Arzneimittel und Therapie

Antiepileptikum unter der Gürtellinie

Gabapentin hilft gegen Beschwerden im weiblichen Intimbereich

Vulvodynie ist eine weit verbreitete Störung bei Frauen, die oft starke Auswirkungen auf die Sexualität und den Alltag der Betroffenen hat. Eine neue Studie aus den USA zeigt, dass Gabapentin die Sexualfunktion der Patientinnen verbessern und Schmerzen lindern kann.

Patientinnen mit Vulvodynie leiden unter Jucken, Brennen, Stechen oder Schmerzen im Bereich der äußeren primären Geschlechtsorgane. In den meisten Fällen werden die Beschwerden durch Kontakt ausgelöst, beispielsweise beim Geschlechtsverkehr oder beim Einführen von Tampons. Diese Unterform wird als provozierte Vulvodynie (PVD) bezeichnet und hat oft keine erkennbare Ursache. Es wird vermutet, dass hier mehrere Faktoren wie eine Dysfunktion der Mechano­rezeptoren in der Schleimhaut, ein verstärktes Schmerzempfinden im Gewebe und der Muskulatur sowie eine zentrale Sensibilisierung beteiligt sind. Zudem tritt eine provozierte Vulvodynie häufig im Zusammenhang mit einer Fibromyalgie auf. Da sich das Antiepileptikum Gabapentin bei Patienten mit Fibromyalgie als wirksam erwiesen hat, wurde anhand einer doppelblinden Cross-Over-Studie untersucht, ob Gabapentin auch bei provozierter Vulvodynie helfen kann.

Dazu wurden 89 betroffene Frauen zwischen 18 und 50 Jahren in zwei Gruppen randomisiert. Eine Hälfte erhielt zuerst sechs Wochen lang täglich Gabapentin-Retardtabletten (1200 bis 3000 mg) und nach einer viertägigen Auswaschphase weitere sechs Wochen Placebo. Bei der anderen Hälfte war die Reihenfolge umgekehrt. Am Anfang der Studie und jeweils am Ende der beiden Behandlungsphasen wurde die Sexualfunktion anhand des Female Sexual Function Index (FSFI) bewertet. Dieser standardisierte Fragebogen mit einer Gesamtskala von zwei bis 36 Punkten deckt sechs Dimensionen ab: Libido, sexuelle Erregung, Lubrikation, Orgasmus, Befriedigung und Schmerzen. Zudem wurde das Schmerzempfinden mithilfe eines Algometers untersucht, welches das kontrollierte Ausüben von bestimmten Drücken erlaubt.

Während der Gabapentin-Behandlung verbesserte sich der FSFI-Gesamtwert gegenüber Placebo signifikant um durchschnittlich 1,3 Punkte. Für Libido, Erregung und Befriedigung stiegen die Werte, die Domänen Orgasmus, Lubrikation und Schmerzen veränderten sich nicht. Nach der Gabapentin-Behandlung lag der FSFI-­Gesamtwert jedoch weiterhin deutlich unter dem Wert einer Kontrollgruppe ohne Vulvodynie – und zwar um durchschnittlich 6,9 Punkte. Unerwünschte Wirkungen traten unter Gabapentin im Vergleich zu Placebo nur geringfügig häufiger auf.

Frauen, die laut der Algometer-Untersuchung unter überdurchschnittlich starken Muskelschmerzen litten, profitierten am meisten von der Behandlung mit Gabapentin. Bei ihnen war der FSFI-Gesamtwert um durchschnittlich 1,6 Punkte höher als unter Placebo. Zudem zeigte sich ein Trend zu einer Verbesserung in der Domäne Schmerz. Insbesondere bei dieser Patientengruppe könnte Gabapentin den Studienergebnissen zufolge eine interessante Behandlungsoption sein. |

Quelle

Bachmann GA et al. Effect of gabapentin on sexual function in vulvodynia: a randomized, placebo-controlled trial, Am J Obstet Gynecol 2019;220(1):89.e1-89.e8

Apothekerin Sarah Katzemich

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