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Demonstration durchs Regierungsviertel
#retteDeineApotheke – erfolgreicher Protestmarsch soll nicht die einzige Aktion bleiben
Drei junge Apotheker – Maria Zoschke, Dr. Joachim Schrot und Maximilian Wilke – hatten den Protestmarsch unter dem Motto #rettedeineapotheke kurzfristig auf die Beine gestellt. Auslöser für ihre Aktion war das von der EU-Kommission wiederbelebte Vertragsverletzungsverfahren, mit dem die Bundesrepublik Anfang März aufgefordert wurde, die Rx-Preisbindung für ausländische Versandapotheken binnen zwei Monaten aufzuheben. „Wenn das eintritt, was die EU von Deutschland fordert, würde eine Rabattschlacht um lebenswichtige Medikamente wie Blutdrucksenker, Antibiotika oder Insuline losbrechen“, warnt Wilke. „Internationale Handelskonzerne würde den deutschen Markt überrollen. Und das würden tausende Apotheken vor Ort wirtschaftlich nicht überleben.“
Dem Protest-Aufruf hatte sich auch die Apothekengewerkschaft Adexa angeschlossen. Sonntag um 15.00 Uhr trafen sich die Demo-Teilnehmer hinter dem S-Bahnhof Friedrichstraße – 400 bis 500 sollen es gewesen sein. Teilweise waren sie angereist aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Dann ging es los in Richtung Bundesgesundheitsministerium (BMG). Die Demonstranten hielten Plakate in die Luft, auf denen zumeist gegen große Versandhändler protestiert wurde. Und es gab Sprechchöre: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man euch die Apo klaut!“, hieß es. Oder: „Wir sind da, in der Nacht, wenn die Post noch Pause macht!“ Am Kopf des Zuges liefen die Initiatoren mit einem #rettedeineapotheke-Banner. Am BMG angekommen, sprach Wilke via Megafon zu den Teilnehmern und forderte sie zu einem gellenden Pfeifkonzert auf. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn oder andere BMG-Mitarbeiter zeigten sich sonntags zwar nicht. Die Pharmazeuten machten ihrem Unmut dennoch Luft: „Die Politik muss endlich aufhören, die Apotheken und ihre 160.000 Arbeitsplätze kaputtzusparen“, rief Wilke.
Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor
Der Protestmarsch setzte sich dann fort bis zum Brandenburger Tor, wo eine Abschlusskundgebung vor einem gemieteten Lieferwagen stattfand. Wilke erklärte, dass er und seine Kollegen die Arzneimittelversorgung auch in den kommenden 30 Jahren noch aufrechterhalten wollen – doch dazu brauche es sichere Rahmenbedingungen aus der Politik. Mehrfach wies er auf den Mehrwert der Apotheke gegenüber dem Versandhandel hin: „Die Apotheken sind mehr als reine Medikamenten-Verkaufsstellen. Sie sind ein wichtiger Pfeiler im Gesundheitswesen. Sie sind Orte des Vertrauens, sie sind Orte der Geborgenheit, sie sind Orte der sozialen Wärme.“ Andreas May, Erster Vorsitzender von Adexa, erklärte, warum es auch die Vertretung der Apothekenangestellten stört, dass „Rezepte nach Holland gehen“. Denn: „Weil sie dann nicht in den Apotheken vor Ort abgegeben werden. In Apotheken, die ihre Kunden ganz persönlich und richtig gut beraten. In den Apotheken, die Nacht- und Notdienste machen – und die viele andere Gemeinwohlaufgaben übernehmen.“
Begeisterte Teilnehmer
Die Demo-Teilnehmer zeigten sich begeistert von der Aktion. Auf der Facebook-Seite von „Rettedeineapotheke“ tauschten sich die Teilnehmer anschließend über den Protestmarsch aus und bedankten sich bei den drei Organisatoren. „Es war großartig! Das müssen wir jetzt in allen Städten und mindestens einmal pro Monat wiederholen!“, schrieb eine Teilnehmerin. „Vielen Dank an die Veranstalter! Einfach super organisiert! Toll gesprochen! Alles kurz und knackig auf den Punkt gebracht! Das war erst der Anfang! Wir bleiben dran!!!“, heißt es in einem anderen Kommentar.
Noch am Sonntag berichtete auch der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) in der Abendschau über die Aktion. Die TV-Redakteure befragten mehrere Passanten zu der Apotheker-Initiative – mit durchaus positivem Feedback: Die im TV-Beitrag befragten Passanten zeigten Verständnis für die Sorgen der Pharmazeuten.
Was sagen BMG und ABDA?
Beim BMG hieß es auf Nachfrage: „Die Anliegen der Demonstranten nehmen wir ernst. Wir sind aber überzeugt davon, mit den jüngsten Reformvorschlägen zum Versandhandel, die flächendeckende Versorgung mit Apotheken in Deutschland sichern zu können. Und das dürfte auch im Interesse derjenigen sein, die am Sonntag auf die Straße gegangen sind.“ Und was hält die ABDA von der Aktion? Ein Sprecher erklärte: „Solche Basisaktionen sind absolut legitim. Sie unterstreichen, wie groß der Problemdruck und der Handlungsbedarf im System der Arzneimittelversorgung sind. Nicht jede Forderung und nicht jede Formulierung deckt sich mit der Beschlusslage der ABDA – das liegt aber in der Natur der Sache.“
Nicht die letzte Aktion
Die Initiatoren selbst sehen die Aktion als vollen Erfolg: „Wir finden es ein starkes Zeichen, dass sich innerhalb so kurzer Zeit so viele Kolleginnen und Kollegen versammelt haben, um gemeinsam gegen den politischen Ausverkauf der Apotheken zu demonstrieren. Jeder, der vor Ort war, kann wirklich stolz sein auf sein persönliches Engagement. Nicht zuletzt hat auch die Unterstützung der Adexa zum großen Erfolg beigetragen.“
Zoschke, Wilke und Schrot wollen den Slogan #rettedeineapotheke behalten und nun ausbauen. Der Protestmarsch soll erst der Anfang gewesen sein. „Wir haben weitere Dinge geplant“, sagt Wilke. Was genau, will er noch nicht verraten. „Aber eines steht fest: Wir lassen nicht locker!“. |
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