Management

Das Band der Sympathie

Kundenfokussierung in der Apotheke: Wie Sie eine von Sympathie getragene Beziehung aufbauen

Davon träumen alle Apothekenleiter und auch die Mitarbeiter: Zwischen einem Kunden und ­ihnen springt der Funke über, alle Beteiligten haben das Gefühl, man liege auf einer Wellenlänge. Kurz: Man ist sich sympathisch. Wie aber lässt sich Sympathie herstellen?

Das kennt gewiss jeder: Für manche Menschen empfinden wir auf Anhieb Sympathie, wir glauben, einer seelenverwandten Person ­gegenüberzustehen. Der Begriff „Sympathie“ kommt von dem altgriechischen Wort „sym-patheia“ und bedeutet Mitgefühl oder gleiche Empfindung. Er setzt sich zusammen aus „sym“ (= mit-, zusammen-) und dem Grundwort „pathos“, also Leidenschaft, Ergriffenheit. Frei übersetzt heißt Sympathie „gleiche Welle“.

„Sympathie“ setzt sich ­zusammen aus „sym“ (= mit-, zusammen-) und dem Grundwort ­„pathos“, also Leidenschaft, Ergriffenheit.

Wem es gelingt, eine Gemeinsamkeit mit dem Kunden festzustellen und sich mit ihm auf einer Wellenlänge einzuschwingen, kann sich als Person und Mensch in das Gespräch einbringen. Und das schafft Vertrauen. Dazu ist eine hohe kommunikative Kompetenz notwendig – der Apothekenleiter und seine Mitarbeiter müssen genau zuhören, um die Anknüpfungspunkte aufzuspüren, aus denen sich Gemeinsamkeiten ableiten lassen.

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Ist man auf gleicher Wellenlänge, schwappt die Sympathie über. Viele Gemeinsamkeiten ergeben sich aus dem Gespräch heraus, man ist sich sympathisch. Wichtig sind dabei Ehrlichkeit, Respekt und Offenheit.

Ein Beispiel: Ein Kunde erwähnt beim Einlösen eines Rezepts seine bettlägerige Mutter. Da der ­Inhaber einen Vater in etwa dem gleichen Alter hat, der ebenfalls schwer krank ist, kann er die nicht immer leichte Situation des Kunden sehr gut verstehen und nachvollziehen. Eine persönlich gefärbte Unterhaltung entsteht – und über den ähnlichen Erfahrungshintergrund schließlich eine persönliche Beziehung. Diese führt dazu, dass der Kunde vorzugsweise in diese Apotheke geht, weil er gerne von diesem einfühlsamen Apotheker beraten werden möchte.

Der Apothekenleiter als ­Sympathieträger

Klar ist: Sympathie lässt sich nicht erzwingen. Und Sympathie sollte auch nicht wie eine Ware betrachtet werden, die der Apothekenleiter erzeugt, um sie gegen gute Kundenbeziehungen einzutauschen. Wer dies versucht, wird mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern, weil der Kunde die Absicht spürt, dass sein Gegenüber um jeden Preis sympathisch „rüberkommen“ will. Er ist verstimmt und zieht sich zurück. Wie aber gelingt es, quasi auf natürliche Weise und nicht zweckgerichtet sympathisch zu wirken?

Am besten gelingt dies, wenn man sich grundsätzlich so gibt, wie man ist, und sich nicht verstellt. Dann wirkt man glaubwürdig und authentisch. Das heißt aber nicht, dass man, wenn man zum Beispiel schlechte Laune hat, dies im Kundenkontakt zeigt: Denn dann würde man zwar authentisch agieren, aber vielleicht den Kunden verprellen. Das kann keine Lösung sein.

Eine enge und langfristige Kundenbindung entsteht vor allem durch die ­vertrauensvolle Beziehung von Mensch zu Mensch. Am besten, man verstellt sich nicht und bleibt so glaubwürdig und authentisch.

Was also tun? Die Gefühle unterdrücken? In einem schwierigen Beratungsgespräch oder in einem Reklamationsgespräch mit einem erbosten, ja aggressiven Kunden, das die volle Konzentration und Zuwendung erfordert, wird dies kaum gelingen. Grundsätzlich gilt: Eine enge und langfristige Kundenbindung entsteht vor allem auch durch die vertrauensvolle Beziehung von Mensch zu Mensch, weshalb es wichtig ist, dass der Apothekenleiter und die Mitarbeiter als Sympathieträger wirken. Um dies nicht zu gefährden, ist es in den genannten problematischen Situationen richtig, wenn man einen Kollegen bittet, das Gespräch zu übernehmen. Denn in einer momentanen emotionalen Missstimmung kann man keinen guten Draht zum Kunden aufbauen.

Sympathisches Verhalten in den „MdW“

Grundsätzlich sollte man darauf achten, keine Verhaltensweisen an den Tag zu legen, die den ­Beziehungsaufbau verhindern. Dies gilt insbesondere für die ­sogenannten Momente der Wahrheit (MdW), in denen der Kunde sensibel darauf achtet, wie das Apothekenteam sich ihm gegenüber verhält. Wichtige MdW sind etwa die Begrüßung, die Verabschiedung, das ­bereits erwähnte Reklamationsgespräch und Beratungssituationen, in denen es um den Preis und die kundennutzenzentrierte Argumentation geht. Wie reagiert der Apotheker auf die Einwände des Kunden? Bügelt er sie ab oder geht er aufmerksam auf sie ein? In den MdW entscheiden meistens Tugenden wie Offenheit, Höflichkeit, Zuvorkommenheit und Zuverlässigkeit ­darüber, ob bei Neukunden das Band der Sympathie entstehen oder bei Stammkunden noch weiter wachsen kann.

Es ist zu empfehlen, das Verhalten in den MdW in der Teamsitzung zu besprechen. Welche Verhaltensweisen sind Erfolg versprechend? In welchen konkreten Kunden­situationen ist es gelungen, Sympathie aufzubauen – und in welchen nicht und warum?

Wahrhaftig agieren

Das Wissen, dass positive Beziehungen zu anderen Menschen meistens über den emotionalen Faktor entstehen, lässt immer mehr Apothekenteams darüber nachdenken, wie sich beim Kunden Sympathiepunkte sammeln lassen. Welche Verhaltensweisen tragen dazu bei? Das Problem ­dabei: Es gibt keine klare Grenze zwischen zweckfreiem Sympathieaufbau und absichtsvoller Verbesserung des Kundenkontakts, zumal dabei die subjektive Wahrnehmung eine Rolle spielt. Wenn sich der Apothekenleiter nach dem Gesundheitszustand des verschnupften Kunden erkundigt, mag dies der eine Kunde als ehrliches Zeichen des Mitfühlens einschätzen. Der andere Kunde hingegen definiert es als mani­pulativen Versuch, das Sonderangebot im Sichtwahlbereich ansprechen zu können.

Jeder Kundenkontakt bietet eine Chance, bei der Sympathie ent­stehen kann, und zugleich ein Risiko: Antipathie entsteht auf eine ebenso nicht erklärbare Weise wie Sympathie. Darum ist es am besten, bei der Wahrheit zu bleiben. Für das eingangs genannte Beispiel gilt: Zwischen dem Kunden und dem Apothekenleiter gibt es über den kranken Vater ­einen gemeinsamen Bezugspunkt. Es ist richtig, wenn der Apothekenleiter das Gespräch vertieft – eventuell kann er dem Kunden nützliche Hinweise an die Hand geben. Nicht einwandfrei hingegen wäre es, wenn er seinen Vater „kränker machen“ würde, als er ist, um eine gemeinsame Gesprächsbasis aufzubauen.

Offen und ehrlich vorgehen

Der Apothekenleiter und seine Mitarbeiter sollten gemeinsam diskutieren und festlegen, was genau der „sympathische Beziehungsaufbau“ für das Team bedeutet. Eine mögliche Festlegung wäre: „Unser Ziel ist es nicht, sympathisch zu wirken, weil wir uns davon einen konkreten Nutzen versprechen. Wir wollen sympathisch wirken, weil wir Menschen mögen und uns dafür einsetzen, zufriedene Kunden zu haben, die die Apotheke mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen.“

Entscheidend ist, im Team die praktischen Konsequenzen dieser Einstellung festzulegen, zum ­Beispiel: „Wir sind immer ­offen und ehrlich zum Kunden und stellen ihm, falls notwendig, auch die Nachteile eines Produktes dar, denn Transparenz und Respekt sind für uns wichtige Aspekte.“ Oftmals kann es sinnvoll sein, dem Kunden eine Alternative darzulegen, sodass er ­letzt­endlich selbst die Kaufentscheidung trifft. Die meisten ­Kunden belohnen dies mit Sympathie und Vertrauen.

Fazit

Kundenorientierte Apothekenteams wollen dem Kunden immer einen hohen Nutzen erweisen. Sympathisch wirken sie dann, wenn sie diesen Nutzen so uneigennützig wie möglich stiften. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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