Futurepharm

Apotheke 4.0

Wo die Vorteile der Apotheke vor Ort liegen

Von Gunther Böttrich | Ob wir es gut finden oder nicht – wir kommen nicht umhin, festzustellen, dass durch die Digitalisierung umfassende Veränderungen in unserer Gesellschaft stattfinden. Diese Veränderungen betreffen fast alle Lebensbereiche, auch die Apotheke – und die Reise ins Digitalzeitalter hat erst begonnen.
Gunther Böttrich, Burg Apotheke, Volkmarsen

Besonders das Konsumverhalten der Bevölkerung hat sich durch die Nutzung von Smartphones und Tablets grundlegend verändert. Die Erwartungshaltung der Konsumenten wird zunehmend geprägt durch diese Tools. Kommunikation wird immer kürzer, selbst Regierungsbotschaften werden über Twitter verbreitet. Lange Werbetexte sind out, plakative bildhafte Darstellungen treten in den Vordergrund. Diesem Prozess Rechnung tragend müssen sich klassische Verkaufskonzepte wie der lokale Einzelhandel fragen, ob ihr Angebot noch zur Zielgruppe passt.

Nichts ist so beständig wie der Wandel

Wandel im Handel fand offenkundig zu allen Zeiten statt. Vom Kolonialwarenhändler und Tante-Emma-Laden über Discounter und Selfservice haben sich „Local Shops“ immer verändert oder sind verschwunden. Neue Technologien ­haben immer neue Möglichkeiten eröffnet und so neue ­Konzepte angestoßen. Das aktuell Bedeutsame liegt in der Geschwindigkeit, mit der sich der Wandel vollzieht.

Digitalisierung ist eine solche Technologie, die umfassenden Wandel hervorbringt. Die Karten werden neu gemischt, es entstehen neue Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer.

Die Macht des Marktes

Durch Internet-Shopping und -Versender verlagern sich zunehmend Umsätze weg vom lokalen Einzelhandel hin zu dezentralen, oftmals im Ausland residierenden Großkonzernen. Alles Jammern, Schimpfen und Klagen aufseiten der „Lokalen“ ist schlussendlich nicht zielführend, denn die Macht des Marktes, oder besser die Entscheidung des einzelnen Konsumenten, bestimmt, wo der Rubel rollt.

Unbestritten haben öffentliche Apotheken als traditionelle Einrichtungen ihren festen Platz in der Versorgungsstruktur der Bevölkerung. Sie genießen ein hohes Ansehen, sie verfügen über ein breit aufgestelltes Wissen und sie sind noch (?) flächendeckend verfügbar. Eigentlich die besten Voraussetzungen!

Apotheken im Wettbewerb

Wie oben beschrieben verändert sich unser Biotop – das Umfeld, in dem wir Apotheken und unsere Patienten/Kunden schwimmen. Neue Marktteilnehmer mit ausgesprochen fundierten Kenntnissen in den Bereichen Logistik, Marketing und Digitalisierung, die zudem noch finanziell recht gut ausgestattet sind, machen uns Heilberuflern das Leben schwer. Wir Apotheker können sicher besser „Heilberufler“, das haben wir schließlich gelernt. Unsere neuen Wettbewerber sind strukturell keine Heilberufler, aber sie punkten deutlich in den kaufmännischen Disziplinen.

Wie kann der „Local Store“ Apotheke nun Zukunftssicherung betreiben? Wer soll es richten? Auf wen sollen wir warten? Auf die Bundespolitik oder die Standes-Politik, oder ein Wunder?

Der Apotheker ist (auch) Kaufmann!

Aus welchen Bestandteilen mischen wir Apotheker nun das Heilmittel, das uns auch in der Zukunft die betriebswirtschaftliche Basis für heilberufliches Arbeiten generiert? Antworten auf kaufmännische Fragen, zum Beispiel nach welchen Kriterien Kaufentscheidungen von Konsumenten getroffen werden, liefert die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus Nürnberg. Im Rahmen des Kooperationsgipfels des Bundesverbands der Deutschen Apothekenkooperationen (BVDAK) im Februar 2019 in München referierte Walther Pechmann, Senior Director Consumer Health, zu dieser Fragestellung. Der Marketing-Stratege mit Schwerpunkt OTC beschrieb die Kriterien, die für Konsumenten wichtig sind. Hier die Top 5: Einkaufserlebnis, Sicherheit, Zeit, Komfort, Preis.

Fokussierung!

Hilfreich ist, sich klar zu machen, dass der wichtigste Player in dieser Gemengelage die Konsumenten und deren Bedürfnisse sind. Die lokale Apotheke muss einen klar erkenn­baren Nutzen für die „User 4.0“ bieten und dies zeitgemäß kommunizieren. Dann hat sie auch im Digitalzeitalter gute Zukunftschancen. Der Preis ist sicher nicht der Hebel, mit dem es lokalen Apotheken gelingen kann, Gesundheits­kunden nachhaltig zu überzeugen. Treuekonzepte und Couponing sind aber interessante Spielwiesen. Auch hier bietet digitale Technologie völlig neue Ansätze.

Immer noch vorn (im Vergleich zum Versand) ist die öffentliche Apotheke in der Kundenwahrnehmung beim Thema Sicherheit! Themen wie zum Beispiel Arzneimittelsicherheit, Securpharm, Interaktions-Check verbunden mit der persönlichen Beratung in der öffentlichen Apotheke sollten aber noch deutlicher kommuniziert und gelebt werden. Hierzu braucht es schlussendlich effiziente Prozesse in der Apotheke, damit das Apothekenteam Zeit zur Erbringung und Ausweitung dieser Leistungen hat.

Zeit und vor allem Komfort sind Kriterien, bei denen laut GfK die Versender vorne liegen. Das gilt es schnell zu ändern. Gelingt es, in der lokalen Apotheke durch intelligente Lagersteuerung eine optimale Lieferfähigkeit zu gewährleisten, werden zunehmend treue Kunden/Patienten generiert: „Die haben immer alles da!“.

Für nicht immer vermeidbare Nachlieferungen oder Bestellungen sollte ein Same-Day-Delivery-Service aktiv angeboten und beworben (!) werden. Hierzu brauchen lokale Apotheken eine praktikable, wettbewerbsfähige und rechtssichere Regelung bzgl. Botendienst/Auslieferung.

Lokale stimmige Lösungen sind gefragt. Auch ein Autoschalter kann ein Komfort-Argument sein und neue Kunden an die Apotheke binden.

Foto: Promosi
Die Digitalisierung findet sich in vielen Bereichen der Apotheke wieder. So gibt beispielsweise der Einsatz elektronischer Zahlteller neue Impulse in der Produktpräsentation.

Unser Vorteil!

Online-Giganten wie Amazon gehen dazu über, „Local Stores“ zu eröffnen, um noch näher an der Zielgruppe zu sein. In diesen Geschäften werden im Online-Handel erlernte Mechanismen des erfolgreichen Verkaufens konzeptionell umgesetzt.

Den Vorteil der lokalen Nähe zur Zielgruppe haben lokale Apotheken naturgegeben. In der Art und Weise, wie in den meisten Apotheken beraten und verkauft wird, hat sich in den vergangenen zehn Jahren allerdings nicht allzu viel verändert. Zumindest nehmen es Kunden so wahr.

Visualisierung und kurze, einprägsame Botschaften werden im Digitalzeitalter immer wichtiger. Diese Botschaften zu senden und so Produkte und die eigene Apotheke ganz neu zu inszenieren, das gelingt mit digitalen Präsentationskonzepten, wie zum Beispiel durch die virtuelle Sichtwahl. Neue Möglichkeiten der Produktpräsentation ergeben sich zusätzlich durch den Einsatz digitaler Zahlteller. |

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