Arzneimittel und Therapie

Diabetes: Cortison-Cremes unter Verdacht

Topische Zubereitungen mit erhöhtem Risiko assoziiert

Glucocorticoide werden topisch bei entzündlichen Hauterkrankungen wie Ekzemen eingesetzt. In den Gebrauchs­informationen von Glucocorticoid-haltigen Zubereitungen wird auf eine begrenzte Anwendungsdauer hingewiesen, da sonst lokale Nebenwirkungen auftreten können. Doch auch im Hinblick auf systemische Komplikationen erscheint eine langfristige Anwendung der Topika problematisch.

Glucocorticoide werden oral bei inflammatorischen Erkrankungen wie Asthma oder rheumatoider Arthritis eingesetzt. Sie hemmen effektiv die Entzündung, können jedoch bei langfristiger Anwendung zu einem „Steroid-Diabetes“ führen. Glucocorticoide binden in Körperzellen an Glucocorticoid-Rezeptoren, welche daraufhin Stoffwechselgene an- und ausschalten. Gemeinsam mit dem Transkriptionsfaktor E47 beeinflussen Glucocorticoid-Rezeptoren Gene in der Leber. Dadurch wird die hepatische Gluconeogenese angeregt und die Insulin-Produktion unzureichend gehemmt. Über längere Zeit eingenommen, können Glucocorticoide so einen Typ-2-Diabetes auslösen.

Diese Problematik ist bei oraler Glucocorticoid-Therapie bekannt. Unklar war bislang, ob auch topische Glucocorticoide das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen. Anhand von Patienten­registern in Dänemark und Großbritannien wurden hierzu retrospektive Untersuchungen durchgeführt.

Foto: Andrey Cherkasov – stock.adobe.com

Daten aus zwei Fall-Kontroll-Studien

In einer dänischen Fall-Kontroll-Studie waren 115.218 Personen im Beobachtungszeitraum von 2007 bis 2012 an Typ‑2-Diabetes erkrankt. Der Vergleich mit einer alters- und geschlechtsstandardisierten Kontrollgruppe zeigte ein signifikant erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit topischen Glucocorticoiden (adjustierte Odds Ratio [aOR] 1,25; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,23 bis 1,28). Hierbei waren stark wirksame Glucocorticoide mit einem höheren Risiko für das Auftreten eines Typ‑2-Diabetes verbunden als schwächer wirksame Glucocorticoide.

Ein ähnlicher Zusammenhang konnte in einer britischen Fall-Kontroll-Studie beobachtet werden. 54.944 Patienten, welche zwischen 2007 und 2015 neu an Typ-2-Diabetes erkrankt waren, hatten häufiger topische Glucocorticoide verwendet als die Kontrollen. Das adjustierte Odds Ratio lag in der Studie bei 1,27 (95%-KI 1,23 bis 1,31).

Die Ergebnisse könnten jedoch durch eine Reihe von Störfaktoren beeinflusst worden sein: So waren die Diabetespatienten in der britischen Untersuchung häufiger ehemalige Raucher und hatten einen höheren Body-Mass-Index als die Kontrollpersonen. In der dänischen Fall-Kontrollstudie wiesen sie häufiger Komorbiditäten auf und benötigten öfter Medikamente aufgrund von Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen. Zudem wurden den Diabetespatienten in beiden Untersuchungen häufiger orale Glucocorticoide verordnet als den Kontrollen. Bei der Berechnung des Risikos wurden diese potenziellen Verzerrungsfaktoren allerdings berücksichtigt.

Zudem handelt es sich um retrospektive Analysen. So bleibt unklar, ob die Personen, welche topische Glucocorticoide angewandt haben, bereits vor der Verordnung einen unerkannten Diabetes hatten. Denn Personen mit unentdecktem Typ-2-Diabetes haben häufiger Hautprobleme und könnten auch aufgrund dessen ein topisches Glucocorticoid bekommen haben.

Topika mit Bedacht einsetzen

Die Ergebnisse der Fall-Kontroll-Studien legen nahe, dass die Anwendung topischer Glucocorticoide die Entstehung eines Typ-2-Diabetes begünstigen könnten. Um diesen Verdacht zu bestätigen, sind randomisierte kontrollierte Studien erforderlich. Dennoch sollten topische Glucocorticoide nach Meinung der Studienautoren wieder mit mehr Bedacht eingesetzt und alternative Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen werden. |

Literatur

Hemmer MC et al. E47 modulates hepatic glucocorticoid action. Nat Commun 2019;10(1):306

Andersen YMF et al. Association between topical corticosteroid use and type 2 diabetes in two European population-based adult cohorts. Diabetes Care 2019;42(6):1095-1103

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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