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Recht
Apothekenwerbung: So sind Sie auf der sicheren Seite
Teil 2: Werbegaben in der Heilmittelwerbung
Preisnachlässe, Werbegeschenke, das Angebot „Zwei zum Preis von Einem“ oder die Koppelung von Produktangeboten und Gewinnspielen sind heute gängige Werbemittel. Von der Annahme, derartige Wertreklamen könnten grundsätzlich die rationale Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen, haben sich Gesetzgeber und Rechtsprechung verabschiedet.
Im Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes (s. AZ 2019, Nr. 9, Seite 7) sind die rechtlichen Vorgaben dagegen deutlich strenger. Im Rahmen der produktbezogenen Werbung für Heilmittel ist es nach § 7 Absatz 1 HWG unzulässig, Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, eine gesetzliche Ausnahme liegt vor. Dies gilt sowohl gegenüber Endverbrauchern als auch gegenüber Fachkreisen. Endverbraucher sollen damit beim Erwerb von Heilmitteln vor unsachlichen Beeinflussungen geschützt und ein über den tatsächlichen Bedarf hinausgehender Zuviel- oder Fehlgebrauch verhindert werden. Angehörige der Fachkreise sollen nicht in Versuchung geführt werden, persönliche Zuwendungen bei ihren Verordnungen, Beratungen sowie Bezugs- und Abgabeentscheidungen (mit) zu berücksichtigen.
Das restriktive Verbot von Werbegaben in § 7 HWG wird in der juristischen Literatur zunehmend kritisiert. Die Vorstellung, die rationale Entscheidung des Endverbrauchers werde durch Werbegaben grundsätzlich unsachlich beeinflusst, wird als antiquiert erachtet und eine Liberalisierung des Wertreklameverbots gefordert. Solange der Gesetzgeber hier jedoch nicht tätig wird, müssen Apotheken die Vorschriften des HWG beachten.
Verbot von Werbegaben
Das Verbot richtet sich gegen jegliche Werbegaben. Der Begriff wird in der Rechtsprechung weit verstanden. Erfasst sind sämtliche geldwerten Vergünstigungen, die zum Zwecke der Absatzförderung von Heilmitteln unentgeltlich oder scheinbar unentgeltlich angeboten, angekündigt oder gewährt werden. Werbegaben in diesem Sinne können z. B. Rabatte, Gutscheine, Bonustaler, Werbegeschenke, Warenmuster oder die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gewinnspiel sein (vgl. etwa OLG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2018, Az. 6 U 112/17). Den Apothekern ist sowohl das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren als auch die Annahme solcher Werbegaben untersagt. Verkaufs- und Werbehilfen beispielsweise darf die Apotheke von Herstellern nur annehmen, wenn diese allein dem Interesse des Herstellers dienen. Haben sie für die Apotheke einen Zweitnutzen, wie etwa ein mit Arzneimittelwerbung versehener Massagesessel, den Kunden in der Offizin ausprobieren können, liegt eine unzulässige Werbegabe vor (LG Hamburg, Urteil vom 22.12.2011, Az. 327 O 564/11). Zu diesem weiten Wertreklameverbot enthält das Gesetz einige in § 7 HWG abschließend normierte Ausnahmen.
Ausnahmen vom Wertreklameverbot
Gekennzeichnete Gegenstände von geringem Wert: Die erste Ausnahme macht das Gesetz für Gegenstände von geringem Wert, die dauerhaft und deutlich sichtbar mit der Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Heilmittels gekennzeichnet sind. Typische Merchandising-Artikel wie einfache Kugelschreiber, einfache Kalender, Kundenzeitschriften oder Papiertaschentücher dürfen daher in der Apotheke an Kunden ausgegeben werden, wenn sie mit dem Namen der Apotheke, eines Herstellers oder eines Heilmittels bedruckt sind. Es muss für den Empfänger ersichtlich sein, dass der Gegenstand in erster Linie als Werbeträger dient. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Adressat den Gegenständen aufgrund der Kennzeichnung einen geringeren Wert beimisst und eine unsachliche Beeinflussung daher ausgeschlossen ist. Wie hoch der Wert solcher Gegenstände sein darf, ist im letzten Detail noch nicht geklärt. Auf der sicheren Seite ist der Apotheker bei einer Wertgrenze von 1 Euro (objektiver Wert für den Verbraucher). Der Bundesgerichtshof hat aber auch angedeutet, dass bei Werbegaben mit Unternehmenswerbung für nicht preisgebundene Arzneimittel eine höhere Wertgrenze in Betracht kommen kann. Wer hierauf abstellt, muss bereit sein, gerichtliche Auseinandersetzungen in Kauf zu nehmen.
Geringwertige Kleinigkeiten: Eine weitere Ausnahme vom Wertreklameverbot besteht für geringwertige Kleinigkeiten, deren Wertgrenze nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei 1 Euro liegt. Um Kleinigkeiten handelt es sich bei Gegenständen, die auf dem Markt keine besondere Beachtung finden und für den Empfänger gegenständlich unwichtig sind, wie z. B. einzelne Luftballons, Bonbons oder Zündholzhefte. Doch Vorsicht: Für Apotheken in Deutschland ist deren Gewährung bei preisgebundenen Rx-Arzneimitteln wettbewerbsrechtlich generell unzulässig. Ob dies so bleibt, wird sich in den nächsten Monaten entscheiden. Der Bundesgerichtshof urteilt dann über die Frage, ob ein 1-Euro-Gutschein bei Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel ein Wettbewerbsverstoß ist (BGH, Az. I ZR 16/18). Aber selbst wenn der Bundesgerichtshof einen Wettbewerbsverstoß ablehnt, bleibt es bei möglichen Berufsrechtsverstößen.
Geldrabatte: Vom Verbot ausgenommen sind außerdem Werbegaben, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag bestehen. Es han-delt sich also um einen Rabatt in Form einer klar bestimmten Summe. Soweit der Betrag nicht in Zahlen beziffert ist, muss er sich mühelos errechnen lassen, z. B. in Form einer Prozentangabe. Zulässig ist es daher, in der Apotheke zehn Prozent Rabatt auf bestimmte OTC-Arzneimittel zu gewähren und damit zu werben oder Großhandelsrabatte anzunehmen. Bei preisgebundenen Arzneimitteln sind solche Rabatte unzulässig.
Naturalrabatte: Zulässig ist es auch, gleiche Waren in bestimmter oder auf bestimmte Art zu berechnender Menge zu gewähren. Die Werbegabe muss also aus derselben Ware in identischer Qualität wie die gegen Entgelt abgegebene Ware bestehen. Eine Gleichartigkeit, Ähnlichkeit oder Gebrauchsnähe reicht dagegen nicht. Doch auch hier liegt der Teufel im Detail: Für apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen generell keine Naturalrabatte gewährt werden (OLG Jena, Urteil vom 09.09.2015, Az. 2 W 204/15). Die Differenzierung ist wenig einsichtig, aber gleichwohl zu beachten: Die Bewerbung von zwei OTC-Arzneimitteln zu einem Preis, der dem von einer Packung entspricht, ist zulässig, die Bewerbung mit „eine Packung gratis“ hingegen nicht.
Handelsübliches Zubehör und handelsübliche Nebenleistungen: Eine weitere Ausnahme vom Wertreklameverbot besteht für Zubehör und Nebenleistungen, die in einer Weise mit der Hauptleistung in Verbindung stehen, die über eine bloße Zugabe hinausgeht. Eine Wertgrenze für die Werbegaben besteht nicht; je höher die Werbegabe, desto kritischer wird sie aber von Konkurrenten und Verbänden beäugt. Die Werbegabe muss handelsüblich, d. h. im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten, sein. Zulässig ist beispielsweise die im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene anteilige oder vollständige Erstattung von Fahrtkosten für den öffentlichen Personennahverkehr, die Zustellung von Heilmitteln per Botendienst sowie die Übernahme von Versandkosten. Gleiches muss auch für die Erstattung von Parkkosten gelten. Eine differenzierte Betrachtung, ob ein Apotheker drei kostenfreie Kundenparkplätze zur Verfügung hält oder beim Apothekenbesuch entstandene, überschaubare Parkkosten in einem Parkhaus übernimmt, wäre nicht angebracht. Handelsübliche Nebenleistungen dürfen auch im Zusammenhang mit Rezepteinlösungen und preisgebundenen Arzneimitteln erbracht werden. Eine Beschränkung wie in § 7 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 HWG fehlt in dieser Alternative.
Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen: Eher von klarstellender Bedeutung ist die Ausnahme vom Wertreklameverbot für Auskünfte und Ratschläge, da diese in der Apotheke häufig zur Hauptleistung und zu den Beratungspflichten des Apothekers gehören und damit schon keinen Werbecharakter haben.
Kundenzeitschriften: Diese sind ebenfalls vom Wertreklameverbot ausgenommen, wenn sie
- unentgeltlich an Verbraucher abgegeben werden,
- nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen,
- diesen Zweck durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite erkennbar machen und
- in ihren Herstellungskosten geringwertig sind.
Zur Bestimmung der Geringwertigkeit zieht die Rechtsprechung die Herstellungskosten einer üblichen, im Handel erhältlichen Illustrierten heran. Auch diese dürfen im Zusammenhang mit preisgebundenen Arzneimitteln gewährt werden.
Werbegaben für Angehörige der Heilberufe und Arzneimittelmuster: Für Angehörige von Heilberufen sind Werbegaben nur dann gestattet, wenn sie zur Verwendung in der beruflichen Praxis geeignet sind. Zulässig wären z. B. Kalender, Notizbücher oder Schreibmaterialien für die Apotheke. Andere Werbegaben dürfen Apotheker nicht annehmen und nicht an Angehörige anderer Heilberufe ausgeben. Inwieweit Arzneimittelmuster an Apotheken abgegeben werden dürfen, ist streitig. Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 31.10.2018, Az. I ZR 235/16) hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Abgabe kostenloser Fertigarzneimittel an Apotheker zu Demonstrationszwecken europarechtlich zulässig ist.
Fazit und Ausblick
Bei der Gewährung von Rabatten und anderen Werbegaben hat die Apotheke also differenzierte Vorschriften zu beachten. Nur wenn nach § 7 HWG eine Ausnahme besteht, ist die Werbung mit Werbegaben zulässig. Die praktische Relevanz ist enorm. Jedes Jahr ergehen zahlreiche Entscheidungen, die sich um die Auslegung von § 7 HWG ranken. Der nächste Beitrag wird sich mit der irreführenden Werbung beschäftigen – auch ein Dauerbrenner in der Beratung. |
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