ist zwar auch in der Schwangerschaft möglich, allerdings sind Lebendimpfstoffe (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) kontraindiziert. Virale Infektionen in der Schwangerschaft bergen ein erhöhtes Risiko für Aborte, Fehlbildungen, Frühgeburt und Schwangerschaftskomplikationen. Besonders bei Influenzainfektionen besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe, weshalb die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 2010 für alle Schwangeren eine Grippeimpfung empfiehlt. Durch den „Nestschutz“ über die impfinduzierten mütterlichen Antikörper ist auch das Neugeborene in den ersten Lebens­wochen vor einer Infektion geschützt.

Auch auf die Zahngesundheit sollten Frauen mit Kinderwunsch achten: Eine unbehandelte mütterliche Parodontitis steht mit einem erhöhten Risiko von Frühgeburt und niedrigem Geburtsgewicht in Verbindung, bei unbehandelter Karies können entsprechende Bakterien an das Kind weitergegeben werden. Notwendige Behandlungen sollten daher möglichst präkonzeptionell erfolgen.

Überschätzter Energiebedarf

Vor der Konzeption ist zudem eine bestmögliche Annäherung an das Normalgewicht erstrebenswert. In Beobachtungsstudien waren Übergewicht und Adipositas mit einem vermehrten Auftreten von Schwangerschaftsdiabetes, Hypertonie, Geburtskomplikationen sowie einem erhöhten kindlichen Übergewichtsrisiko assoziiert; auch die Fertilität adipöser Frauen kann ­beeinträchtigt sein. Der Energiebedarf einer Schwangeren ist im zweiten ­Trimenon nur um ca. 250 kcal und im letzten Schwangerschaftsdrittel um etwa 500 kcal pro Tag erhöht – und das auch nur bei gleichbleibender ­körperlicher Aktivität, die jedoch meist abnimmt. Daher überschätzen Schwangere ihren Energiebedarf häufig. Als angemessen wird eine Gewichtszunahme von zehn bis 16 Kilogramm angesehen, bei Übergewicht und Adipositas möglichst unter zehn Kilogramm. Bei der Zusammensetzung der Nahrung sollte auf reichliche Zufuhr kalorienfreier Getränke, Obst und Gemüse, mäßigen Verzehr tierischer Produkte und sparsamen Konsum von Süßigkeiten, zuckerhaltigen Getränken und Snackprodukten geachtet werden.

Ein Muss: Folsäure und Iod

Nach wie vor wird allen Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, zur Vermeidung kindlicher Neuralrohrdefekte die Einnahme von 400 µg Folsäure zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung empfohlen. Die Einnahme soll mindestens vier Wochen präkonzeptionell begonnen und bis zum Ende des ersten Trimenons fortgesetzt werden. Beginnt die Einnahme später oder erst nach der Empfängnis, sollen Präparate mit 800 µg Folsäure eingenommen werden, um die empfohlene Erythrozyten-Folat-Konzentration schneller zu erreichen. Derzeit nehmen nur etwa zehn bis 34% der Schwangeren ­bereits zum empfohlenen Zeitpunkt mindestens 400 µg Folsäure ein. Im späteren Verlauf der Schwangerschaft sind es bis zu 90%, was aber im Hinblick auf den bereits drei bis vier Wochen postkonzeptionell erfolgenden Schluss des Neuralrohrs nicht mehr relevant ist. Darüber hinaus sollen Schwangere pro Tag 100 bis 150 µg Iod in Form eines Supplements einnehmen, um die Zufuhrempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung von 230 µg Iod pro Tag zu erreichen. Bei vorliegenden Schilddrüsenerkrankungen muss jedoch zunächst Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden. Von der Einnahme von Algenpräparaten wird explizit ­ab­geraten, zum einen wegen des schwankenden und teilweise sehr hohen Iod-Gehalts, zum anderen wegen einer möglichen Belastung mit Arsen und anderen Schadstoffen.

Optional: Eisen und Co.

Eine generelle prophylaktische Supplementierung mit Eisen wird nicht empfohlen. Sie sollte nur bei nachgewiesener Unterversorgung erfolgen. Frauen, die nicht regelmäßig fettreichen Seefisch verzehren, sollten in der Schwangerschaft Supplemente mit Fischöl oder langkettigen Omega-3-Fettsäuren wie Docosahexaensäure (DHA) einnehmen. Diese führten in randomisierten, kontrollierten Studien zu einer signifikant verringerten Frühgeburtsrate. In Bezug auf Vitamin D wird darauf hingewiesen, dass die mittlere alimentäre Aufnahme zur Deckung des Bedarfs nicht ausreichend ist und daher Schwangere, die sich ­selten in der Sonne aufhalten, ihre Haut bedecken oder eine Sonnencreme anwenden sowie dunkelhäutige Frauen ein Vitamin-D-Supplement einnehmen sollen. Ohne kutane Eigensynthese – die im Winter in Mitteleuropa kaum stattfindet – gilt für Schwangere wie für alle anderen Bevölkerungsgruppen ab dem Kleinkindalter eine Zufuhrempfehlung von 20 µg (= 800 IE) pro Tag.

Bei einer ausgewogenen ovo-lacto-vegetarischen Ernährung besteht meist kein besonderer Bedarf an weiteren Supplementen. Bei veganer Lebensweise muss vor allem Vitamin B12 supplementiert werden, da die Zufuhr ausreichender Mengen mit ausschließlich pflanzlicher Kost ohne angereicherte Lebensmittel oder Supplemente nicht möglich ist.

Keine Angst vor Allergien

Neben den üblichen Hinweisen, während der Schwangerschaft auf rohes Fleisch, Alkohol und Nikotin zu verzichten, den Coffein-Konsum auf ein moderates Maß zu reduzieren und sich regelmäßig zu bewegen, gehen die Empfehlungen auch auf die Allergieprävention ein: Das Meiden bestimmter Lebensmittel hat keinen Einfluss auf eine Allergieentwicklung beim Kind und ist daher nicht sinnvoll. Die Zufuhr von Meeresfisch bzw. Omega-3-Fettsäuren kann das Risiko atopischer und asthmatischer Erkrankungen des Kindes senken. |

Quelle

Koletzko B et al. Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft – Handlungsempfehlungen des bundesweiten Netzwerks Gesund ins Leben. Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; doi:10.1055/a-0713-1058

Apothekerin Dr. Julia Podlogar

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