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Arzneimittel und Therapie
Schädigt Methylphenidat die Leber?
Spontanmeldungen halten sich in Grenzen
Betrachtet wurden sämtliche Spontanmeldungen über Leberschäden unter Methylphenidat, die im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 23. Mai 2016 in der Online-Datenbank das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erfasst wurden. Im Rahmen des XXXVI. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP) in Mannheim stellte Stefanie Fekete, Assistenzärztin an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg die Ergebnisse der Untersuchung vor. Publiziert wurden die Daten bereits letztes Jahr.
Nur 60 Meldungen in zehn Jahren
Während des zehnjährigen Beobachtungszeitraums identifizierten die Wissenschaftler insgesamt 60 Spontanmeldungen zu Leberschäden, die während einer Behandlung mit Methylphenidat berichtet wurden. Ein möglicher bzw. wahrscheinlicher Kausalzusammenhang mit dem Arzneistoff wurde in 9 bzw. 11 Fällen vermutet. In 25 Fällen lieferten Begleiterkrankungen oder die Komedikation mögliche Erklärungen für erhöhte Leberwerte. Bei 15 Meldungen war keine Bewertung der Kausalität möglich.
Doch ist ein kausaler Zusammenhang in den 20 als „möglich“ oder „wahrscheinlich“ eingestuften Fällen tatsächlich plausibel? Dazu sahen sich Fekete und Kollegen die Meldungen genauer an. So scheint es beispielsweise in dem Fall des 15-jährigen Patienten, bei dem nach Beginn der Methylphenidat-Therapie ein vorbestehender gutartiger Lebertumor stark wuchs, durchaus Indizien für einen Kausalzusammenhang zu geben: Nachdem die Methylphenidat-Dosis von 54 mg/Tag auf 45 mg/Tag reduziert wurde, schrumpfte der Tumor wieder auf seine ursprüngliche Größe. Auch bei einer 47-jährigen adipösen Patientin erwies sich eine Therapieanpassung als wirksam: Nach Absetzen des Methylphenidats normalisierten sich die zuvor erhöhten Leberwerte wieder. Ob hingegen die erhöhten Leberwerte im Fall eines vierjährigen Jungen, der an einer T-Zell-Leukämie litt, allein auf Methylphenidat zurückzuführen waren, bleibt fraglich. Der kleine Patient wurde bereits mit zahlreichen anderen Arzneimitteln versorgt. Ein Einzelfall blieb glücklicherweise die fulminante Hepatitis bei dem zuvor völlig gesunden Patienten, die 2015 für Aufsehen gesorgt hatte. Weitere Berichte für solch schwere Komplikationen fanden sich in der BfArM-Datenbank nicht.
Risikopatienten überwachen
Insgesamt kommen Fekete et al. zu dem Schluss, dass den Fällen von Leberschädigungen unter Methylphenidat ein idiosynkratischer Mechanismus zugrunde liegt. Im Gegensatz zu intrinsischen Leberschädigungen – wie beispielsweise durch Paracetamol – sind diese dosisunabhängig und nicht vorhersehbar. Theoretisch kann jeder Wirkstoff, der über die Leber verstoffwechselt wird, solch eine Schädigung unbekannter Ätiologie auslösen. Im Fall von Methylphenidat scheint das Risiko in Anbetracht der hohen Verordnungszahlen jedoch gering und entspricht wohl den in der Fachinformation genannten Häufigkeiten. Dennoch erscheint es sinnvoll, die Leberwerte unter Methylphenidat bei Patienten mit vorgeschädigter Leber oder Risikofaktoren wie Adipositas, Alkoholmissbrauch oder Begleitmedikation zu kontrollieren, so Fekete. |
Quelle
Fekete S. Induziert Methylphenidat Leberschäden? Ergebnisse aus dem Spontanmelderegister des BfArM. Vortrag am XXXVI. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP) vom 10. bis 13. April 2019 in Mannheim
Fekete S et al. Induziert Methylphenidat Leberschäden? – Analyse von Spontanmeldungen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2018:46(4):342-348
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