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Die Seite 3
Das Gute tun – das Schlechte lassen
Honorierte pharmazeutische Dienstleistungen, das Rezept-Makel-Verbot und das Selektivvertragsverbot sind zukunftsweisende Elemente im Überraschungspaket von Minister Spahn. Die Rechnung zum Honorarzuwachs ist dagegen eine Luftbuchung. Denn zusätzliche bezahlte Arbeit ist keine Entlastung und 135 Millionen Euro mehr für Notdienst und BtM ersetzen nicht den überfälligen Ausgleich beim Festzuschlag. Sie kompensieren schon gar nicht die Einbußen, wenn fünf Prozent der Umsätze zum Versand abwandern. Denn dann fehlen die Rosinen, aber die kostenintensiven Fälle bleiben. Eine Kompensation müsste sich daher am Rohertrag und nicht am Betriebsergebnis orientieren.
Trotzdem schien es mir zunächst „besser als nichts“ zu sein, aber letztlich zerstören die Boni jeden positiven Ansatz. Denn die Boni-Zulassung würde genau das zum Gesetz erheben, was doch verhindert werden soll. Viele haben in diesen Tagen zu Recht gemahnt, dass sie deutsche (Versand-)Apotheker geradezu einladen würde, Boni im Inland zu gewähren. Gerichten würde dann das entscheidende Argument fehlen, solche Boni weiter zu verbieten. Es wäre dann auch volkswirtschaftlich sinnvoll und für die Krankenkassen schlüssig, die Boni für sich einzufordern (wie AOK-Volkswirtin Richard im DAZ.online-Interview). Doch der Rückfluss zu den Krankenkassen würde die Boni „adeln“ und nahelegen, sie auch im Inland zuzulassen. Wer die Büchse der Pandora einmal öffnet, kann das entwichene Unheil nie wieder einfangen. So würden Boni, auch wenn sie zunächst nur im Ausland gelten, die heilberufliche Honorierung zunichte machen und die Beziehung zwischen Krankenkassen und Apotheken dauerhaft untergraben. Bisher beruht diese Beziehung auf festen Arzneimittelpreisen und Apothekenzuschlägen. Doch dann würde nur noch um den letzten Cent gefeilscht, wie wir es von den Hilfsmitteln nur zu gut kennen. Feste Preise sind der letzte Halt der Apotheker im Umgang mit den übermächtigen Krankenkassen und die Basis für den Alltag mit selbstzahlenden Patienten. Ohne dieses Fundament könnten auch die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen nie etabliert werden. Darum ist die Gleichpreisigkeit systemrelevant und darum ist Spahns Gesamtpaket in sich nicht schlüssig – und mit den Boni ist es leider schlechter als nichts.
Dies alles droht, weil der Minister vor einem einzigen umstrittenen EuGH-Urteil kapituliert. Doch nur ohne die Anerkennung von Boni im deutschen Recht bliebe die auch von ihm erwähnte Aussicht auf eine mögliche neue EuGH-Entscheidung erhalten – und die Hoffnung auf andere künftige Ideen oder auf einen neuen Minister, der das Rx-Versandverbot anpackt. Daher ist das Paket nur ohne Boni-Zulassung und ohne die unpraktikable 5-Prozent-Grenze für den Marktanteil der Versender plausibel und akzeptabel. Es wäre zwar nicht die Rettung der Apotheken, aber immerhin ein positiver neuer Impuls. Wie Minister Spahn darauf reagiert, wäre zugleich der Prüfstein für seine Intention. Wenn er die Vor-Ort-Apotheken sichern will, sollte er sich solchen Mahnungen nicht verschließen und auf die vermeintlich gute, aber unverantwortliche Tat verzichten. Wenn er dann aber die konstruktiven Teile des Pakets verweigert, würde er den Verdacht schüren, dass der Boni-Deckel einen sicheren Boden für die ausländischen Versender bereiten und vollendete Tatsachen schaffen soll, bevor der EuGH das Thema erneut aufgreift, ähnlich wie einst bei der Zulassung des Versandes.
Jetzt bleibt die Hoffnung, dass die Weihnachtstage zu innerer Einkehr und Besinnung führen, und das neue Jahr den Apotheken ein aussichtsreiches Gesetzespaket bringt. Zu Weihnachten ist alles möglich. Die DAZ-Redaktion wünscht Ihnen ein frohes Fest!
Thomas Müller-Bohn
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