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Arzneimittel und Therapie
Neue Empfehlungen bei chronischer KHK
Aktualisierte Leitlinie setzt auf Selbstmanagement
Die koronare Herzkrankheit (KHK) entsteht durch verengte Herzkranzgefäße. Aufgrund von atherosklerotischen Veränderungen kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot im Herzmuskel. Eine KHK macht sich typischerweise durch Kurzatmigkeit und Brustschmerzen beispielsweise bei körperlicher Anstrengung bemerkbar (Angina pectoris). Die Erkrankung ist mit einem erhöhten Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verbunden. Daneben kann die KHK zu weiteren Krankheitsfolgen wie Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen oder Herzinsuffizienz führen.
Die nun aktualisierte Leitlinie widmet sich ausschließlich der Diagnostik, Therapie und Versorgungskoordination bei bereits bestehender chronischer KHK. Das akute Koronarsyndrom, zu dem akut lebensbedrohliche Episoden zählen, ist nicht Gegenstand der Leitlinie. Folgende wesentliche Änderungen im Vergleich zur vierten Auflage sind neu hinzugekommen bzw. modifiziert worden:
Individuelle Therapieziele und Selbstmanagement
Patienten kommt bei der Gestaltung der Therapie eine wichtige Rolle zu: Sie sollen aktiv eingebunden werden und ihre Therapieziele möglichst selbst formulieren. Das Selbstmanagement soll durch verständliche Informationen und Beratung zu beeinflussbaren Risikofaktoren (z. B. Ernährung und Bewegung, Rauchstopp), zur Behandlung von Beschwerden sowie zur Bedeutung von Alarmsymptomen gefördert werden. Im Anhang der Leitlinie sind Patientenblätter (z. B. zur Statin-Therapie) und Entscheidungshilfen (z. B. zur Revaskularisation) zu finden, die den Patienten zur Verfügung gestellt werden können.
Gewichtsstabilisierung
Ob das kardiovaskuläre Risiko bei Normalgewichtigen und übergewichtigen Patienten mit einem Body-Mass-Index unter 30 kg/m2 durch eine Gewichtsreduktion reduziert werden kann, ist unklar. Daher geben die Leitlinienautoren diesbezüglich keine Empfehlung ab. Sie raten jedoch dazu, eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Es sollte auf eine kaloriengerechte, ballaststoffreiche Ernährung geachtet werden, die reich an Obst und Gemüse ist und wenig gesättigte Fette enthält.
Medikamentöse Therapie
Obwohl Acetylsalicylsäure (ASS) ohne vorausgegangenen Myokardinfarkt oder koronare Revaskularisation nicht zur Behandlung der stabilen KHK zugelassen ist, hat sich der Einsatz von 100 mg ASS bewährt und wird bei KHK-Patienten generell empfohlen. Im Falle von gastrointestinalen Blutungen soll zusätzlich ein Protonenpumpenhemmer verabreicht werden. Wenn ASS nicht vertragen wird oder Kontraindikationen vorliegen, kann alternativ 75 mg Clopidogrel gegeben werden.
Patienten mit stabiler KHK sollen nach elektiver Stent-Implantation eine duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (ASS) erhalten. Liegt eine Indikation zur oralen Antikoagulation vor (z. B. Vorhofflimmern), wird in der überarbeiteten Version der Leitlinie eine duale Therapie aus einem oralen Antikoagulans und einem Thrombozytenaggregationshemmer empfohlen: Auf Basis der aktuellen Studienlage kommt hier nach Einschätzung der Leitlinienautoren am ehesten eine Kombination aus Clopidogrel plus Phenprocoumon, Rivaroxaban oder Dabigatran infrage. Eine Dreifachtherapie (orales Antikoagulans und zwei Thrombozytenaggregationshemmer) kann bei einzelnen Patienten mit hohem ischämischen Risiko für möglichst kurze Zeit erwogen werden. Bei Patienten mit geringem thromboembolischen Risiko ist die Zweifachtherapie jedoch zu bevorzugen.
Unter den Lipidsenkern sind Statine das Mittel der ersten Wahl. Sie sollten allen Patienten unabhängig vom Ausgangswert der Blutfettwerte verordnet werden. Die Leitlinienautoren bewerten das Nutzen-Risiko-Verhältnis als eindeutig positiv: Statine können nachweislich die Morbidität und Sterblichkeit reduzieren. Zudem ist die Verträglichkeit aufgrund von langjähriger Erfahrung gut belegt. Wird eine Hochdosis-Therapie mit Statinen nicht toleriert oder der LDL-Spiegel nicht ausreichend gesenkt, kommt nach Einschätzung der Leitlinienautoren auch eine Therapie bzw. die Kombination mit Ezetimib in Betracht. Ist auch diese Therapie nicht ausreichend wirksam oder verträglich, können Inhibitoren der Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) wie Alirocumab oder Evalocumab eingesetzt werden. Insgesamt werden Ezetimib und PCSK9-Hemmer jedoch zurückhaltend bewertet. Die Leitlinienautoren bemängeln, dass es im Gegensatz zur Statin-Therapie keine Belege für eine Reduktion der kardiovaskulären Mortalität und Gesamtsterblichkeit gibt.
Für Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker oder Aldosteron-Antagonisten stellt eine KHK keine eigenständige Indikation dar. Patienten mit KHK und linksventrikulärer Dysfunktion bzw. Herzinsuffizienz sollten gemäß der nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische Herzinsuffizienz“ behandelt werden.
Nach einem Myokardinfarkt wird der Einsatz von Betablockern empfohlen – allerdings nur für ein Jahr. Dann ist zu prüfen, ob eine Fortführung der Therapie angebracht ist.
Rehabilitation
Patienten nach ST-Hebungsinfarkt (STEMI), Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und koronarer Bypass-Operation wird eine multidisziplinäre Rehabilitation empfohlen. Bei unkompliziertem Verlauf sollten die Patienten nach wenigen Tagen Krankenhausaufenthalt in einer entsprechenden Einrichtung betreut werden. |
Quelle
Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK – Langfassung, 5. Auflage, Version 1, 2019. www.khk.versorgungsleitlinien.de
Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Chronische KHK, 5. Auflage. Flyer: Was ist wichtig? Was ist neu? www.leitlinien.de; Abruf am 28. Mai 2019
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