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- DAZ 16/2019
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Arzneimittel und Therapie
Gereizt? Bei Husten keine Frage
Unterscheidung zwischen schleimig und trocken ist nicht therapierelevant
Die kürzlich veröffentlichte S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) richtet sich primär an Lungenfachärzte. Doch nicht nur für Pneumologen sind die 48 im Konsensusverfahren abgestimmten Empfehlungen und 16 Statements interessant. In dem Dokument findet sich auch für Apotheker allerhand Wissenswertes zur Beratung von erwachsenen Patienten mit Husten. So ist in der Leitlinie zu lesen, dass die Unterscheidung zwischen produktivem Husten und Reizhusten aus therapeutischer Sicht nicht bedeutsam sei. Denn zur Wirkung von Sekretolytika und Mukolytika auf den Husten fehlt die Evidenz. Dass Substanzen wie Ambroxol und N-Acetylcystein Hustenbeschwerden dennoch lindern können, ist womöglich auf deren antientzündliche und antioxidative Effekte zurückzuführen. Zudem ist bei pflanzlichen Arzneimitteln oft keine eindeutige Trennung zwischen der Wirkungsweise als Hustenblocker oder Expektorans möglich. Ohnehin können Patienten die Frage nach der Art des Hustens meist gar nicht so leicht beantworten. So wird die Sputummenge häufig überschätzt. Auch die Unterscheidung von Speichel und Bronchialsekret ist im Einzelfall oft schwierig. Zudem kann sich ein Reizhusten für den Patienten wie eine Verschleimung anfühlen. Die Grenzen zwischen trockenem und produktivem Husten sind fließend.
Wann zum Arzt?
Entscheidend für das therapeutische Vorgehen ist die Dauer des Hustens. Halten die Beschwerden maximal zwei Wochen an, spricht man von akutem Husten. Meist handelt es sich hierbei um einen klassischen „Erkältungshusten“, der auf eine virale Infektion der oberen und/oder der unteren Atemwege zurückzuführen ist – laut Leitlinie die Domäne der Selbstmedikation. Weisen Alarmzeichen (s. Kasten „Alarmzeichen“) auf andere Ursachen oder einen schweren Verlauf hin, sollte sich der Patient jedoch umgehend in ärztliche Behandlung begeben.
Alarmzeichen bei akutem Husten
- blutiger Auswurf
- Atemnot in Ruhe
- Heiserkeit
- Verdacht auf Lungenentzündung
- Fieber ≥ 38,5 °C
- Verdacht auf Tuberkulose (Tbc): Aufenthalt in Ländern mit hoher Tbc-Prävalenz, Tbc-Kontaktpersonen, Obdachlose
- anamnestisch bekannte Malignome
- Immundefizienz, HIV-Infektion, immunsuppressive Therapie
- extrem starke Raucher
- akute Herzinsuffizienz
- akute Intoxikation durch inhalative Noxen
Erkältungsviren können dem Patienten aber auch deutlich länger als 14 Tage zu schaffen machen: Dauern die Hustenbeschwerden über drei bis acht Wochen an und klingen dann wieder spontan ab, handelt es sich um einen subakuten Husten. Auch eine Infektion mit Bordatella pertussis, dem Keuchhusten-Erreger, kann der Grund für solch einen protrahierten Verlauf sein. Klagen erwachsene Patienten über Erbrechen, sollte man hellhörig werden. Denn bei einer Pertussis-Infektion ist eine Therapie mit Makrolid-Antibiotika innerhalb der ersten zehn Tage nach Symptombeginn indiziert.
Bei Hustensymptomen, die über mehr als acht Wochen fortbestehen, ist eine weiterführende Diagnostik unerlässlich. Dann liegt ein chronischer Husten vor, der verschiedenste Ursachen haben kann – auch solche, die nicht pulmonal bedingt sind. Hier ist beispielsweise an einen medikamentös induzierten Husten (z. B. ACE-Hemmer oder Sitagliptin) oder an eine gastroösophageale Refluxkrankheit zu denken. Klagen Patienten unter ACE-Hemmern über Husten, ist ein Auslassversuch angebracht. Auch kardiale Erkrankungen mit Lungenstauung können zu Hustensymptomen führen.
Apothekenpflicht für Phytohustil®
Seit dem 1. April 2019 sind Phytohustil® Pastillen apothekenpflichtig. Damit will Hersteller Bayer nach eigener Aussage eine leitliniengerechte Beratung gewährleisten. In der DGP-Leitlinie sind Eibischwurzel-Präparate unter pflanzlichen Antitussiva zur Hustenreizlinderung erwähnt. Für den bislang freiverkäuflichen Phytohustil® Saft soll ebenfalls Apothekenpflicht angestrebt werden. Bei den Eibischwurzel-Präparaten ist die Einstufung der verschiedenen Darreichungsformen unterschiedlich geregelt. Ob ein Präparat als apothekenpflichtig oder freiverkäuflich eingestuft wird, entscheidet letztlich das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Was hilft bei akutem Husten?
Bei viralem Erkältungshusten gibt es keine kausale Therapie, die Behandlung erfolgt symptomatisch. Expektoranzien, die durch Erhöhung des Sekretvolumens und Verringerung der Viskosität das Abhusten erleichtern sollen, können zu einer subjektiven Besserung der Beschwerden führen. Generell ist der Einsatz chemischer Expektoranzien nur in den ersten zwei bis drei Tagen sinnvoll, bevor der produktive Husten in einen Reizhusten übergeht. Die Datenlage zur Wirksamkeit der verschiedenen Sekretolytika und Mukolytika ist jedoch dünn. Lediglich für Ambroxol (z. B. Mucosolvan® und Generika) existiert laut Leitlinie eine methodisch akzeptable randomisierte placebokontrollierte Studie.
Deutlich besser sieht es nach Einschätzung der Leitlinienautoren bei den pflanzlichen Arzneimitteln aus. So gibt es beispielsweise für Präparate aus Efeu, Cineol, Myrtol, Pelargonium sidoides und Kombinationspräparate aus Efeu und Thymian sowie Primeln und Thymian überzeugende Belege für deren Wirksamkeit bei akutem Husten (s. Tabelle). Dauer und Intensität des Hustens können mit diesen Präparaten verringert werden. Die Experten weisen jedoch darauf hin, dass Studienergebnisse zu Phytopharmaka generell nur für das jeweils getestete Präparat gelten und nicht automatisch auf andere Arzneimittel, die Inhaltsstoffe derselbe(n) Pflanze(n) enthalten, übertragbar sind.
Präparat (Hersteller) |
Inhaltsstoff |
Anwendungshinweis |
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Prospan® Hustenliquid (Engelhard)
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Efeublätter (Spezialexktrakt EA 575) |
Flasche vor jedem Gebrauch schütteln, Beutel vor Gebrauch leicht durchkneten; unverdünnt einnehmen |
Soledum® 200 mg Kapseln (Klosterfrau)
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Cineol |
unzerkaut mit reichlich kalter Flüssigkeit möglichst 30 min vor dem Essen einnehmen, bei empfindlichem Magen zu den Mahlzeiten |
GeloMyrtol® forte 300 mg magensaftresistente Weichkapseln (Pohl-Boskamp)
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Myrtol (Spezialdestillat ätherischer Öle ELOM-080) |
30 min vor dem Essen mit reichlich kalter Flüssigkeit einnehmen; nicht bei entzündlichen Erkrankungen im Magen-Darmbereich und im Bereich der Gallenwege sowie bei schweren Lebererkrankungen |
Umckaloabo® (Dr. Willmar Schwabe)
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Pelargonium-sidoides (Spezialektrakt EPs 7630) |
mit etwas Flüssigkeit einnehmen; nicht bei schweren Lebererkrankungen |
Bronchipret® TE Saft (Bionorica)
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Efeublätter und Thymiankraut |
vor Gebrauch schütteln; unverdünnt schlucken, anschließend kann etwas Flüssigkeit (vorzugsweise Wasser) nachgetrunken werden |
Bronchipret® TP Filmtabletten (Bionorica)
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Primelwurzeln und Thymiankraut |
unzerkaut vor den Mahlzeiten mit ausreichend Flüssigkeit einnehmen |
In der Selbstmedikation beliebt sind auch antitussive Sirups und Säfte (z. B. mit Spitzwegerich, Eibischwurzel, Isländisch Moos), Gurgellösungen, Lutschtabletten, Honig und Hustenbonbons. Die in den Demulzenzien enthaltenen Zucker oder Schleimstoffe „umhüllen“ die Hustenrezeptoren im Rachen und lindern so den Hustenreiz. Die Wirkdauer ist jedoch begrenzt: Nach 20 bis 30 Minuten sind die Rezeptoren der Reizung wieder schutzlos ausgeliefert.
Opiate werden in der Leitlinie als Goldstandard der antitussiven Therapie bezeichnet – mit einem Wermutstropfen: Bei Erkältungshusten wirkt Codein nicht besser als Placebo. Opiate sollten bei akutem Erkältungshusten daher nicht eingesetzt werden. Hingegen ist die antitussive Wirksamkeit von Dextrometorphan (z. B. Silomat®) bei Erkältungsinfekten gut belegt, bei quälendem Reizhusten ist der Einsatz sinnvoll – in der Selbstmedikation nicht länger als drei bis fünf Tage. |
Quelle
Kardos P et al. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. Pneumologie 2019;73:143-180
Fachinformationen der genannten Präparate
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