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Unfälle: Wann zahlt die Berufsgenossenschaft?

Sicher zum und am Arbeitsplatz

Als Teil unseres Sozialversicherungssystems übernehmen Berufsgenossenschaften Kosten, die durch ­Arbeitsunfälle, Wegeunfälle oder Berufskrankheiten entstehen. Wann sie ­zahlen und wann nicht, ist Thema etlicher Gerichtsprozesse. Fallen beispielsweise Weihnachtsfeiern unter den Schutz?
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Laut Statistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung ereigneten sich 2017 genau 190.968 meldepflichtige Wegeunfälle. Das sind 2,63 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Als Häufigkeit wurden 3,86 Wegeunfälle je 1000 Versicherungsverhältnisse errechnet. Berechtigte haben Anspruch auf Behandlungen, Reha, Hilfsmittel oder gegebenenfalls sogar auf den Umbau ihres Arbeitsplatzes. Oft sind die Leistungen von Berufsgenossenschaften besser als die der allgemeinen Unfallversorgung, da es um die Wiedereingliederung von Beschäftigten ins Arbeitsleben geht.

Was tun nach einem Arbeitsunfall?

  • Dokumentieren Sie selbst Bagatellverletzungen im „Verbandsbuch“. Das erleichtert ihren Nachweis, falls es später zu Komplikationen kommen sollte.
  • Suchen Sie bei Unfällen oder Verletzungen so bald wie möglich einen Durchgangsarzt (D-Arzt) auf, um den Arbeitsunfall zu melden. Das sind meist Orthopäden oder Chi­rurgen mit Zulassung der gesetzlichen Unfallversicherung. In Ihrer Apotheke sollte ein Aushang über die nächsten D-Ärzte informieren.
  • Wer ins Krankenhaus oder zu einem anderen Arzt gebracht wird, sollte erwähnen, dass es sich um einen Arbeitsunfall bzw. Wegeunfall handelt.
  • Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über den Arbeitsunfall – am besten schriftlich.
  • Sollte Ihre Berufsgenossenschaft die Zahlung von Leistungen ablehnen, kann es sich lohnen, Widerspruch einzulegen und anwaltliche Hilfe bei Experten für Sozialrecht in Anspruch zu nehmen.

Wann liegt ein Arbeitsunfall vor?

Berufsgenossenschaften übernehmen Leistungen, falls eine versicherte ­Tätigkeit vorliegt. Das trifft auf alle Apothekenangestellten zu, auch auf Auszubildende oder Praktikanten. ­Generell zählen Kindergartenkinder, Schüler, Studierende, pflegende Angehörige oder Ersthelfer durch gesetzliche Regelungen ebenfalls dazu.

Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob ein Unfall mit der Tätigkeit in Ver­bindung steht. Das mag bei Miss­geschicken in der Rezeptur oder im Warenlager noch recht klar sein. Stürze infolge einer Vorerkrankung fallen nicht darunter (Landessozial­gericht Baden-Württemberg, Az.: L 8 U 5043/09). Auch die Mittagspause in der Kantine bzw. im Sozialraum, zu Hause oder in einem Lokal, ja selbst ein Toilettenbesuch oder ein privates Telefonat zählen nicht zu den dienstlichen Tätigkeiten im Sinne der Berufsgenossenschaft. Sie werden deshalb vom Versicherungsschutz ausgenommen. Der Weg zwischen Kantine oder Toilette und Arbeitsplatz ist wiederum versichert. Hier handelt es sich um den Weg vom Arbeitsplatz weg oder dahin zurück.

Wegeunfälle – ein Thema für Gerichte

Seit Jahren befassen sich Gerichte mit Wegeunfällen der unterschiedlichsten Arten. So viel steht fest: Es muss sich um den unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz handeln. Wer einen Umweg fährt, um schnell noch einzukaufen oder zu tanken, hat seinen Schutz verwirkt (Hessisches Landessozialgericht, Az.: L 3 U 195/07). Auch der schnelle Arztbesuch auf dem Hin- oder Rückweg ist deshalb zu vermeiden (Sozialgericht Dortmund, Az.: S 36 U 131/17). Wer zusätzliche Kilometer auf sich nimmt, um die Kinder in Kita oder Schule zu bringen, ist allerdings versichert. Fahrgemeinschaften stehen ebenfalls unter gesetzlichem Schutz.

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Immer beliebt – die Weihnachtsfeier

Bei Teamevents greift der Schutz der Berufsgenossenschaft ebenfalls. Dazu zählen Weihnachtsfeiern, Betriebsausflüge oder gemütliches Grillen im Sommer – unter einer Voraussetzung: Die Veranstaltung wird vom Betrieb offiziell ausgerichtet. Beim Feiern sind selbst ein paar Gläschen Bier oder Wein möglich, ohne gleich den Schutz zu verlieren (Sozialgericht Dortmund, Az.: S 18 U 211/15). Während der betrieblichen Grillfeier brach sich die Klägerin ein Sprunggelenk, nachdem sie gestolpert und umgeknickt war. Natürlich gelten Promillegrenzen für die Teilnahme am Straßenverkehr weiter, was hier jedoch keine Rolle gespielt hat.

Gut geschützt auf Dienstreisen

Für den Gesetzgeber sind Dienstreisen zu Fortbildungen ebenfalls schützenswert, da sie mit der eigentlichen Tätigkeit in Verbindung stehen. Das beginnt schon mit allen erforderlichen Reisevorbereitungen, etwa dem Koffer­packen. Welches Verkehrsmittel zum Einsatz kommt, steht Arbeit­nehmern frei, solange es ihre Chefs genehmigt haben. Auch hier gilt: Die berufliche Tätigkeit ist versichert, ein Abstecher zu Verwandten oder ein Absacker in der Hotelbar aber nicht. Am Dienstort selbst stehen alle Verrichtungen in Zusammenhang mit der Fort- oder Weiterbildung unter besonderem Schutz. Bei reinen Incentive-Reisen, etwa einem Wochenende in den Bergen für die erfolgreiche Filialleitung, geht es nur um die Freizeit – und die Berufsgenossenschaft ist außen vor. |

Quelle: Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz auf Dienstreisen. Informationen der Unfallkasse Baden-Württemberg, www.ukbw.de, https://bit.ly/2QyXKSB

Michael van den Heuvel

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