Arzneimittel und Therapie

Levothyroxin enttäuscht

Schwangerschaft und Lebendgeburt nicht wahrscheinlicher

Antikörper gegen Thyreoperoxidase können auf eine Autoimmunerkrankung hinweisen und sind mit einem erhöhten Risiko für Fehl- und Frühgeburten verbunden. Doch ist der Einsatz von Levothyroxin in der Schwangerschaft bei normaler Schilddrüsenfunktion sinnvoll?

Für die gesunde geistige und körper­liche Entwicklung eines ungeborenen Kindes ist die Schilddrüsenfunktion der Schwangeren von entscheidender Bedeutung. Bereits ein geringgradiger Mangel an Schilddrüsenhormonen und Iod kann die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen, schwere maternale Hypothyreosen oder ein ausgeprägter Iod-Mangel haben massive geistige und körperliche Behinderungen zur Folge. Auch immunologische Aspekte spielen eine Rolle: In einem systematischen Review aus 31 Studien wurde gezeigt, dass das Vorhandensein von Thyreoperoxidase-Antikörpern (TPOAb) mit einem erhöhten Risiko für Fehl- und Frühgeburtlichkeit assoziiert ist [1]. Unklar war jedoch bisher, ob die Gabe von Levothyroxin bei TPOAb-positiven, aber euthyreoten Schwangeren dieses Risiko mindern kann. In der Leitlinie der amerikanischen Fachgesellschaft für Schilddrüsenerkrankungen (American Thyroid Association, ATA) findet sich bisher der Hinweis, dass die Datenlage zum Einsatz von Levothyroxin bei diesen Frauen zwar inkonsistent sei, die Gabe aufgrund der guten Verträglichkeit jedoch bei anamnestisch bekannter Früh- oder Fehlgeburtlichkeit erwogen werden könne [2]. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie stellen dieses Vorgehen jedoch infrage [3]. Hierfür wurden zunächst bei fast 20.000 britischen Frauen mit Kinderwunsch, die ent­weder bereits eine Fehlgeburt erlitten hatten oder sich einer Fertilitäts­behandlung unter­zogen, die Schilddrüsenfunktion untersucht und auf TPO-Antikörper getestest. Anschließend wurden 952 TPOAb-positive Frauen mit normaler Schilddrüsenfunktion in zwei Gruppen randomisiert, von denen eine fortan täglich 50 µg Levothyroxin erhielt, die andere ein Placebo.

Was gibt es beim „neuen“ Euthyrox® zu beachten?

Ab Mitte April / Anfang Mai 2019 führt die Firma Merck Serono GmbH Levo­thyroxin (Euthyrox®) in neuer Formulierung ein. Das „neue“ Euthyrox®unterscheidet sich vom bisherigen Präparat in zwei Hilfsstoffen: Es enthält statt Lactose-Monohydrat nun Mannitol und Citronensäure. In Frankreich kam es nach Einführung desselben Präparats zu einem starken Anstieg an Nebenwirkungsmeldungen. Und das, obwohl Bioäquivalenz zur alten Formulierung nachgewiesen wurde und sich die neue Formulierung durch eine bessere Stabilität auszeichnet. Aufgrund der engen therapeutischen Breite von Levothyroxin kann es jedoch – wie beim Wechsel auf ein Präparat eines anderen Herstellers – durch die Umstellung zu einem inadäquaten Wirkstoffspiegel kommen. Patienten sollten auf die geänderte Formulierung hingewiesen werden. Die Einnahme ist wie gewohnt fortzusetzen. Bezüglich einer engmaschigen Kontrolle sollte mit dem Arzt Rücksprache gehalten werden. Nach Einnahme des neuen Präparats ist ein Wechsel auf die alte Formulierung zu vermeiden. Eine Patienteninformation, die den Patienten mit­gegeben werden kann, steht auf der Seite der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) zur Verfügung.

[Quelle: AMK-Meldung 15/19 vom 10. April 2019]

Nach zwölf Monaten waren die Schwangerschaftsraten in der Verum- und der Placebo-Gruppe ähnlich (56,6% vs. 58,8%). Der Anteil der Lebendgeburten nach der 34. Schwangerschaftswoche, der als primärer Endpunkt definiert war, unterschied sich nicht zwischen den beiden Studienarmen (37,4% vs. 37,9%). Auch in der Rate anderer maternaler oder fetaler bzw. neonataler Komplikationen fand sich kein Unterschied. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden unter Verum häufiger berichtet als unter Placebo (5,9% vs. 3,8%). Die präkonzeptionell begonnene und während der Schwangerschaft fortgeführte Einnahme von täglich 50 µg Levothyroxin hat somit keine positiven Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf euthyreoter, TPOAb-positiver Frauen mit vorangegangenen Fehlgeburten bzw. unter Fertilitätsbehandlung. |

Quelle

[1] Thangaratinam S et al. Association between thyroid autoantibodies and miscarriage and preterm birth: meta-analysis of evidence. BMJ 2011;342:d2616

[2] Alexander EK et al. 2017 Guidelines of the American Thyroid Association for the diagnosis and management of thyroid disease during pregnancy and the postpartum. Thyroid 2017;27(3):315-89

[3] Dhilon-Smith R et al. Levothyroxine in Women with Thyroid Peroxidase Antibodies before Conception. N Engl J Med 2019;380(14):1316-1325

Apothekerin Dr. Julia Podlogar

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