Arzneimittel und Therapie

Stillstand bei Hepatitis D

Verlängerte Peginterferon-Behandlung mit Tenofovir verfehlt Erwartungen

Hepatitis D ist die gefährlichste der Hepatitis-Erkrankungen und tritt nur als Koinfektion mit Hepatitis B auf. Sie zeichnet sich durch rapide Zirrhosenentwicklung und ein erhöhtes Leberzellkarzinomrisiko aus. Die Therapieoptionen sind limitiert. Auch eine verlängerte Peginterferon-Therapie in Kombination mit einem Polymerase-Inhibitor verbessert die Heilungschancen kaum.

Für an Hepatitis D (HDV) erkrankte Patienten gibt es bis heute kein zugelassenes Therapieschema. Nukleosid- und Nukleotidanaloga, die bei Hepatitis B und C eingesetzt werden, erwiesen sich bisher als unwirksam. Lediglich mit hohen Dosen von Peginterferon alfa kann die Viruslast (HDV-RNA) unter die Nachweisgrenze gesenkt werden, wie die HIDIT-I-Studie aufzeigte [1]. In der kleinen Phase-I-Studie sprachen 28% der Patienten auf die 48-wöchige Therapie an, bei jedem zweiten Patienten nahm die Viruslast im Langzeitverlauf jedoch wieder zu. Im Rahmen der randomisierten, placebokontrollierten Phase-II–Studie (HIDIT-II) wurde nun ein anderer Ansatz untersucht [2]. Während man sich mit einer verlängerten Interferon-Behandlung eine weitere Verminderung der HDV-RNA versprach, sollte durch die Kombination mit einem Hepatitis-B-Polymerase-Inhibitor die Hepatitis-B-Koinfektion bekämpft werden, die Voraussetzung für die Vermehrung der Hepatitis-D-Viren ist.

120 Probanden, die positiv auf HDV-RNA und das Oberflächenprotein des Hepatitis-B-Virus (HbsAg) getestet worden waren, wurden in zwei Gruppen randomisiert. Dabei erhielten 59 Patienten über einen Zeitraum von 96 Wochen Peginterferon alfa (180 µg/Woche) in Kombination mit Tenofovir-Disoproxylfumarat (300 mg/Tag), 61 Patienten eine Peginterferon-Therapie plus Placebo. Der primäre Endpunkt war der Anteil an Patienten, bei denen nach Abschluss der Behandlung keine HDV-RNA mehr nachweisbar war. Zwar sprachen mit dem Einsatz von Tenofovir 28 der 59 Patienten (48%) auf die verlängerte Peginterferon-Therapie an, ein signifikanter Vorteil gegenüber Placebo konnte allerdings nicht festgestellt werden. In der Placebo-Gruppe wurde die Viruslast bei 20 von 61 Patienten (33%) verringert.

Insgesamt erlitt mehr als ein Drittel der Patienten, die auf die Behandlung angesprochen hatten, einen Rückfall: Fünf Monate nach Beendigung der Therapie stiegen die HDV-RNA-Werte wieder an. Unerwünschte Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen zu gleichen Teilen auf und waren überwiegend durch Peginterferon bedingt.

Obwohl die Studienautoren keine generelle Empfehlung für eine verlängerte Peginterferon-Behandlung aussprechen können, so weisen sie doch auf günstige Effekte einer Behandlung über 96 Wochen hin. So konnte bei etlichen Patienten eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der histologischen Fibrose beobachtet werden. Angesichts der mäßigen Ansprech- und hohen Rückfallraten sind jedoch neue Therapiealternativen erforderlich, um einen Stillstand auf dem Gebiet der Hepatitis-D–Behandlung zu verhindern. |

Quelle

[1] Wedemeyer H et al. Peginterferon plus adefovir versus either drug alone for hepatitis delta. N Engl J Med 2011;364(4):322-31

[2] Peginterferon alfa-2a plus tenofovir disoproxil fumarate for hepatitis D (HIDIT-II): a randomised, placebo controlled, phase 2 trial. Lancet Infect Dis 2019;19(3):275-86

Apotheker Dr. Simko Sama

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