Foto: Robert Kneschke – stock.adobe.com

Politik

Von Zustimmung bis Ablehnung

Wie die ABDA und wie andere das „Apotheken-Stärkungsgesetz“ sehen

Die Bundesregierung bereitet ein „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ vor. Den Referentenentwurf dazu hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 8. April 2019 vorgelegt. Mittlerweile liegen die Stellungnahmen mehrerer Verbände und Organi­sationen dazu vor, die von diesem Gesetz berührt werden. Wir haben uns diese Stellungnahmen angesehen und versucht, die wichtigsten Inhalte und Tendenzen zusammenzufassen. | Von Peter Ditzel 

Man muss kein Prophet sein, aber das „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“, wie auch immer es ausgestaltet sein wird, wird deutliche Auswirkungen auf den Apothekenmarkt haben. Schon der Name des Gesetzes mag die einen ablehnend provozieren, andere aber zustimmend nachdenklich machen. Denn mit diesem Gesetzesvorhaben anerkennt das Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass die deutschen Apotheken geschwächt sind, geschwächt durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016, das de facto die Gleichpreisigkeit für verschreibungspflich­tige Arzneimittel für ausländische Versandapotheken aufhebt. Das Urteil ruft einen unfairen Wettbewerb hervor, der sich negativ auf die deutschen Apotheken auswirken und letztendlich die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährden kann. Mit einem Apotheken-Stärkungsgesetz will das BMG gegensteuern. Kann dieses Ziel mit den Maßnahmen, die der Referentenentwurf vorsieht, erreicht werden? Wie beurteilt die ABDA den Referentenentwurf, was sagen Verbände und Organisationen, die von diesem Gesetz betroffen sind, zu den geplanten Maßnahmen?

Was das BMG beabsichtigt

Über Einzelheiten des Referentenentwurfs wurde schon mehrfach berichtet, an dieser Stelle daher nur eine kurze Zusammenfassung. Die Gleichpreisigkeit der verschreibungspflichtigen Arzneimittel soll zum Schutz der Vor-Ort-Apotheken wiederhergestellt werden, indem das Rx-Boni-Verbot aus dem Arzneimittelgesetz (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG) gestrichen und im Sozialrecht (SGB V) geregelt werden soll. Das BMG geht davon aus, dass dies ein Bereich ist, in dem Europa nicht mitreden kann. Privatversicherte sind von den sozialrechtlichen Regelungen zunächst nicht betroffen. Spahn geht aber davon aus, dass sie laut Vertrag mit ihren privaten Versicherungsunternehmen nur die tatsächlich entstandenen Kosten erstattet bekommen und erhaltene Boni abgezogen werden. Somit sei auch dieser Bereich geregelt.

Foto: imago images/Emmanuele Contini
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hinter Kanzlerin Merkel

Als weiteres Kernstück beinhaltet der Referentenentwurf die Einführung honorierter pharmazeutischer Dienst­leistungen. Über regionale Modellprojekte sollen Apotheker außerdem Grippeschutzimpfungen in Apotheken durch­führen können. Besser honoriert werden sollen die Nacht- und Notdienste und die BtM-Dokumentation.

GKV-Versicherte mit einer schwerwiegend chronischen Erkrankung sollen mit einer Verschreibung wiederholt (bis zu drei Mal) ein Arzneimittel in der Apotheke abholen können. Die pharmazeutische Kompetenz der Apothekerinnen und Apotheker kommt im Ergebnis den Patientinnen und Patienten noch besser zugute, heißt es in der Einführung zum Gesetzentwurf. Der Heilberuf des Apothekers/der Apothekerin werde auf diesem Wege als solcher gestärkt. Durch die Erhöhung und Neueinführung verschiedener Ver­gu­̈tungs­parameter sollen die versorgenden Apotheken zulasten der Kostenträger in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung um circa 200 Mio. Euro besser honoriert werden, sie sei im Sinne einer guten Versorgung angemessen, schreibt das BMG.

Wie die ABDA den Entwurf sieht

Keine Frage, in ihrer 30-seitigen Stellungnahme begrüßt die ABDA zunächst das Vorhaben der Bundesregierung, die Vor-Ort-Apotheken zu stärken. Aber der Referentenentwurf werde diesem Ziel in wesentlichen Punkten nicht gerecht, im Gegenteil, in der jetzigen Fassung verschlechtere er sogar die Situation der Vor-Ort-Apotheke, „weil er entgegen seiner Intention dauerhaft Versender aus dem Ausland von der Preisbindung freistellt und die Durchsetzbarkeit der Gleichpreisigkeit schwächt“. Die Gleichpreisigkeit aber, so betont die ABDA, erachte man als essenziell für die Aufrechterhaltung einer flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung. Die ABDA fordert daher, auf eine Streichung der Regelung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zu verzichten: Gegen diese Streichung bestünden erhebliche Bedenken, „weil sie dazu führt, dass das Ziel der Gleichpreisigkeit nur eingeschränkt erreicht wird und die Durchsetzbarkeit der Gleichpreisigkeit geschwächt wird“. Die ABDA spricht sich außerdem dafür aus, dass der Beitritt zum Rahmenvertrag für inländische und ausländische Apotheken gesetzlich verpflichtend ist, wenn eine Apotheke an der Versorgung teilnehmen möchte. Damit würde erreicht, dass sämtliche vertragliche Regelungen zur Arzneimittelver­sorgung auch für ausländische Versandapotheken gelten und so die Gleichbehandlung aller Leistungserbringer gewährleistet ist.

Foto: imago images/Jürgen Heinrich
Apothekenstärkung? So nicht! Die ABDA (hier Präsident Friedemann Schmidt) sieht im Referentenentwurf sogar eine Verschlechterung der Situation der Präsenzapotheken gegenüber den Versendern.

Des Weiteren hält die ABDA folgende Änderungen bzw. Ergänzungen für sinnvoll und zwingend notwendig:

  • Die Einführung eines Rechtsanspruchs der Versicherten auf pharmazeutische Dienstleistungen aus der Apotheke wird ausdrücklich begrüßt. Allerdings müsse der Begriff der pharmazeutischen Dienstleistungen noch präzisiert werden. Als Leistungen nennt die ABDA z. B. die ­Reduktion von AMTS-Risiken, Maßnahmen zur Prävention und Früherkennung von Erkrankungen, die Verbesserung der Umsetzung der Arzneimitteltherapie, die Förderung der Therapietreue und eine vermehrte Verbreitung von Medikationsplänen. Das Nähere dazu sollte der Deutsche Apothekerverband mit dem GKV-Spitzenverband regeln. Während der Gesetzentwurf zur Honorierung der Dienstleistungen einen Festzuschlag in Höhe von 20 Cent je abgegebener Rx-Packung vorsieht, der dann ähnlich wie beim Nachtdienstfonds umverteilt werden soll, fordert die ABDA dagegen 43 Cent. Die Honorare sollten durch den DAV verteilt werden.
  • Auch die vorgesehene Regelung, Wiederholungsrezepte zuzulassen, begrüßt die ABDA. Sie schlägt allerdings vor, Wiederholungsrezepte nicht nur für Patienten mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen zu ermöglichen, sondern generell auch für chronisch kranke Versicherte, die von einer wiederholten Abgabe einer Verschreibung profitieren.
  • In ausgewählten Regionen sollen Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken ermöglicht werden, mit dem Ziel, die Impfquote zu verbessern. Die ABDA erachtet solche Modellprojekte als sinnvoll. Allerdings sollten die Krankenkassen entsprechende Verträge mit den Landesapothekerverbänden abschließen, um die Modellprojekte so allen Apotheken in einer Region zugänglich zu machen. Darüber hinaus hält es die ABDA für sinnvoll, ein einheitliches Curriculum für die Schulung durch die Bundesapothekerkammer zu entwickeln zur Vermittlung der erforderlichen Kompetenzen für die Grippeschutzimpfung.
  • Die vorgesehene Stärkung des Botendienstes der Apotheke unterstützt die ABDA. Das gilt beispielsweise für die telepharmazeutische Beratung, falls eine Beratung nicht schon in der Apotheke vorgenommen werden konnte. Allerdings soll der Botendienst als Teil der Präsenzversorgung so gestaltet werden, dass eine Teilnahme Dritter ausgeschlossen wird. Die ABDA fordert daher, dass der Bote der Apotheke arbeitsvertraglich zum Personal der Apotheke gehören muss. Zusätzlich schlägt die ABDA vor, in therapeutisch begründeten Fällen dem Arzt die Möglichkeit zu geben, die Zustellung eines dringend benötigten Arzneimittels im Wege des Botendienstes zu verordnen, wobei hierfür eine angemessene Vergütung im GKV-System vorzusehen ist.
  • Abholfächer und automatisierte Abholstationen sollten außerhalb des Versandhandels nicht nur auf bestimmte Fälle beschränkt, sondern generell untersagt werden.
  • Die Regelungen zum Schutz der freien Wahl der Apotheke sollten so ausgestaltet werden, dass auch Dritte, die keine Apotheker, Ärzte oder Krankenkassen sind, keine Verschreibungen, auch nicht in elektronischer Form, sammeln, vermitteln und weiterleiten oder Werbung dafür machen dürfen.
  • Begrüßt wird ohne Wenn und Aber die Erhöhung des Zuschlags für den Nacht- und Notdienstfonds und die Erhöhung der Gebühr für die BtM-Dokumentation, die allerdings, so die Anregung der ABDA, auch bei der Dokumentation der Abgabe von Blutprodukten gelten solle.

Die Ärzte: Nein zu pharmazeutischen Dienstleistungen

„Grundsätzlich“ begrüßt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) das Vorhaben eines Apotheken-Stärkungsgesetzes. Aber: Aus ihrer Sicht „sind die in diesem Zusammenhang vorgesehenen Maßnahmen wie die Einführung zusätzlich honorierter pharmazeutischer Dienstleistungen wie Medikationsanalyse und Medikationsmanagement sowie die Erfassung definierter Gesundheitsparameter hierfür allerdings nicht geeignet“, heißt es in der KBV-Stellungnahme. Zwar könne eine Einbindung der Apotheker in Medikationsanalyse und Medikationsmanagement, wie sie beim Modellprojekt Armin stattfinde, sinnvoll sein, aber der Referentenentwurf sehe eine solche abgestimmte Zusammenarbeit und Aufgabenteilung nicht vor. Außerdem setze die Mehrzahl der Aufgaben im Rahmen der Medikationsanalyse und des Medikationsmanagements ärztliche Expertise sowie ärztliche Kenntnisse voraus, über die der Apotheker nicht verfüge, so die KBV in ihrer Stellungnahme. Der Apotheker habe beispielsweise keine oder nur rudimentäre Informationen zu den Vor- und Begleiterkrankungen des Versicherten. Und weiter heißt es: „Auch die Erhebung von Gesundheitspara­metern durch Apotheker (z. B. Blutdruck, Blutzucker oder Cholesterin) ist ungeeignet, die Patientenversorgung oder gar die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern.“

Foto: imago images/tagesspiegel
„Apotheker sind nicht geeignet.“ Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (hier Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen) findet, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen keinen Mehrwert für Patienten und Ärzte darstellen.

Die Ärzte lehnen zudem die vorgesehene Erhöhung des Festzuschlags von 20 Cent je abgegebener Rx-Packung ab, denn damit „wäre eine nicht vertretbare Verschärfung des Wirtschaftlichkeitsrisikos für den Vertragsarzt verbunden“.

Abgelehnt wird auch die vorgesehene Möglichkeit Wieder­holungsrezepte auszustellen und durch die Apotheke zu beliefern. Die Ärzte begründen dies mit der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Versorgung von Versicherten mit schwerwiegenden chronischen Erkrankungen müsse regelmäßig vom Arzt überwacht werden.

Wie zu erwarten stellt sich die KBV schließlich auch gegen die Modellvorhaben zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken. Sie sieht damit sogar eine Gefährdung des Patientenwohls verbunden. Die Apotheker seien dafür nicht geschult und ausgebildet, insbesondere, wenn es zu Komplikationen komme.

Die GKV: Die falsche Richtung

Auf insgesamt 34 Seiten nimmt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung zum Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes Stellung. Als positiv betrachtet der Spitzenverband: Es ist kein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorgesehen. Aber ansonsten stößt der Gesetzentwurf beim Kassenverband weitgehend auf Ablehnung. Da mit den Vorschlägen im Wesentlichen die bestehenden Versorgungsformen festgeschrieben würden, zudem den Apothekern neue Verdienstoptionen sowie eine höhere Vergütung einzelner Leistungen eröffnet würden, gehe der Gesetzentwurf in eine falsche Richtung. Der GKV-Spitzenverband hält vielmehr eine Flexibilisierung des Apothekenmarkts mit einer Öffnung für neue Versorgungsformen sowie eine Umstrukturierung der bestehenden Vergütung für erforderlich.

Foto: imago images/Metodi Popow
Der GKV-Spitzenverband (hier Vorstandsvorsitzende Dr. Doris Pfeiffer) will nicht mehr Geld für die Apotheken ausgeben und den Markt dagegen eher „flexibilisieren“ und öffnen.

Kritisch sieht der GKV-Spitzenverband die Verankerung eines Boni- und Rabattverbots im Sozialgesetzbuch: Dies berge die Gefahr, dass dies mit Europarecht nicht vereinbar sei. Die geplante Neuregelung halte an der Festschreibung der einheitlichen Apothekenabgabepreise fest und sei damit unter europarechtlichen Gesichtspunkten vergleichbar mit der Regelung, die der EuGH monierte.

Von den vorgesehenen Honorarerhöhungen, z. B. für den Nacht- und Notdienstfonds, hält der GKV-Spitzenverband ebenfalls nichts und verweist auf das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums, wonach heute schon „die gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen der Apotheker insgesamt 1 Mrd. Euro mehr bezahlen als bei einer kostendeckenden Vergütung notwendig wäre“.

Was die Honorierung zusätzlicher Dienstleistungen betrifft, so geht die GKV davon aus, dass sich solche Dienstleistungen am Bedarf der Versicherten orientieren sollten. Die Gewährleistung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei der Arzneimittelabgabe werde allerdings schon durch den Festzuschlag finanziert.

Zum Botendienst: Ihn als regulären Versorgungsweg einzuführen, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Die GKV bedauert allerdings die Einschränkungen für Arzneimittel-Abgabeautomaten und wünscht sich flexiblere Öffnungszeiten oder eine verstärkte mobile Versorgung und insgesamt deutlich modernere Strukturen. Der Einsatz digitaler Möglichkeiten könnte Verbesserungen der Versorgung im ländlichen Raum bringen, analog zu telemedizinischen Modellen in der ärztlichen Versorgung. Und so kommt der GKV-Spitzenverband zu seinem Fazit: Er wolle sich dafür einsetzen, dass Versorgungsstrukturen und die Vergütungssystematik im Apothekenbereich grundlegend reformiert werden sollten.

PKV: Weder gerechtfertigt noch geeignet ...

Auch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) kann dem Apotheken-Stärkungsgesetz nichts Gutes abgewinnen. Dass die Apotheker finanziell entschädigt werden sollen, weil sie auf das Rx-Versandverbot verzichten, ist aus Sicht der PKV „weder gerechtfertigt noch geeignet, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arznei­mitteln sicherzustellen“.

Große Sorge hegt der Verband zur Frage der Verschiebung der Arzneimittel-Preisverordnung vom AMG (§ 78 Abs. 1 Satz 4) ins Sozialrecht: Die Preise für gesetzlich und privat Versicherte dürften sich nicht auseinanderentwickeln, warnt die PKV, „denn unterschiedliche Preise für gleiche – gesundheitlich notwendige – Produkte wären nicht zumutbar“. Wenn die Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) nicht mehr für die PKV gilt, könnte dies zu einem höheren Preisniveau führen, was für Versicherungen und Versicherte nicht zumutbar wäre. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die PKV dann nicht mehr in den Genuss der Herstellerrabatte komme. Es müsse daher gesetzlich sichergestellt werden, dass der Anspruch auf die Herstellerrabatte für PKV und Beihilfe uneingeschränkt bestehen bleibe, fordert die PKV.

Skeptisch wird die Einführung honorierter Dienstleistungen betrachtet: Für bisher noch nicht definierte pharmazeutische Leistungen werde bereits die Höhe der Vergütung festgelegt. Man hätte es sich eher umgekehrt vorstellen können. Verwunderlich sei weiter, dass die Privatversicherten die neuen Leistungen durch die Erhöhung des Zuschlags zahlen, die PKV aber nicht als gleichberechtigter Partner an den Verhandlungen teilnimmt.

Foto: sveta – stock.adobe.com
Die Großhändler fordern, dass sich die Transportbedingungen für den Versandhandel an die Anforderungen der GDP-Leitlinien halten müssen.

Die Verbesserung der Notdienstvergütung ohne Gegenfinanzierung, wie sie im Gutachten des Wirtschaftsministeriums vorgeschlagen werde, hält die Private für fragwürdig. Die Erhöhung erscheine eher als willkürlich – die PKV lehnt sie daher ab. Lediglich eine Erhöhung des BtM-Zuschlags ließe sich rechtfertigen, aber hier bedürfe es eines Ausgleichs an anderer Stelle, den der Gesetzgeber schuldig bleibe, so die PKV-Stellungnahme.

Und zur Einführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken: Das berührt die tradierte Aufgabentrennung zwischen Arzt und Pharmazeut, so die PKV. Sie kann nicht nachvollziehen, warum diese Trennung aufgeweicht werden solle, und argwöhnt, dass dann Ärzte das Dispensierverbot aufweichen wollen. Für den PKV-Verband steht daher fest: „Ärzte sollten keine Arzneimittel abgeben und Apotheken keine Patienten behandeln dürfen.“

TK: Einzelverträge zwischen Kassen und Apotheken

Ganz anders als der GKV-Spitzenverband beurteilt die Techniker Krankenkasse den Referentenentwurf. Die TK begrüßt in ihrem Positionspapier die Vorschläge des BMG, „da so die Preisgleichheit der Arzneimittel wiederhergestellt wird“. Außerdem werde die heilberufliche Rolle der Apothekerschaft als Leistungserbringer fixiert. Die TK sieht auch die Notwendigkeit gleichlanger Spieße zwischen deutschen Apotheken und europäischen Versendern. Wenn nur die europäischen Versender Boni geben dürfen, verzerre dies die Situation. Es sei daher notwendig, die Arzneimittel-Preisverordnung ins SGB V zu überführen.

Die TK wünscht sich allerdings, dass, anders als im Gesetzentwurf vorgesehen, zusätzlich Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Apotheken erlaubt sein sollten. So könnten sinnvolle pharmazeutische Dienstleistungen (Beispiel TK-ArzneimittelCoach) weitergeführt werden. Zudem sollte der Gesetzgeber die neuen Aufgaben für Apotheken benennen.

Phagro: einheitliche Transportbedingungen

Im Mittelpunkt der Stellungnahme des Phagro – Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels zum Apotheken-Stärkungsgesetz stehen die Transportbedingungen für den Versand von Arzneimitteln durch Apotheken. Für den Phagro ist klar: Sie müssen den Transportbedingungen des pharmazeutischen Großhandels entsprechen, d. h., die Anforderungen der GDP-Leitlinien und der Apotheken­betriebsordnung an die Einhaltung der Temperaturbedingungen während des Transports müssen kongruent und gleichlautend ausgestaltet sein. Nur die Sicherstellung gleicher Transportbedingungen für alle an der Lieferkette Beteiligten könne gewährleisten, dass Patienten ordnungsgemäß und qualitätsgesichert mit Arzneimitteln versorgt werden. Nach Auffassung des Phagro existieren keine Sachgründe, die Transportanforderungen von pharmazeutischen Großhandlungen von denen der Versandapotheken zu unterscheiden, zumal die jeweiligen spezifischen qualitätssichernden Maßnahmen risikobasiert beurteilt werden müssen.

BAH: Arzneimittelpreis nicht im SGB regeln

Mit einer ausführlichen Stellungnahme würdigt der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) den Referentenentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes und macht zugleich konkrete Vorschläge, wie der Entwurf nach seiner Ansicht zielführender werden könnte. So sollte beispiels­weise noch deutlicher werden, dass die freie Apothekenwahl durch die Versicherten auch auf die Einlösung von elektro­nischen Rezepten (auch Privatrezepte und Grüne Rezepte) ausgedehnt wird.

Die Möglichkeit für Folgeverordnungen bei chronisch kranken Versicherten bewertet der BAH positiv, kann sich aber vorstellen, dass dies nicht nur für schwerwiegende chronische Erkrankungen gilt, sondern auch für andere geeignete Arzneimittel in der Dauermedikation. Aus Sicht des BAH ist ein einheitlicher Apothekenabgabepreis essenziell. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel für alle Apotheken gehöre zu den maßgebenden Säulen des deutschen Krankenversicherungssystems. Allerdings verweist der Verband auch darauf, dass beispielsweise PKV-Versicherte und Selbstzahler mit einbezogen werden müssten. Und die Regelung müsse europäischem Recht entsprechen.

Auf Ablehnung stoßen beim BAH Modelle, mit denen die Regelungen der Arzneimittel-Preisverordnung in das SGB V überführt werden sollen. Denn dadurch würde aus dem Wirtschaftsgut Arzneimittel eine „soziale Ware“, so der BAH, „die allein den Maßgaben des Wirtschaftlichkeitsgebotes des SGB V und der Beitragssatzstabilität unterliegen würde“. Dies sei nicht das Selbstverständnis einer sozialen Marktwirtschaft.

Auf Zustimmung des BAH fällt die geplante Möglichkeit für Apotheken, pharmazeutische Dienstleistungen anzubieten, ausgerichtet am Bedarf des Patienten. Der Gesetzgeber sollte allerdings die Ziele, die mit den zu erbringenden Dienstleistungen verbunden sind, im Gesetz selbst verankern – der BAH spricht von „Leitplanken für die zu erbringenden Dienstleistungen“. „Grundsätzlich zu unterstützen“ ist nach Ansicht des Industrieverbands die Intention des Gesetzgebers, einen niedrigschwelligen Zugang zu Grippeschutzimpfungen zu ermöglichen. Aber es sollte ein Gesamtkonzept erstellt werden, zu dem beispielsweise die Impfberatung und regelmäßige Impf-Checks gehörten.

Begrüßt werden des Weiteren das Abspracheverbot bei der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker auch bei E-Rezepten und die Änderungen beim Botendienst, der legal definiert wird als „Zustellung durch Boten der Apotheke“ und damit vom Versandhandel abgegrenzt wird. Auch die grundsätzliche Zulassung des Botendiensts nicht nur im Einzelfall sowie die Möglichkeit, die Beratung auch im Wege der Telekommunikation durchzuführen, stoßen beim BAH auf Zustimmung.

BVDAK: Handwerklicher Nachbesserungsbedarf

Für den Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) wäre ein Verbot des Rx-Versandhandels die beste Lösung, die Gleichpreisigkeit zu erhalten. Dennoch, auch wenn der Bundesgesundheitsminister diese Option nicht mehr verfolge, begrüße man seine Bemühungen um Gleichpreisigkeit. Allerdings sollten die Lösungen dann auch tatsächlich zu Gleichpreisigkeit und fairen Wettbewerbsbedingungen führen. Der BVDAK zeigt sich dabei skeptisch, ob dieses Ziel mit den Maßnahmen des Referentenentwurfs erreicht wird. Hier sieht er deutliche handwerkliche Mängel im Gesetzentwurf. Insbesondere die Aufhebung der Vorschrift im Arzneimittelgesetz, nach der sich auch ausländische Versandapotheken dem deutschen Arzneimittelpreisrecht zu unterwerfen haben, sei nochmals zu überdenken.

Neben den Mängeln sieht der BVDAK jedoch eine Vielzahl an positiven Aspekten im Entwurf. So begrüßt er ausdrücklich die Stärkung der freien Apothekenwahl im Zusammenspiel mit der Novellierung der Vorgaben zum Botendienst. Auch die Modellversuche zur Grippeschutzimpfungen kommen beim BVDAK gut an.

Die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen sieht der BVDAK grundsätzlich positiv, er fragt sich allerdings, wie diese Regelung sinnvoll in der Praxis ausgestaltet werden soll: Welche Dienstleistungen sollen es sein, wie werden sie betriebswirtschaftlich sinnvoll angeboten? |

Autor

Peter Ditzel ist Herausgeber der DAZ – Deutsche Apotheker Zeitung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.