Gesundheitspolitik

Kein Konsens mit Spahn

BAK-Mitgliederversammlung kritisiert ABDA-Kommunikation

BERLIN (bro) | Bei der Mitgliederversammlung der Landesapothekerkammern Anfang Juni in Bonn waren sich die Kammerchefs einig: Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt kommuniziert, er habe beim Apotheken-Stärkungsgesetz mit den Apothekern einen Konsens herbeigeführt, sei schlichtweg falsch.

Es ist eine Sitzung der Unionsfraktion, die derzeit für Unruhe im Apothekerlager sorgt. Nach Informationen von DAZ.online soll die hessische CDU-Abgeordnete Dr. Astrid Mannes bei dieser Sitzung im Mai nochmals ihr Ansinnen vorgetragen haben, das Rx-Versandverbot aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn soll daraufhin sinngemäß erklärt haben, dass er keine Notwendigkeit mehr für das Verbot sehe. Schließlich sei er sich inzwischen mit den Apothekern über einen neuen Weg einig geworden, den man nun mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz eingeschlagen habe.

Insbesondere bei den Apothekerkammern sorgt das für Ärger. Auf der BAK-Mitgliederversammlung sprachen die Spitzen der Kammern lange darüber, wie man dieser Behauptung des Ministers begegnen könne. Die Kammerchefs erinnerten an die Beschlusslage der ABDA-Mitgliederversammlung: Die ABDA-MV hatte beschlossen, dass man das Vorhaben des BMG, die Apotheken zu stärken, grundsätzlich begrüße. Das Gesetzgebungsverfahren werde man allerdings weiterhin sehr kritisch begleiten. Denn: Aus Sicht der ABDA-MV ist die geplante Streichung des Satzes zur Rx-Preisbindung für ­EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz eine konkrete Bedrohung für die Apotheken.

Foto: privat
Prof. Dr. Theo Dingermann Auf Abstand zu Spahn

Dem Vernehmen nach waren sich die Kammern einig, dass es an der Zeit sei, an diesen Beschluss zu erinnern. Die Kammerchefs wollten deutlich machen, dass Spahns Darstellung über einen angeblichen Konsens schlichtweg falsch sei. Das Mitteilungsbedürfnis der Kammern schien groß zu sein: In ungewohnter Manier berichtete der kommissarische Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung, Prof. Theo Dingermann, direkt aus der BAK-Sitzung – mit deutlichen Worten: Unter der Überschrift „Kein Konsens“ schreibt Dingermann, dass es „harter Tobak“ sei, wenn die Kammern so deutlich auf Abstand zum Gesundheitsminister gehen. Schließlich habe sich die Standesvertretung mit „klaren Äußerungen eher zurückgehalten“, heißt es weiter. Das sind ungewohnt kritische Töne in Richtung Politik UND Standesvertretung der ABDA-eigenen PZ-Redaktion.

Ein weiteres, wichtiges Detail wird in Dingermanns „Kommentar“ jedoch nicht erwähnt: Dass es auch innerhalb des Apothekerlagers weiterhin Uneinigkeit darüber gibt, in welcher Deutlichkeit man auf den Spahn-Plan reagieren soll. So sagte DAV-Chef Fritz Becker in seinem Schluss-Statement auf dem DAV-Wirtschaftsforum in Richtung Michael Hennrich (CDU) und Edgar Franke (SPD) sinngemäß, dass die Fraktionen „wenigstens“ dafür sorgen sollten, dass die Gleichpreisigkeit für GKV-Versicherte gelten solle, wenn der AMG-Satz unbedingt gestrichen werden müsse. Ganz anders sieht dies beispielsweise die Landesapothekerkammer Hessen, die erst am gestrigen Donnerstag eine Pressemitteilung herausgab, in der die Kammer von Präsidentin Ursula Funke daran erinnert, dass die Apothekerschaft zum Rx-Versandverbot zurückkehren müsse, wenn das „alte“ Rx-Boni-Verbot aus dem AMG gestrichen werde. Bei der BAK-Mitgliederversammlung soll aber auch darauf hingewiesen worden sein, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz drohe, gänzlich gestrichen zu werden, wenn die Apotheker sich querstellten. Dann gingen auch wichtige Neuregelungen zu den pharmazeutischen Dienstleistungen, zur freien Apothekenwahl beim E-Rezept und zum Apothekenhonorar verloren. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Spahn die Streichung des AMG-Satzes dann trotzdem in ein anderes Gesetz hineinschreibe, sei groß.

Noch müssen sich die Apotheker nicht entscheiden, welchen Weg sie gehen. Spannend wird es allerdings, wenn das BMG den Kabinettsentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes herausgibt. Wenn darin immer noch die Streichung des AMG-Satzes zur Gleichpreisigkeit enthalten ist, muss sich die ABDA entscheiden: Gehen wir weiter mit oder heißt es „zurück zum Rx-Versandverbot“? |

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