Gesundheitspolitik

Gegen die Sonderstellung der Homöopathie

Parteitagsanträge bei Grünen und SPD für Ende der Kassenerstattung und Apothekenpflicht

TRAUNSTEIN (cha) | Die Streichung der Kostenerstattung von Homöopathika in Frankreich ab 2021 hat in Deutschland bereits für erheblichen Wirbel gesorgt. Dabei gehen die Meinungen in den Parteien durchaus aus­einander. Nun sollen Parteitage über das Thema entscheiden.
© Kai Felmy

Bei den Grünen tobt offenbar ein Glaubenskrieg in Sachen Homöopathie. So wurde für die 44. Bundesdelegiertenkonferenz, die vom 15. bis 17. November in Bielefeld stattfindet, am 9. September der Antrag „Echter Patient*innen­schutz: Bevorteilung der Homöopathie beenden!“ eingebracht. Darin wird gefordert, die grüne Gesundheitspolitik zu aktualisieren. Wörtlich heißt es: „Wir treten für eine wissenschaftlich fundierte, faktenbasierte und solidarisch finanzierte medizinische Versorgung für alle ein. Die Finanzierung von nachweislich nicht über den Placeboeffekt hinaus wirk­samen Behandlungsmethoden ist mit diesem Grundsatz unvereinbar.“ Für Homöopathika fordern die Antragsteller eine Zulassung mit wissenschaftlicher Betrachtung, ein Ende der Erstattung durch die Krankenkassen sowie eine verstärkte Aufklärung der Patienten, um diese zu schützen. Dazu sollen Homöopathika klar „mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ihrer Wirkung und mit ihren Inhaltsstoffen“ deklariert werden; Ärzte und Apotheker sollen Patienten „zur fehlenden Wirkung über den Placeboeffekt hinaus informieren, bevor sie in der Apotheke ohne ihr Wissen Zuzahlungen zu unwirksamen Mitteln leisten“. Ausdrücklich nicht gefordert wird ein Verbot der homöopathischen Behandlung, da Placebos in gewissen Bereichen auch sinnvoll eingesetzt werden könnten.

Gegenanträge wollen weitere Forschungen

Offenbar als Reaktion auf diesen auf der Website (antraege.gruene.de) heiß diskutierten Antrag wurden nun am 29. September und am 4. Oktober zwei andere Anträge eingereicht. Sie treten u. a. für eine weitere Finanzierung der Homöopathie durch gesetzliche Krankenkassen sowie für weitere Forschungen zum Nachweis der Wirksamkeit ein. Wörtlich heißt es: „Wir Grüne wollen uns nicht für einen Glaubensstreit instrumentalisieren lassen. Es geht hier nicht um relevante Ausgaben des Gesundheitssystems, sondern gerade einmal um 0,05% der Arzneimittelkosten der gesetzlichen Krankenkassen.“

Auch bei der SPD treffen offenbar verschiedene Ansichten aufeinander. So wurden für den Landes­parteitag der Berliner SPD am 26. Oktober 2019 zwei sehr ähn­liche Anträge eingereicht mit dem Titel „Nichts für Ungut! – Sonderstellung der Homöopathie beenden“. Beschlossen werden soll, dass der Parteitag die Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung auffordert, „die Kostenerstattung von homöopathischen Behandlungen durch die gesetzlichen Krankenkassen abzuschaffen“. Homöopathika sollten nicht länger als Arzneimittel geführt und somit auch die Apothekenpflicht für homöopathische Präparate aufgehoben werden. Die Antragskommission empfiehlt den Delegierten laut der Website, diesen Antrag anzunehmen. Durchgewunken soll er aber nicht werden: Der Zusatz „Kein Konsens“ macht deutlich, dass es durchaus andere Meinungen gibt, weshalb vor der Abstimmung eine Diskussion erfolgt. |

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