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Gesundheitspolitik
„Datenklau“-Prozess: Verteidigung fordert Freispruch
Plädoyers der Verteidigung haben begonnen – Anwalt von Thomas Bellartz kommt erst diese Woche zu Wort
Bereits über 40 Verhandlungstage erstreckt sich der Strafprozess gegen Bellartz und H. vor dem Berliner Landgericht. Die beiden Männer sind angeklagt, Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgespäht zu haben: H. hatte in seiner Position als externer Systemadministrator Zugriff auf die E-Mail-Postfächer der Staatssekretäre und Abteilungsleiter im BMG und soll hier politisch interessante Informationen heruntergeladen und an Bellartz verkauft haben.
Am vergangenen Mittwoch sollten die Verteidiger ihre Plädoyers halten – sie blieben jedoch vorläufig unvollendet. Nikolai Venn, der Rechtsanwalt des Systemadministrators, kam allerdings bereits zum Zuge. Eine Stunde lang holte er wortgewaltig zu einem Rundumschlag aus – und forderte einen Freispruch für seinen Mandanten in allen Anklagepunkten. Das Plädoyer von Staatsanwalt Roland Hennicke im Termin zuvor bot ihm einige Angriffsfläche. Hennicke hatte in seinem Vortrag relativ leidenschaftslos und knapp mehr oder weniger die Vorwürfe der Anklageschrift wiederholt und erklärt, diese hätten sich durch die Beweiserhebung bestätigt. Der Staatsanwalt hatte einige die Strafzumessung mildernde und andere schärfende Gründe aufgeführt und letztlich eine Geldstrafe von 60.000 Euro für Bellartz sowie eine Haftstrafe für H. gefordert. Letzterer war wegen zwei zusätzlicher Delikte angeklagt, die nicht im Zusammenhang mit dem „Datenklau“ standen.
Große Kelle, dünne Suppe
Für Venn gaben diese Ausführungen an mehr als einer Stelle Anlass zur Kritik: „Da ist mit der großen Kelle ausgeteilt worden, aber serviert wurde nur ein sehr dünnes Süppchen“, so der Anwalt. Er führte verschiedene Punkte auf, die Hennicke bei seinen Überlegungen zur Strafzumessung nicht oder unzutreffend berücksichtigt habe. Zum Beispiel hatte der Staatsanwalt erklärt, dass es sich bei den zwei verbliebenen Fällen des „Datenklaus“ nur um „die Spitze eines Eisbergs“ handele. Immerhin waren ursprünglich 40 Fälle angeklagt. Dazu sagte Venn, dass die übrigen Anklagepunkte eingestellt wurden, weil hier nichts weiter ermittelt werden konnte. „38 Nicht-Fälle sollen sich nun nachteilig auswirken? “, so der Anwalt unverständig.
Wie glaubwürdig war die Hauptbelastungszeugin?
Vor allem aber setzte sich Venn eingehend mit der Glaubwürdigkeit der Zeugen – allen voran der Hauptbelastungszeugin Katja S., der Ex-Frau von H. – auseinander. Hennicke hatte in seinem Plädoyer mit wenigen Worten erklärt, er hege keine Zweifel, dass die Zeugin glaubwürdig sei. Dagegen hatten die Verteidiger bereits im Laufe des Prozesses immer wieder betont, dass Katja S. bereits wegen einer Falschaussage vor Gericht vorbestraft sei, es zudem einen Sorgerechtsstreit mit H. um den gemeinsamen Sohn gegeben habe. Darauf hob Venn nun erneut ab: „Die Zeugin war getrieben davon, H. zu schädigen“. Nicht nur Rache unterstellt er der Frau, sie habe auch finanzielle Motive gehabt. Ihr waren bis zu 9000 Euro für ihre Hilfe bei den Ermittlungen in Aussicht gestellt worden. Der Anwalt ist überzeugt: Würde das Gericht all dies in seiner Beweiswürdigung vernachlässigen, werde „der Bundesgerichtshof dies nicht verzeihen“. Venn verwies auch auf widersprüchliche Aussagen und wenig detailreiche Schilderungen der Zeugin – all dies spreche gegen ihre Glaubwürdigkeit.
Plädoyers werden am Freitag fortgesetzt
Als Venn den Staffelstab an H.’s Pflichtverteidigerin Diana Nadeborn weitergeben wollte, die das Plädoyer mit Ausführungen speziell zum Straftatbestand des Ausspähens von Daten fortsetzen sollte, entschied das Gericht zunächst, eine kurze Pause einzulegen. Doch dann ging es überraschenderweise gar nicht mehr weiter: H. musste nach einem Telefonanruf aus nicht weiter erläuterten, persönlichen Gründen plötzlich die Verhandlung verlassen. Das Gericht gestand ihm das zu. Nun geht es am 5. April weiter mit den Schlussanträgen der Verteidigung. Auch Bellartz’ Anwalt Carsten Wegner hatte bereits angekündigt, auszuführen, dass der Staatsanwalt in seinem Plädoyer „viel heiße Luft“ produziert hatte. Es dürfte also angriffslustig weitergehen. Damit verschiebt sich auch die Urteilsverkündung voraussichtlich auf den 10. April. |
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