Gesundheitspolitik

Wer überwacht die EU-Versender?

Bundesgesundheitsministerium antwortet ausweichend auf Fragen der Linksfraktion

BERLIN (ks) | Die Linksfraktion hat dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) kürzlich einen umfangreichen Fragenkatalog rund um „Ursachen und Folgen der Stärkung des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln“ vorgelegt.

Zum Beispiel wollte die Fraktion wissen, ob sich das BMG mittlerweile zum Auskunftsersuchen des Oberlandesgerichts (OLG) München geäußert hat, inwieweit die Rx-Preisbindung zur Sicherstellung einer hochwertigen Arzneimittelversorgung beiträgt. Außerdem: Wie steht es um die Über­wachung der sogenannten Grenz­apotheken, wie etwa DocMorris eine ist? Wer ist dafür zuständig und was weiß das BMG dazu? Weitere Stichworte waren unter anderem die Buchpreisbindung, das ­E-Rezept und die Länderliste. Es hätten spannende Antworten werden können. Doch die Ausführungen der Staatssekretärin im BMG, Sabine Weiss (CDU), bringen kaum neue Erkenntnisse. Die Linken-Abgeordnete Sylvia Gabelmann bleibt daher dabei: Der Rx-Versand sollte verboten werden.

Was das Münchener Auskunfts­ersuchen aus dem Februar 2018 betrifft, so erklärt Weiss, das Ministerium stehe mit dem Gericht in Kontakt und habe dieses auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Apothekenreform hingewiesen. Im Übrigen bleibt sie bei ihrer Anfang Juli erklärten Aussage: Die Bundesregierung befindet sich zum weiteren Vorgehen noch im Abstimmungsprozess. Klar ist dem BMG allerdings, dass es nicht un­tätig bleiben kann. Es räumt ein, dass Behörden wie das BMG grundsätzlich im Wege der Amtshilfe verpflichtet sind, einem gerichtlichen Auskunftsersuchen nachzukommen. Für Gabelmann ist diese lange Untätigkeit jedoch „nicht akzeptabel, denn so ebnet die Bundesregierung DocMorris & Co. in fast schon mutwilliger oder zumindest grob fahrlässiger Weise den Weg“.

Unklare Überwachung

Nachgehakt hatte die Linke zudem in Sachen Überwachung: Wer ist für die großen niederländischen Versender zuständig? Die niederländischen Behörden? Oder können bei den sogenannten Grenz­apotheken auch die deutschen Behörden tätig werden? Die Niederländer finden, das ist eine Sache der Empfängerländer. Für das BMG ist die Sache aber klar: „Die Niederlande regeln und vollziehen die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit. Deutsche Behörden können durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden.“ Ob die Bundesregierung von niederländischen Inspektionen wusste? Darüber liegen ihr „keine konkreten Erkenntnisse“ vor. Aber: „Die Bundesregierung steht diesbezüglich mit den niederländischen Behörden im Kontakt.“ In einem Schreiben vom 28. Februar 2019 habe eine Vertreterin der niederländischen „Inspectie Gezondheidszorg en Jeugd“ mitgeteilt, dass „grundsätzlich alle nieder­ländischen Apotheken“ überwacht würden. Fakt ist wohl: Jeder verweist auf einen jeweils anderen. „So bleibt alles beim kläglichen Status quo“, so Gabelmann.

„Keine detaillierten Kenntnisse“ hat das BMG übrigens auch darüber, ob überprüft wird, dass die Vorgaben der sogenannten Länderliste eingehalten werden – konkret, ob niederländische Versandapotheken tatsächlich auch eine Präsenzapotheke unterhalten, wie es diese Liste fordert.

Auswirkungen des E-Rezepts nicht einschätzbar

Die Linke wollte auch wissen, welche Rückschlüsse das BMG aus den Äußerungen des Zur-Rose-Chefs Walter Oberhänsli zieht, mit dem E-Rezept könnten EU-Versender einen Rx-Marktanteil von 10 Prozent erlangen. Dazu heißt es nur: „Die Bundesregierung nimmt zu Meinungsäußerungen von Firmenvertretern keine Stellung.“ Ob es eine Verschiebung von Marktanteilen durch das E-Rezept geben wird, lasse sich „wegen der Vielzahl der hier zu beachtenden Faktoren“ nicht abschließend einschätzen. Für Gabelmann ist das „nicht hinnehmbar und gefährdet die flächendeckende Versorgung mit Medikamenten“. Doch das BMG verweist erneut auf seine Gesetzespläne, mit denen die freie Apothekenwahl der Patienten auch nach Einführung des E-Rezeptes erhalten bleibe.

Kein Zusammenhang zur Buchpreisbindung

Nicht zuletzt hat die Linke auch nachgehakt, was die Preisgabe der Rx-Preisbindung für die Buchpreisbindung im grenzüberschreitenden Handel bedeuten würde. Auch hier ist die Antwort knapp: „Ein Zusammenhang zur Buchpreisbindung besteht nicht. Die Bundesregierung hält das Buchpreisbindungsgesetz für vereinbar mit dem Unionsrecht.“ Auch das kann Gabelmann nicht verstehen: Wer die Entscheidung des EuGH zum Arzneimittelpreisrecht akzeptiere, müsse auch das Ende der Buchpreisbindung akzeptieren. „Denn was für lebenswichtige Güter wie Arzneimittel gilt, kann von der EU durchaus auf Bücher übertragen werden.“

Aus Sicht der Linken-Politikerin gibt es nur eine klare Alternative: „Wir brauchen ein Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel, so wie dies nach Auskunft der Bundesregierung in drei Viertel aller EU-Länder der Fall ist.“ |

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