Gesundheitspolitik

Kein Schnellschuss

Altmaier: EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung prüfen

TRAUNSTEIN (cha) | Arbeitgeber sollen nach einem kürzlich ergangenen Urteil des Europä­ischen Gerichtshofs (EuGH) zukünftig verpflichtet werden, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht jedoch vorerst keinen Handlungsbedarf in Deutschland.

„Das Urteil weist in die falsche Richtung“, sagte Altmaier laut der Deutschen Presseagentur am vergangenen Dienstag in Berlin. „Es ist der falsche Weg, die Stechuhr wieder überall einzuführen.“ Es gebe in Deutschland nach derzei­tiger Rechtslage bereits ein umfassendes Dokumentationssystem, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden könne.

Altmaier kündigte an, dass das Wirtschaftsministerium das Urteil des EuGH genau prüfen und ein Rechtsgutachten vergeben werde, um festzustellen, ob es überhaupt Handlungsbedarf gebe. Dieses Gutachten soll laut der Süddeutschen Zeitung bis zur Sommer­pause vorliegen. „Wir wollen und müssen die Interessen der Arbeitnehmer schützen, aber wir dürfen keine überbordende Bürokratie schaffen.“

Das Wirtschaftsministerium erklärte weiter, dass das Urteil einen Auslegungsspielraum lasse. Es nenne zudem keine bestimmte Frist, in welcher Mitgliedstaaten tätig werden müssten. „Daher ist es jetzt richtig, genau zu prüfen und zu analysieren, ob es Umsetzungsbedarf gibt und nicht zu Schnellschüssen zu kommen. Es ist wichtig Lösungen zu finden, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen gerecht werden und nicht zu weiterer Bürokratie führen.“

Im Kern gehe es nicht nur um technische Fragen, sondern auch um die Vertrauenskultur zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. „In Deutschland hat sich das Modell der Vertrauensarbeitszeit herausgebildet, mit dem sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber gute Erfahrungen machen.“

Die SPD sieht das erwartungs­gemäß ganz anders. So äußerte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wertet das EuGH-Urteil derzeit sorgfältig aus.“ Heil weiter: „Wir stehen dazu auch in Gesprächen mit den Sozialpartnern und werden in der zweiten Jahreshälfte Vorschläge machen, wie wir die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lichte des Urteils sichern.“ Gegenüber Altmaier stellte der Bundesarbeitsminister klar: „Kein verantwortlicher Minister der Bundesregierung sollte bestehendes Recht und Gesetz ignorieren.“

„Stechuhr-Kultur ist Relikt aus dem 20. Jahrhundert“

Unterstützung erhält Altmaier dagegen von der Arbeitgeberseite: „Wir begrüßen es, wenn der Wirtschaftsminister in Richtung Arbeitswelt 4.0 denkt“, sagte dazu der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände Steffen Kampeter der Süddeutschen Zeitung. „Die Stechuhr-Kultur ist ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert.“ Er halte es für geboten, erst genau zu prüfen, ob und wie es nach dem Urteil überhaupt Handlungsbedarf gebe. |

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